JERUSALEM (inn) – In Israel sind wegen des Coronavirus, Stand Freitagmittag, 37 Menschen verstorben. Die Sterberate liegt momentan bei 0,53 Prozent. Zum Vergleich: in Italien liegt sie bei 12,07 Prozent, in Deutschland bei 1,30 Prozent. Die israelische sei die niedrigste Sterberate der Welt, sagte Verteidigungsminister Naftali Bennett bereits vor wenigen Tagen. Zwar warnen Experten, dass solche Statistiken mit großer Vorsicht zu betrachten seien, dennoch ist eine Tendenz klar erkennbar.
Die Gründe für den erfolgreicheren Kampf gegen das Coronavirus sind vielzählig. Ein Vorteil sei der zentrale Rettungsdienst für ganz Israel, erklärt der Notarzt und Ausbildungsleiter beim Rettungsdienst Magen David Adom, Schafir Botner, gegenüber der ARD. „Wir sind der einzige Notdienst im ganzen Land. Wir haben eine Datenbank, müssen nicht erst die Informationen von vielen Akteuren sammeln. Das ist ein Riesenvorteil.“ Weiterhin sei Israel eines der ersten Länder gewesen, das konsequent seine Grenze geschlossen habe. Ins Land durften nur noch Menschen einreisen, die sich nach ihrer Ankunft in 14-tägige Quarantäne begeben haben.
Zusammenhalt in Krisen
Hinzu komme ein demografischer Vorteil, sagt der emeritierte Professor für Gesundheitsökonomie vom „Taub-Forschungszentrum“ in Jerusalem, Dov Chernichovsky. In Israel liege der Anteil von Menschen, die 65 Jahre oder älter sind, bei nur zehn Prozent, in Italien dagegen bei 24 Prozent. Weiterhin habe Israel gute Krankenhäuser. Da es aber wesentlich weniger Intensivbetten als beispielsweise in Deutschland gibt, warnen israelische Ärzte dennoch vor möglichen Engpässen. Chernichovsky hofft, dass sein Land dieses Defizit in den kommenden Wochen abbauen kann.
Mut in der aktuellen Situation mache ihm die krisenerprobte Bevölkerung. Zahlreiche Konflikte und Kriege hätten dafür gesorgt, dass Israelis eine lange Ausdauer in der Isolation haben werden, ist sich der emeritierte Professor sicher. „Ich würde nicht sagen, dass Israel eine disziplinierte Bevölkerung hat. Ich glaube sogar, dass Israelis dafür bekannt sind, Regeln eher nicht zu befolgen. Aber, wenn wir eine Notsituation haben, reißt sich das Land sehr schnell zusammen und die Bevölkerung hält sich strikt an die Regeln.“ Dadurch könne die Zahl der Neuinfizierten so flach gehalten werden.
Experten vermuten 75.000 Infizierte in Bnei Brak
Einzig in ultra-orthodoxen Vierteln oder Städten greift diese Beobachtung nicht. Dort kam es auch in den vergangenen Tagen immer wieder zu Menschenansammlungen, die gegen behördliche Anordnungen verstießen. Die Stadt Bnei Brak bei Tel Aviv wurde am späten Donnerstagabend gar zum Sperrgebiet erklärt. Die Regierung befürchtet eine unkontrollierbare Ausbreitung des Virus in den dicht besiedelten religiösen Vierteln.
Dass es dazu längst gekommen ist, vermutet der Chef des Maccabi-Gesundheitsdienstes Healthcare Service, Ran Sa’ar. Er rechnet mit 75.000 Infizierten in Bnei Brak – das entspricht 38 Prozent aller Bewohner der Stadt. Er forderte daher „alle zuständigen Stellen auf, die Polizei noch vor dem Pessach-Fest einzusetzen. Sonst werde sich die Situation noch verschlimmern. Bnei Brak ist eine Stadt mit einer großen Zahl älterer Menschen. Sollten die Behörden jetzt nicht sofort reagieren, würden sie viele Tote zu beklagen haben.“ Das einwöchige Fest beginnt am Mittwochabend. Am Freitagmorgen begannen bereits mehr als 1.000 Polizisten, dutzende Straßensperren an den Ein- und Ausgängen der Stadt zu errichten.
Von: mas