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Domspatzen bitten in Yad Vashem um Vergebung

Die Regensburger Domspatzen gehören zu den bekanntesten Chören weltweit. In ihrer mehr als 1.000-jährigen Geschichte waren sie aber noch nie in Israel. Jetzt hat sich der Chor vor Ort mit seiner Vergangenheit im Nationalsozialismus auseinandergesetzt.
Die Regensburger Domspatzen haben auf ihrer Israel-Reise auch die Hauptstadt Jerusalem besucht

JERUSALEM / REGENSBURG (inn) – In seiner mehr als 1.000-jährigen Geschichte war der international berühmte Chor der Regensburger Domspatzen noch nie in Israel. Jetzt besucht er seit dem 5. September das Heilige Land auf einer Pilger- und Konzertreise und setzt sich auch mit seiner Vergangenheit in der Zeit des Nationalsozialismus auseinander.

Mit einer Gruppenanzahl von 87 mitgereisten Mitgliedern sang der Chor an biblischen Orten wie Nazareth, Jerusalem, Bethlehem und am See Genezareth Lieder, die im Dom eigentlich für hohe christliche Feiertage wie den Karfreitag oder Weihnachten vorgesehen sind. Zur Reisegruppe kamen laut einer Mitteilung der Domspatzen noch 150 weitere Pilger hinzu, darunter Eltern, Geschwister, Verwandte und Freunde der Chormitglieder. Auch der Regensburger Bischof und Schirmherr des Chors, Rudolf Voderholzer, war mitgereist.

Der Chor, dessen Mitglieder zwischen elf bis 18 Jahre alt sind, gab auch ein Konzert in der Schule der Salvatorianerinnen in Nazareth und besuchte die deutsche Schmidt-Schule in Jerusalem. Dort trafen sie auf palästinensische Schülerinnen, die in einem Mädchenchor singen. „Mit der Reise geht für mich ein lang gehegter Traum in Erfüllung“, sagt Domkapellmeister Roland Büchner. Diese Erfahrung werde die Jungen in deren Persönlichkeit und Glauben bestärken.

Chor-Geschichte im Nationalsozialismus

Die Reise nach Israel war auch eine passende Gelegenheit, sich mit der Geschichte des Chors auseinanderzusetzen. Das bot sich gerade beim Besuch der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem am Sonntag an. Die Domspatzen galten im Dritten Reich als Lieblingschor Adolf Hitlers. Er finanzierte dessen erste große Auslandsreise nach Südamerika im Jahr 1937. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges unterstützte er den Chor finanziell. Die Domspatzen traten 1938 beim Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg und zweimal auf dem Obersalzberg auf.

Die älteren Chormitglieder wünschten sich mehr Zeit im Museum von Yad Vashem. Die jüngeren wurden durch das Gelände geführt, um sie mit dem Thema nicht zu sehr zu überfordern. Sie besuchten die Kindergedenkstätte, wo fünf Kerzen mit Hilfe von Spiegeln symbolisch für die 1,5 Millionen ermordeten Kinder und Jugendliche der Scho’ah stehen. Die Domspatzen gestalteten vor Ort eine Gedenkfeier, die aus Gesang und Schweigen bestand. Im „Tal der Gemeinden“, wo alle jüdischen Gemeinden der Welt verzeichnet sind, sangen sie „Misere mei“ (Erbarme dich unser). Der Bußpsalm, den der italienische Priester und Komponist Gregorio Allegri vertont hat, ist ansonsten an Karfreitag im Dom zu hören.

„Gerade in Zeiten wie diesen ist es umso wichtiger, sich dieser Geschichte immer wieder zu erinnern und daraus zu lernen“, sagt der Vorsitzende des Vereins „Freunde des Regensburger Domchors“, Marcus Weigl. „Das möchten wir unseren Jungs mitgeben. Erst nach der Bitte um Vergebung kann es auch wieder Hoffnung auf Versöhnung und Frieden geben.“ Der Südwestrundfunk zitierte den 17-jährigen Domspatz Sebastian Ponnath zum Eindruck der Gedenkstätte: „Mit den ganzen Verbrechen, die unsere Vorfahren begangen haben, war das ein unbeschreiblich bewegendes Gefühl, den Psalm 51 zu singen, der ja eigentlich der Psalm mit der Bitte nach Vergebung ist.“

Die Domspatzen besuchten auch die palästinensische Universitätsstadt Bir Seit im Westjordanland und sangen in der Geburtskirche in Bethlehem gemeinsam mit den mitgereisten Pilgern „Heilige Nacht“. Am Mittwoch fliegt der Chor nach Deutschland zurück.

Von: mm

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