Dana Nowak: Wie fing es an mit Israelnetz?
Zörb: Die Ursprünge gehen zurück in das letzte Jahrtausend (lacht). 1999 kam Johannes Gerloff zur „KEP“. Der war Theologe und damals schon ein gefragter Israelexperte, der viele Interessierte zu seinen Vorträgen zog. Wir waren Redakteure und haben überlegt, wie ein Format aussehen muss, um aktuell über Israel zu informieren. Es gab ein paar Angebote auf dem Markt, die fanden wir aber nicht sonderlich ausgewogen.
Schäfer: Aus Kostengründen und wegen der Aktualität entschieden wir uns für das noch relativ junge Internet. Neben dem Tagesgeschäft entwickelten wir in ein paar Monaten Israelnetz. Als Plattform diente die Programmierung von „Jesus.de“. Das war technisch der letzte Schrei mit Webkatalog, personalisiertem Newsletter, Suchmaschine und allem Schnickschnack. Als Basis stellte uns der Multi-Media-Produzent Timo Roller umfangreiche Inhalte seiner interaktiven CD über Israel zur Verfügung, so dass wir keinen Kaltstart hinlegen mussten. Und – unser damaliger Chef, Wolfgang Baake, hat uns machen lassen und mit Kontakten geholfen, wo er konnte.
Was hat euch angetrieben?
Schäfer : Wir wollten Christen aktuell, verständlich und wahrheitsgemäß über die Lage in Israel informieren. Und wir wollten das ganze Bild zeigen, was in den deutschen Medien nur selten der Fall war.
Zörb: Dazu brauchten wir Nachrichtenredakteure, die recherchieren und schreiben – aber vor allem einen Korrespondenten vor Ort, der nah dran ist. Also haben wir Johannes, der ja dort mit seiner Familie schon lange lebte und viele Akteure kannte, im Schnelldurchlauf das journalistische Handwerkszeug vermittelt. Das hat, Gott sei Dank, sehr gut funktioniert. Ohne ein funktionierendes Korrespondentenbüro hätte die Idee nicht so gezündet.
Der Startschuss für Israelnetz fiel auf der Internationalen Tourismusbörse im Jahr 2000. Warum dort?
Zörb: Wir brauchten einen öffentlichkeitswirksamen Start. Wir kannten zudem die Leute vom israelischen Tourismusbüro. Am Tag vorher sind wir mit Egmond Prill nach Berlin aufgebrochen und haben uns auf dem Weg zur Pension immer wieder verfahren. Da stand ein Container mit vergammeltem Salat und Gemüse auf dem Hof, der erbärmlich stank. Es war furchtbar! Am liebsten wäre ich sofort zurück nach Wetzlar gefahren. Gut, dass ich es nicht getan habe, denn sonst würden wir jetzt vielleicht nicht hier sitzen (lacht).
Wie schnell habt ihr gemerkt, dass ihr auf der richtigen Spur wart?
Schäfer: Das ging schnell. Egmond hat als Öffentlichkeitsreferent Israelnetz in unzähligen Vorträgen in Gemeinden bekannt gemacht. Da gab es massig positive Rückmeldungen. Johannes arbeitete von Jerusalem aus. Das weckte Interesse. Irgendwann habe ich die Newsletter-Funktion freigeschaltet – und die Abonnentenzahlen gingen durch die Decke. Da war klar, dass wir den Nerv getroffen hatten. Nicht nur bei Leuten aus christlichen Gemeinden.
Zörb: Ich erinnere mich. Der Newsletter hat uns auch eine fiese Deadline eingebracht. Jeden Tag um 15 Uhr ging der automatisch raus – fertig oder nicht. Und weil du den von Hand basteln musstest …
Schäfer: … und weil du jeden Tag bis kurz vor knapp noch am Aufmacher herumgebastelt hast …
Zörb: … waren wir ab mittags immer im Druck. Danach kam dann die nächste Deadline gleich hinterher: die für Israelnetz-Radio, den Anrufbeantworter-Service. Der war heiß begehrt, weil viele keinen Internetanschluss hatten. Dazu mussten wir die Nachrichten komplett umschreiben, weil man fürs Hören anders schreiben muss – und dann ging der Text per Fax nach Köln – und später nach Travemünde – zu …
Schäfer: … Horst Schwinkendorf! Der war zuvor Chefsprecher des Deutschlandfunks. Seine Stimme kannten Millionen. Er sprach mit seinem sonoren Bass dienstags bis freitags die Nachrichten auf einen analogen Anrufbeantworter. Das musste bis 16 Uhr passiert sein, weil danach schon wieder die Leute anriefen, um die Nachrichten zu hören. Auf der Anzeige blinkte morgens immer „99“ Anrufe – mehr konnte das Teil nicht zählen. Weil am Anfang nur eine Leitung zur Verfügung stand, mussten die Hörer oft zigmal anrufen, bis sie die Nachrichten hören konnten.
