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Ein kulinarischer Botschafter

Tom Franz ist in Israel ein Kochstar. Als religiöser Jude hält er den Schabbat und kocht streng koscher. Doch das war nicht immer so: Der Jurist stammt aus einem katholischen Elternhaus bei Köln. Mit Israelnetz hat er darüber gesprochen, wie es ihm gelang, die Herzen der Israelis zu erobern und wie es für ihn ist, in Deutschland nach seinen Überzeugungen zu leben.
Von den frischen Zutaten und duftenden Gewürzen auf dem Tel Aviver Carmel-Markt lässt sich Tom Franz gerne für seine Rezepte inspirieren

Der gebürtige Rheinländer Tom Franz ist zum Judentum konvertiert und nach Israel eingewandert. 2013 gewann er dort die Kochwettbewerbsshow „Masterchef“. Das Finale sahen mehr als 52 Prozent der TV-Zuschauer – es war die bisher zweithöchste Einschaltquote in der israelischen Fernsehgeschichte. In seinem Buch „Sehnsucht Israel. Mein Leben zwischen Kippa, Küche und Koriander“ erzählt der 45-Jährige, wie aus dem Anwalt aus katholischem Elternhaus ein strengreligiöser Jude wurde.

Israelnetz: 2013 haben Sie als Hobbykoch in Israel die beliebte Kochshow „Masterchef“ gewonnen. Wie ist es Ihnen gelungen, als deutscher Konvertit die Herzen der Israelis zu erobern?

Tom Franz: Das ist eine schwierige Frage. Es muss etwas mit Natürlichkeit zu tun haben. Ich war einfach ich selbst. Ich habe aber auch ein lange Geschichte – dadurch, dass ich schon mit 16 ins Land gekommen bin, meinen Zivildienst hier gemacht habe, konvertiert bin, die Sprache gelernt und dann auch noch koscher gekocht habe. Natürlich ist das Kochen wichtig. Aber damit erobert man nicht die Herzen. Was bei einer Castingshow durchkommt, hat mit der Persönlichkeit zu tun. Und das hat irgendwie gepasst – dieses Deutschsein, das ich vermittle oder das noch übrig geblieben ist. Mein Weg nach Israel und zum Judentum wurde als konsequent und aus dem Herzen heraus angenommen. Ich bin nie dafür kritisiert worden. Es war immer ein herzliches Willkommen.

Sie sind ein berühmter Koch in Israel. Was kochen Sie am liebsten?

Ich muss ehrlich sagen, ich koche lieber israelisch als deutsch. Manchmal koche ich aber auch Gerichte nach, die mich an meine Mutter erinnern. Am meisten Spaß macht mir aber das private Kochen für den Schabbat. Das ist jede Woche ein großes Festessen. Ich bin meistens donnerstagabends in der Synagoge für eine Torastunde. Wenn ich dann nach Hause komme, trinke ich einen Kaffee und lege eine Spätschicht ein. Ich fange so um 22, 23 Uhr an und arbeite bis 2 oder 3 Uhr morgens an den ganzen Vorbereitungen für den Schabbat. Das macht mir Riesenspaß – für die Familie kochen, für den Schabbat. Darin gehe ich auf.

Haben Sie ein Lieblings-Schabbatessen?

Bei uns gibt es Tscholent (Eintopf), den kocht meine Frau. Wir bereiten ihn auf die aschkenasische Art zu. Auf der anderen Seite machen wir den Fisch auf die marokkanische Art, in scharfer Soße. Das sind zwei Gerichte, die klassischerweise dabei sind. Dazu kommen viele Salate. Was nicht fehlen darf, sind die Schabbatbrote. Die bäckt meine Frau auch selbst.

In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie davon träumen, ein Restaurant in Deutschland zu eröffnen. Ist das noch immer Ihr Wunsch?

Ja! Es ist zwar nicht in der konkreten Planung, aber ich habe das noch als Ziel – mit den Gerichten, die ich entwickelt habe. Die also aus der israelischen Küche kommen und die ich auf meine Art interpretiere und auch dem deutschen Gaumen anpasse. Die israelische Küche ist weltweit auf dem Vormarsch. Auch in Deutschland eröffnen immer mehr israelische Restaurants. Durch das koschere Kochen muss es aber bestimmte Voraussetzungen geben. Das Restaurant müsste vielleicht zu einer Gemeinde gehören. Ich habe auf jeden Fall große Lust darauf.

Sie halten die religiösen Gebote des Judentums und tragen Kippa. Auch in Deutschland?

