VATIKAN-STADT (inn) – In einer gemeinsamen Erklärung haben sich Vertreter von Judentum, Christentum und Islam am Montag im Vatikan gegen Sterbehilfe gewandt. Auch das israelische Oberrabbinat war beteiligt. Die Unterzeichner sprechen sich gegen „jede Form von Euthanasie“ und damit auch gegen assistierten Suizid aus. Denn das widerspreche grundlegend „dem unveräußerlichen Wert des menschlichen Lebens“. Deshalb sei es von Natur aus und in der Konsequenz moralisch und religiös falsch, heißt es in der Erklärung.
Die beteiligten Akteure fordern, Euthanasie und Sterbehilfe – also das „direkte, bewusste, zielgerichtete“ Herbeiführen des Todes oder die Unterstützung eines Patienten bei der Selbsttötung – „ohne Ausnahmen“ zu verbieten. Gesetze sollten die Rechte und die Würde sterbender Patienten schützen, Euthanasie vorbeugen und Palliativmedizin fördern.
Es sei weiter abzulehnen, auf Patienten Druck auszuüben, ihr Leben zu beenden. Auch medizinisches Personal dürfe nicht dazu gedrängt werden, den Tod eines Patienten herbeizuführen oder ihn bei der Selbtstötung zu unterstützen – vor allem nicht, wenn es gegen die eigene religiöse Überzeugung sei.
Die Gesellschaft müsse sicherstellen, dass Patienten nicht den Tod wählen, weil sie anderen nicht zur Last zu fallen wollen. Auch die jeweiligen Glaubensgemeinschaften hätten die religiöse Pflicht, sich um ihre Patienten zu kümmern, ihnen beizustehen und sie zum Beispiel durch Gebete zu unterstützen. Eine von „Glaube und Hoffnung erfüllte Präsenz“ sei der größte Beitrag, den Pflegende und religiöse Menschen leisten können, um den Sterbeprozess menschlich zu gestalten. Auch aus palliativer Sicht sei das sehr wichtig, weil die physische, psychologische und geistliche Dimension eines Menschen zusammenwirkten.
Auf Palliativmedizin spezialisieren
Die Unterzeichner machten sich zudem für eine palliativmedizinische Betreuung am Ende des Lebens stark. Diese habe das Ziel, die beste Lebensqualität für Patienten zu erreichen, die an unheilbaren, fortschreitenden Krankheiten leiden. Darin drücke sich die „edle menschliche Hingabe“ aus, füreinander zu sorgen. „Wir ermutigen Experten und Studenten, sich auf diesem Feld der Medizin zu spezialisieren.“
Die Initiative für diese Erklärung ging vom israelischen Rabbiner Avraham Steinberg aus, der selbst Professor für Medizinethik und Co-Vorsitzender des Nationalen Rates für Bioethik ist. Er präsentierte die Idee Papst Franziskus, der wiederum die Päpstliche Akademie für das Leben damit beauftragte, eine Kommission zusammenzustellen und die Erklärung zu erarbeiten. Von islamischer Seite beteiligte sich die reformorientierte Organisation Muhammadija, die zweitgrößte islamische Organisation Indonesiens.
Israelische Oberrabbiner betonen Wert des Lebens
Die beiden israelischen Oberrabbiner kommentierten die Initiative schriftlich. Der Sepharde Jitzchak Josef schrieb: „Das Töten von Patienten im Endstadium gehört sicher zum Verbot ‚Du sollst nicht morden‘ in den Zehn Geboten. Glücklich ist der Mensch – jeder Mensch –, der nach dem göttlichen Bilde erschaffen wurde. Leben ist eine Gabe vom Schöpfer der Welt, die wir nicht – der Himmel möge es verhüten! – anderen wegnehmen dürfen.“ Allerdings müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um Leiden und Schmerz von Patienten in Todesnähe zu lindern.
Der aschkenasische Oberrabbiner David Lau betonte, welche Bedeutung der Wert des Lebens im Judentum habe: „Es gibt ein ernstes Verbot, den Tod irgendeiner Person herbeizuführen, selbst wenn sie in einer schwierigen und tödlich verlaufenden Situation ist. In gewissen Zeiten ist es möglich, über ein Absehen von Lebensverlängerung zu diskutieren. Aber keine Aktion darf ausgeführt werden, um Leben zu verkürzen. Wer den Sterbenden tötet, der tötet.“ Rabbi Lau ergänzte: „Möge es Sein Wille sein, dass wir diese Haltung der gesamten Menschheit einträufeln.“
Von: jst / eh