So einen Profi an Bord zu haben – war das faszinierend oder eher ein bisschen furchteinflößend?
Zörb: Beides – ganz klar! Wenn der deine Texte spricht, dann musst du dir auch richtig Mühe geben, damit sie wirklich gut sind. Das ist, als ob ein Bundesligaspieler zu einem Amateurverein wechselt. Der macht alle anderen durch seine Präsenz besser – und dann kann man aufsteigen. Ehrlicherweise muss ich sagen: Schwinkendorf war Champions-League.
Schäfer: Israelnetz hatte immer die richtigen Leute. Profis, die auch bekannt waren. Schwinkendorf war nur einer davon.
Zörb: Das stimmt. Nach meiner Zeit kam Ulrich Sahm als Autor dazu. Der war vorher Korrespondent von n-tv!
Schäfer: Und die Fernsehschiene wäre heute undenkbar ohne Martin Nowak. Der war Regisseur von Frank Plasberg, Rudi Carrell und Alfred Biolek. Daneben gab es viele Leuten die über die Jahre gekommen und gegangen sind. Manche sind gekommen, um zu bleiben. Elisabeth Hausen und du, Dana, kamt bald ins Team. Ab da konnten wir tagesaktuell die hebräischen Quellen auswerten. Michael Höhn, Andreas Dippel, Jörg Zander – sie alle haben Spuren hinterlassen.
Wann kam die gedruckte Ausgabe?
Schäfer: Die haben wir parallel zum Online-Angebot entwickelt und die erste Ausgabe kam sogar schon im Mai 1999.
Zörb: Dafür mussten wir vom Stil her ganz anders schreiben als für Israelnetz online, außerdem Fotos von Agenturen kaufen und knackige Überschriften finden.
Schäfer: Ich erinnere mich an eine Geschichte, dass Arafats Einfluss in der PLO schwindet. Das Foto auf dem Titel zeigte, wie er von jubelnden Anhängern auf den Schultern getragen wird. Du hast getitelt: „Tschüs, Yasser! So werden wir Dich nie mehr sehen.“
Zörb: Wir hatten auch einen Titel mit der Miss Israel in einer schusssicheren Weste. Da hieß es: „Schön und sicher“. Es ging bei uns recht boulevardesk zu. Wir waren neu auf dem Markt und mussten uns von anderen abheben. Ich muss heute schmunzeln, wenn ich die alten Ausgaben sehe.
Noch einmal zurück zum Anfang. Wie kam es eigentlich, dass sofort Werbung auf der Homepage war?
Schäfer: „Arutz Scheva“! (lacht) Christoph wollte unbedingt, dass dieser blaue Kasten bei uns als Werbung erscheint. An dem Sender hatte Christoph einen Narren gefressen.
Zörb: Stimmt! Das war ursprünglich ein religiöser zionistischer Piratensender, der ohne Lizenz von einem Schiff vor der Küste sendete. Dahinter steckten ein paar Rabbis und Journalisten. Die bauten seinerzeit in Beit El in Samaria ihre Online-Redaktion auf und machten einfach eine gute Arbeit. Das wollte ich unterstützen. Die mussten nichts bezahlen. Heute hat „Arutz Scheva“ – was schlicht „Kanal 7“ heißt – die schnellste englischsprachige Nachrichten-App Israels. Sehr empfehlenswert.
Was wünscht ihr Israelnetz für die nächsten 20 Jahre?
Schäfer: Für das Team: Einigkeit, offene Augen, offene Ohren und offene Herzen, und ein offenes Fenster in Richtung Jerusalem. Und Mut, die Wahrheit zu sagen und zu schreiben.
Zörb: Und für die Leser, Hörer, Zuschauer und User: tiefe Einblicke, neue Entdeckungen und gute Unterhaltung. Und das, bitte, immer mit der aufgeschlagenen Bibel in der Hand.
Schäfer: Das klingt jetzt leicht analog (lacht).
Zörb: Die geöffnete Bibel-App ist auch okay. Ohne Gottes Wort kann man die Dinge im Nahen Osten nämlich nicht verstehen. Gott hat in den vergangenen 20 Jahren diese Arbeit in unglaublicher Weise gesegnet. Und wir geben ihm die Ehre dafür.
Vielen Dank für das Gespräch!