BERLIN (inn) – In einer Crowdfunding-Kampagne hat die israelische Hilfsorganisation Keren Hayesod am Dienstag ihr Spendenziel von 600.000 Euro erreicht. Bis Mittwochmittag sind bei der Aktion zum 100-jährigen Jubiläum mehr als 625.000 Euro eingegangen. Das Geld soll drei Stockwerke eines Wohnheims für Holocaust-Überlebende in Be’er Scheva finanzieren. Die Etagen werden den Namen von Fritz Bauer tragen. Der hessische Generalstaatsanwalt arbeitete in den 60er Jahren im Geheimen mit israelischen Stellen zusammen und trug maßgeblich dazu bei, den SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann für dessen Verbrechen während des Holocaust vor Gericht zu bringen.
Keren Hayesod unterhält in dem Gemeinschaftsprojekt „Amigour“ zusammen mit der israelischen Regierung 57 betreute Seniorenwohnanlagen in Israel. Derzeit finden dort 7.500 alte Menschen eine Bleibe. Etwa ein Drittel der gut eine Million Senioren in Israel lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die ungefähr 800 Dollar Sozialhilfe reichen nicht aus, die stetig steigenden Mietpreise auf dem israelischen Wohnungsmarkt zu bezahlen. Davon sind auch die noch etwa 180.000 verbliebenen Holocaust-Überlebenden betroffen. Derzeit warten 27.000 Betagte auf eine Sozialwohnung. Mit Unterstützung von Keren Hayesod sollen in den kommenden Jahren 2.650 neue Apartments entstehen.
Viele Holocaust-Überlebende in Armut
Das geplante neue Gebäude mit 17 Stockwerken umfasst 111 Wohnungen und Gemeinschaftsräume. Von den umgerechnet 16 Millionen benötigten Euro werden etwa 78 Prozent vom israelischen Staat und der Jewish Agency beigesteuert. Die restlichen 22 Prozent sollen durch die Spenden abgedeckt werden. Die Jewish Agency ist eine Organisation zur Unterstützung jüdischer Einwanderer in Israel.
Der deutsche Zweig von Keren Hayesod trägt 1,5 Millionen Euro bei. Laut eigenen Angaben waren davon bereits 400.000 zusammengekommen. Die 600.000 Euro aus der Kampagne vom 13. bis 15. September bestehen zur Hälfte aus Gaben „großzügiger Spender“, die sich bereit erklärt hatten, jeden Euro zu verdoppeln. Das Crowdfunding funktioniert so: Wäre das Spendenziel nicht erreicht worden, hätten alle Spender ihr Geld zurückbekommen. Das nun noch fehlende Geld hofft Keren Hayesod in den kommenden Monaten zusammenzutragen.
Für das betreute Wohnen bei Amigour zahlen die Bewohner eine stark geförderte Miete von etwa 75 Euro im Monat. Die kleinen Wohnungen sind mit einem Notrufsystem ausgestattet, haben einen Wohn- und Schlafbereich, eine Küchenzeile und ein Bad. Zudem verfügt jede Etage über einen barrierefreien bombensicheren Schutzraum. Eine „Hausmutter“ hält täglich Kontakt zu den Bewohnern, um sicherzustellen, dass es ihnen an nichts fehlt. Der tägliche „Guten-Morgen-Anruf“ soll Empathie vermitteln und gleichzeitig das gesundheitliche Wohlbefinden kontrollieren. Keren-Hayesod-Sprecher Rafi Heumann betonte gegenüber Israelnetz: „Besonders wichtig für die Senioren ist das soziale Netzwerk untereinander.“
Promis machen mit
Bei seiner Kampagne erhielt Keren Hayesod Deutschland prominente Unterstützung. Auf der Facebook-Seite erschienen nach und nach Videobotschaften, etwa vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, Bundesjustiziministerin Christine Lambrecht, dem Grünen-Politiker Volker Beck, den Autoren Ahmad Mansour und Arye Sharuz Shalicar, und der Komikerin Barbara Schöneberger. Lambrecht sagte, die Überlebenden hätten es verdient, im Alter „in Würde zu leben und nicht in Not leben zu müssen“. Fritz Bauers Beispiel zeige, dass jeder einzelne viel bewirken könne. Für das Fritz-Bauer-Projekt zu spenden, biete dazu eine Gelegenheit.
Die Unterstützung bei der Alija – der Einwanderung von Juden nach Israel – und der Aufbau eines jüdischen Heimatlandes waren 1920 Anlass für die Gründung von Keren Hayesod in London. Mittlerweile befindet sich der Hauptsitz in Jerusalem. 1956 ratifizierte die Knesset das Gesetz des Keren Hayesod, das ihn ermächtigte, „die Stärkung des Staates Israel, die Heimführung der im Exil Lebenden und die Vereinigung des jüdischen Volkes“ zu fördern.
Von: tk