Mit meinen Hüpfstelzen gehe ich auf den Jüdischen Markt. Mein Mitbewohner kommt mit, wir setzen uns auf die geschlossenen Auslagen und schnallen uns die Stiefel um die Füße. Festlich schwarz-weiß gekleidete Männer kommen aus den Synagogen und laufen mit gesenktem Kopf schnell an uns vorbei. Manche bleiben stehen, um zu schauen. Eine gläubige Jüdin fragt: „Das sieht sehr interessant aus! Ob das wohl erlaubt ist am Schabbat? Da müssten wir mal den Rabbiner fragen!“
Ich antworte amüsiert: „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Mir ist es erlaubt, ich bin keine Jüdin.“ Sie nickt zufrieden, mein israelischer Mitbewohner ist genervt: „Was tut denn das zur Sache?“ Sie schaut ihn streng an und sagt: „Natürlich ist das eine wichtige Frage. Du hast das Gesicht eines Zaddik, eines Gerechten. Mit Sicherheit hast du einen religiösen Hintergrund.“
Mein Mitbewohner verneint, erzählt dann aber von seinem Vater, der in einem religiösen Haushalt aufgewachsen ist. „Mit neun Jahren hat er sich entschieden, dass er nicht religiös sein will. Ich bin in einem säkularen Haushalt aufgewachsen.“ Die Dame schaut triumphierend: „Also hatte ich recht. Zaddik, du also solltest den Rabbiner fragen!“
Von: Merle Hofer
Dieser Artikel ist der Ausgabe 4/2020 des Israelnetz Magazins entnommen. In dieser besonderen Ausgabe dreht sich alles rund um das Thema Religion. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/5 66 77 00, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online. Gerne können Sie auch mehrere Exemplare zum Weitergeben oder Auslegen anfordern.