JERUSALEM (inn) – Obwohl in saudi-arabischen Schulbüchern antijüdischer Hass fortbesteht, ist insgesamt eine leichte Besserung zu erkennen. Das geht aus einer im Februar veröffentlichten Studie des in Israel ansässigen Instituts zur Überwachung von Frieden und kultureller Toleranz in der Schulbildung, „IMPACT-se“, hervor. Demnach sind bestimmte Veränderungen auf eine zunehmende Mäßigung der Gesellschaft in Saudi-Arabien zurückzuführen.
Im Vergleich zu vorangegangenen Berichten bestehen diese Veränderungen laut der Studie vor allem in der Sichtweise auf den von Muslimen begangenen Terrorismus. Der aktuelle Lehrplan kritisiere diesen nun scharf, obgleich er weiterhin das Märtyrertum als „göttliches Geschenk“ bezeichne. Darüber hinaus halte er fest, dass der Dschihad ausschließlich vom König ausgerufen werden könne und eher im Kontext der nationalen Verteidigung zu sehen sei.
In den untersuchten Schulbüchern werde ebenfalls der Holocaust behandelt. Dazu heiße es im Lehrplan: „Einige Minderheiten waren Deportation und Vernichtung ausgesetzt. So wie die Vertreibung der Juden aus Europa.“ Antisemitische Werke wie die „Protokolle der Weisen von Zion“ fänden sich im aktuellen Lehrplan nicht wieder, stellt „IMPACT-se“ fest. Ferner werde Juden nicht mehr vorgeworfen, alle anderen Religionen als satanisch zu bezeichnen. Antisemitische Karikaturen beinhalte das neue Unterrichtsmaterial nun auch nicht mehr. Eine „reduzierte Aufmerksamkeit für vergangene islamisch-jüdische Konflikte“, sowie weniger theologische Argumente gegen das Christentum seien ebenfalls zu verzeichnen.
„Intolerantes Material“
Trotz dieser Verbesserungen seien die Schulbücher weiterhin voller extremistischer und antijüdischer Inhalte, besagt der Bericht von „IMPACT-se“. Darin ist eine Vielzahl solcher Beispiele aufgelistet. So lernten saudische Schüler, dass Zionisten die größten Feinde des Islam darstellten und die zionistische Bewegung mit Rassismus gleichzusetzen sei. In einigen Büchern werde die Pflicht gelehrt, Juden zu töten. Ein Kapitel in einem solchen Lehrbuch für Oberschüler sei mit dem Titel überschrieben: „Kampf gegen die Juden“.
Der Leiter von „IMPACT-se“, Marcus Sheff, sieht dieses „inakzeptable und intolerante Material“ insbesondere bei religiösen Lehrbüchern für höhere Klassen als ein Problem. Dort würden Juden weiterhin verschiedener Attentate beschuldigt oder als Affen beschrieben. Der Staat Israel fehle auf Landkarten gar komplett. An seiner Stelle existiere ausschließlich „Palästina“, heißt es im Bericht weiter. Zusätzlich hetzten die untersuchten Schulbücher gegen Homosexuelle.
Dagegen erkennen die Wissenschaftler einen Wandel im Blick auf die Rolle der Frau. Zwar werde keine Gleichstellung gelehrt, aber es sei dennoch eine Weiterentwicklung bemerkbar.
„Vision 2030“
Laut dem Bericht sind diese „positiven Veränderungen“ auf die „Vision 2030“ von Kronprinz Mohammed Bin Salman zurückzuführen. Dieser kündigte auf der Webseite der Regierung den Aufbau einer lebendigen Gesellschaft an. Der Prinz „erzieht eine junge Generation, darunter auch Mädchen, zu einer neuen saudischen Identität und zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Westen“, erklärt Sheff. In den Schulbüchern werde dies beispielsweise daran sichtbar, dass in einem Cartoon ein Mädchen zu Wort kommt und sagt: „Ich bin eine saudische Bürgerin. Ich möchte einmal eine angesehene Ärztin sein und neue Medikamente entwickeln. Mein Land ist wundervoll“.
Für die Studie untersuchte „IMPACT-se“ 209 saudi-arabische Schulbücher der Primar- und Sekundarstufe aus den Jahren 2016 bis 2019. Schwerpunkt der Untersuchungen waren Israel, Antisemitismus, nationale Identität, Islamwissenschaft, geopolitische Aspekte und die Rolle der saudischen Frau in der Gesellschaft.
Von: mas