RIAD (inn) – Die saudische Bevölkerung hat kaum mehr Interesse an der Sache der Palästinenser. Das hat der saudi-arabische Schriftsteller Abdul Hamed al-Ghobain in einem Interview des Fernsehsenders BBC-Arabic erklärt.
„Es gibt eine Flut von Meinungen gegen die palästinensische Sache“, sagte Al-Ghobain laut der in Washington ansässigen Beobachtungsstelle MEMRI. Diese hat das Video mit den entsprechenden Aussagen ins Englische übersetzt und veröffentlicht. Dem Saudi zufolge gehe es nicht mehr nur um öffentliche Unterstützung für den Aufbau von Beziehungen zu Israel. Vielmehr habe sich die Öffentlichkeit gegen die Palästinenser im Allgemeinen gewandt.
„Leider haben die Palästinenser verloren. Die Palästinenser haben nichts geleistet. Wir können sagen, dass sie emotionale Menschen sind, deren Verhalten von ihren Gefühlen bestimmt wird.“ Mit diesen Gefühlen stimmten die Regierung und das Volk in Saudi-Arabien nicht überein, erklärte der Autor.
Sein Land sei daran interessiert, den Kanal zu Israel offen zu halten und den Dialog für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern fortzusetzen. Dabei gehe es um strategische und wirtschaftliche Interessen. „Israel ist ein fortschrittliches Land, davon können wir profitieren. Als die Türkei Beziehungen zu Israel aufgenommen hat, hat sie große Fortschritte gemacht.“
Weniger Interesse an der Arabischen Liga
Laut Al-Ghobain habe sich in seinem Land nicht nur die öffentliche Meinung über die Palästinenser verändert. Auch die Haltung gegenüber der Arabischen Liga habe sich geändert. „Wenn Sie nach Saudi-Arabien kommen und eine Umfrage durchführen – selbst unter Schülern der Mittel- und Oberstufe –, werden Sie feststellen, dass ihnen nicht nur die palästinensische Sache gleichgültig ist, sondern dass sich die Menschen in Saudi-Arabien auch nicht mehr um die Araber als Ganzes kümmern.“
Diese Meinung werde seit zwei Jahren immer lauter geäußert, sagte Al-Ghobain. Die Menschen erklärten in der Öffentlichkeit, dass ihnen die palästinensische Sache egal sei und Saudi-Arabien sich um seine eigenen Interessen und Beziehungen kümmern müsse.
Abdul Hamed al-Ghobain spricht sich seit Jahren für eine Normalisierung der Beziehungen Saudi-Arabiens zu Israel aus. In seinen journalistischen Beiträgen bezeichnet er unter anderem Jordanien als die eigentliche Heimat für Palästinenser. Al-Ghobain schreibt gelegentlich Artikel für israelische Zeitschriften. Darin äußerte er sich immer wieder lobend über die israelische Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu.
Verwaltung für Al-Aqsa-Moschee auf Saudi-Arabien übertragen?
Kritik übte er unter anderem an Jordanien und der Palästinensischen Autonomiebehörde. So gebe Saudi-Arabien seit über 70 Jahren Gelder für die Erhaltung der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem an das Haschemitische Königreich. Allerdings habe Jordanien, das für das Heiligtum zuständig ist, die Stätte weder gepflegt noch beschützt, schrieb Al-Ghobain in einem Gastbeitrag für die israelische Zeitung „Israel Hajom“ im vergangenen August.
Die Moschee befinde sich in einem miserablen Zustand, was für Unruhen unter den Palästinensern sorge. Der Journalist bot in dem Zusammenhang an, dass sein Land die Verwaltung für die Al-Aqsa-Moschee übernehmen könne. Er verwies darauf, dass Saudi-Arabien seit fast 100 Jahren die Schreine von Mekka und Medina verwalte. „Trotz der Feindseligkeit des Iran“ seien dort auch iranische Pilger willkommen. „Wir haben eine Geschichte von Toleranz und Effizienz, wenn es darum geht, heilige Stätten zu betreiben. Und unsere Intervention in Sachen Al-Aqsa könnte endlose Probleme für Palästinenser und Israelis gleichermaßen lösen“, schrieb Al-Ghobain.
Saudische Staatsbürgerschaft entzogen
Da solche und ähnliche Medienbeiträge Al-Ghobains von der saudischen Regierung nicht kritisiert wurden, gingen Beobachter davon aus, dass sie der offiziellen Meinung des Königshauses in Riad entsprechen. Im Dezember vergangenen Jahren teilte Al-Ghobain der US-amerikanischen Nachrichtenagentur „The Media Line“ gegenüber mit, dass ihm die saudische Staatsbürgerschaft entzogen wurde. Gründe dafür seien nicht genannt worden. Er gehe jedoch davon aus, dass dies aufgrund seines Eintretens für israelisch-saudische Beziehungen geschehen sei. Die Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte die Maßnahme begrüßt.
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Von: dn
Eine Antwort
Vielen Dank für den interessanten Bericht.
Verstehe nun auch etwas, warum keine Palästinenster in Saudi-Arabien arbeiten. Habe bisher nicht verstanden, warum keine Männer des Gaza-Streifens auf Baustellen zB. in Neom oder den Emiraten gehenM