Papst Franziskus will zu einem viertägigen Besuch in den Irak reisen, um Christen zu besuchen und seinen Dialog mit muslimischen Theologen zu festigen. Es ist die 33. Auslandsreise des 84-Jährigen in seiner achtjährigen Amtszeit als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und die erste nach 15 Monaten.
Den Auftakt bildet am Freitag eine Zeremonie im Präsidentenpalast in Bagdad sowie ein Treffen mit Präsident Barham Salih und Premierminister Mustafa al-Kadhimi. Zudem wird der Papst Bischöfe, Priester und andere Gläubige in der städtischen syro-katholischen Kathedrale „Unserer Lieben Frau der Erlösung“ treffen.
Für den Samstag sieht das Programm eine Reise in Richtung Süden nach Nadschaf vor, um sich mit dem schiitischen Großajatolla Ali al-Sistani zu treffen. Der 90-Jährige gilt als eine der wichtigsten Stimmen in der schiitisch-islamischen Welt.
Der Besuch des Papstes im Norden des Landes wird der Höhepunkt der Reise für die kleine christliche Gemeinschaft im Irak sein. Während der Herrschaft des Islamischen Staates zwischen 2014 und 2017 wurden dort, in der Gegend um Erbil, Mosul und Qaraqusch, Tausende Christen getötet, Hunderttausende flohen aus der Gegend. Papst Franziskus plant Treffen mit Menschen, die in die Städte zurückgekommen sind und versuchen, ihre Gemeinschaften und Kirchen neu aufzubauen. In Mosul wird der Papst am Denkmal für die Opfer des Islamischen Staates ein Gebet sprechen, in Qaraqusch die „Kathedrale der Jungfrau Maria“ besuchen, die nach der Schändung durch Krieger des Islamischen Staates neu aufgebaut wurde.
Christen erwarten Trost
Erzbischof Baschar Matti Warda, der die chaldäisch-katholische Gemeinschaft in Erbil leitet, sagte gegenüber Kirchenzeitungen: „Er kommt, um uns von Angesicht zu Angesicht zu sehen und uns zu zeigen, dass wir ihm wichtig sind.“ In Erbil ist eine Messe gemäß der geltenden Corona-Regeln in einem Fußballstadion geplant.
Tausende von christlichen Flüchtlingen seien nach Erbil geflohen, sagte Warda: „Von dieser Erfahrung haben wir Teilen und Großzügigkeit gelernt. Das Böse von ISIS hat das Leben unserer Gemeinschaft beschnitten, aber Gott hat andere Türen mit Liebe und Großzügigkeit geöffnet.“
Kardinal Leonardi Sandri, Präfekt der versammelten orientalischen Kirchen im Vatikan, ist überzeugt, dass Franziskus „diesem Volk – das so sehr gelitten hat und stark dezimiert ist -, der katholischen Kirche und den Christen dieses Landes Trost, Nähe, Brüderlichkeit, Offenheit und Freundschaft“ bringen wolle.
Reise trotz Risiken
Der Papst hat fest vor, die Reise anzutreten – trotz der neuen Corona-Bestimmungen und nächtlichen Ausgangssperren, die im Irak seit vergangener Woche gelten. Er und seine Begleiter werden zum Reiseantritt geimpft sein, sich an die Maskenpflicht und Abstandsregeln halten. Auch die Sicherheitsbedenken räumt der Vatikan aus. Nach den Anschlägen auf einen US-Stützpunkt im Westirak am Mittwoch erklärte Papst Franziskus, dass er die Reise nicht absagen werde. Lange habe er sich gewünscht, die Menschen in dem Land kennen zu lernen, die so viel gelitten hätten.
In einer arabisch untertitelten Videobotschaft wandte sich der Papst am Donnerstag in seiner Muttersprache Spanisch an die arabischen Christen: „Ich komme als Pilger des Friedens, um Bruderschaft zu suchen, die durch den Wunsch nach gemeinsamem Gebet geprägt ist – das gilt auch für Brüder und Schwestern, die andere religiöse Traditionen haben.“ Zu viele Opfer und Märtyrer habe es unter den Christen gegeben: „Durch starke Verfolgungen hindurch habt ihr euren Glauben an Jesus bezeugt. Ich möchte euch der aufrichtigen Liebe und Fürsorge der gesamten Kirche versichern, welche euch und dem tief gezeichneten Nahen Osten nahesteht. Ich möchte euch ermutigen, vorwärts zu gehen.“
Die irakische Regierung habe starke Sicherheitsvorkehrungen zugesagt. Bombenanschläge sind in den vergangenen Jahren zwar insgesamt zurückgegangen, trotzdem kamen allein im vergangenen Monat mindestens 32 Menschen bei einem Doppelanschlag ums Leben, mehr als 100 wurden verletzt.
Laut Medienberichten verwies der Papst auf Johannes Paul II., dem die Reise in den Irak verboten worden war: „Man kann ein Volk nicht zum zweiten Mal enttäuschen.“
Erster Papstbesuch im Irak
Es ist der erste Besuch eines Papstes im Irak überhaupt. Angesichts der kleinen Zahl der Gläubigen verwundert das kaum: Mit weniger als 3 Prozent der Gesamtbevölkerung – von etwa 40 Millionen – bilden christliche Gruppen im Irak eine sehr kleine Minderheit. Überwiegend zählen sie zu den sogenannten Ostkirchen. Diese umfassen die Chaldäisch-katholische Kirche, die Assyrische Kirche des Ostens, die Alte Kirche des Ostens, die Armenische Apostolische Kirche, die Römisch-katholische Kirche, die Syrisch-katholische Kirche, die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien sowie die Assyrisch-evangelische Kirche.
In den 1940er Jahren lebten auch etwa 150.000 Juden im Irak. Durch Flucht, Vertreibung und Wegzug nach der Staatsgründung Israels wird heute noch etwa eine Hand voll jüdischer Einwohner im Irak geschätzt.
Von: mh