Über die Jahre bin ich tatsächlich frommer geworden. Ich trage diese Symbole konsequenter, auch in Deutschland, wobei ich sie in Israel frei zur Schau trage. Dort laufe ich offen mit Kippa und auch die Schaufäden sieht man. In Deutschland mache ich das anders: Die Schaufäden sind in der Hose und statt Kippa trage ich eine Baseballkappe. Ich fühle mich sonst nicht wohl und man sieht auch kaum Juden, die so herumlaufen, außer Ultra-Orthodoxe. Aber ich mache es im Fernsehen. Wenn ich in einer Fernsehshow eine Kippa auf dem Kopf habe, fühle ich mich sicherer als in einer Einkaufsstraße oder einer Stadt.

In der koscheren Küche gibt es viele Verbote. Gibt es etwas, das Sie vermissen?

Nein. Diese Verbote in der koscheren Küche haben mich nie abgeschreckt. Ich habe angefangen, koscher zu essen, noch bevor ich an Gott geglaubt habe und noch bevor ich realistisch daran dachte, zu konvertieren. Ich habe schon zu Hause, noch bei meinen Eltern, begonnen, den Konsum von Schweinefleisch zu reduzieren, Fleisch nicht mehr mit Milchprodukten zu vermischen. Das waren Dinge, die kamen mir sehr natürlich vor, mir hat nichts gefehlt und ich habe das gerne gemacht. Da fehlt mir auch heute nichts.

Halten Sie sich auch in Deutschland an die Speisevorschriften?

Das ist schwierig. Richtig strikt koscher kann ich in Deutschland nur sehr schwer leben, da fehlt mir die richtige Infrastruktur. Ich kann das bei meinen Eltern zu Hause einigermaßen machen, weil ich mich da mittlerweile richtig eingerichtet habe. Auswärts esse ich vegetarisch, wie das viele Juden im Ausland machen – man verzichtet auf jeden Fall auf Fleisch und auf die Sachen, die nicht zusammengehören.

Könnten Sie sich vorstellen, mir Ihrer Familie in Deutschland zu leben?

Das haben wir uns immer vorstellen können und uns auch gewünscht. Doch inwiefern das noch konkret werden könnte, ist fraglich. Wir haben vier Kinder. Sie sind alle noch sehr jung und besuchen eine religiöse Einrichtung. Ob wir so etwas in Deutschland finden und ob wir so als Familie dort richtig leben wollen? Grundsätzlich schon, aber es gibt auch ein bisschen Skepsis. Vor zehn Jahren habe ich mich in Deutschland wohler gefühlt.

Haben Sie persönlich schlechte Erfahrungen gemacht?

Nein, persönlich habe ich keine schlechten Erfahrungen gemacht. Aber ich bin auch selten über längere Zeit in Deutschland. Ich bin quasi nur auf Reisen, bin bei meinen Eltern, gehe in mein Hotel, mache meine Events und dann fliege ich wieder ab. Ich erlebe keinen Alltag hier.

Sie werden oft als kulinarischer Botschafter und Brückenbauer zwischen Deutschland und Israel bezeichnet. Wie setzen Sie das praktisch um?

Das ergibt sich zum einen, wenn ich in den Medien beider Länder tätig bin. Es hat viel mit Kulinarik zu tun – ich koche oder entwickle Rezepte. Auf der anderen Seite hat es häufig auch mit meinem Lebensweg zu tun. Das Ganze ist also immer eine Botschaft. Wenn ich in Israel koche, dann hat das einen deutschen Einschlag und erzählt meinen Weg aus Deutschland hierher. In Deutschland wollen die Leute meine Lebensgeschichte ebenfalls hören. Also allein dadurch, dass ich der bin, der diesen Lebensweg gegangen ist und der sich mit dieser Art von Kochen beschäftigt, bin ich Botschafter.

Gibt es eine Botschaft, die Sie den Deutschen mit auf den Weg geben möchten?

Wenn ich über Israel oder von der israelischen Küche erzähle, dann wünsche ich mir, dass die Leute, die schon mit Israel zu tun hatten, sich mit Freude daran erinnern. Ansonsten möchte ich Leute dazu animieren, nach Israel zu kommen, sich für Israel zu interessieren und nicht nur Nachrichten zu hören, die oft in irgendeiner Weise gefärbt sind, die selten die Wirklichkeit darstellen und schon gar nicht den Menschen beschreiben, wie das Leben in Israel ist und wie die Menschen sind.Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeder, der nach Israel gekommen ist, sich hier sehr wohl gefühlt hat und mit einem ganz anderen Eindruck zurückgefahren ist. Wenn eine Botschaft da ist, dann auf jeden Fall diese: „Kommt her, lernt das Land kennen und verlasst Euch nicht auf die Nachrichten!“

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 5/2018 des Israelnetz Magazins. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915152, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online.

Von: Dana Nowak

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