REICHENBACH/JERUSALEM (inn) – Besucher einer Suppenküche im Zentrum Jerusalems freuten sich in dieser Woche über eine musikalische Abwechslung. Benjamin Philip, Leiter der Organisation „Hineni“, nennt den Ort „ein humanitäres Restaurant, in das alle eingeladen sind, zu kommen“. Kunden bekommen eine warme kostenlose Mahlzeit gestellt oder zahlen einen symbolischen Preis. Am Dienstag wurden sie zur Mittagszeit von einem Konzert des Chors „LeChaim, zum Leben“ der „Sächsischen Israelfreunde e.V.“ überrascht.
Seit etwa 15 Jahren entsendet der Verein Gruppen von Handwerkern, vorwiegend aus Sachsen, nach Israel, welche Wohnungen und Altersheime von Holocaustüberlebenden sanieren und renovieren. Gegründet wurde der Verein 1998, um Menschen zur Solidarität mit dem jüdischen Staat zu motivieren. „Vor einigen Jahren haben wir diese Räume mit unseren Handwerkern renoviert“, erzählte Michael Sawitzki, der die Handwerkerdienste in Deutschland koordiniert, den Restaurantbesuchern in Jerusalem. Mit dem Verein ‚Hineni’ seien sie schon seit vielen Jahren verbunden, so Sawitzki. „Doch dieses Mal sind wir nach Israel gekommen, um euch mit unseren Liedern zu erfreuen. Es ist eine besondere Freude, diese hier, mitten in Jerusalem, singen zu dürfen.“ Für die etwa 50 Besucher wurde der Handwerker ins Russische und Hebräische übersetzt.
Der Geschäftsführer des Vereins, Wilfried Gotter, berichtete: „Die Gruppe ist eine Woche im Land unterwegs. Es sind 35 Chorsänger, manche von ihnen sind zum ersten Mal in Israel.“ Die Lieder singen sie auf Deutsch und teilweise auf Hebräisch: „Israel soll leben. Wir bringen Frieden euch allen. Schma Israel, Höre Israel“, sind einige davon. Begleitet werden die Sänger von Elektroklavier, Gitarre und Cajón. Zudem begleitet die Berufsgeigerin Alke Schmidt aus Chemnitz die Lieder. Die Chemnitzer Kantorin Maria Koschwitz und Leiterin des LeChaim-Chores, erzählt von einem Lied über Jerusalem, das Gott ihr vor einigen Jahren aufs Herz legte. Damals sei sie noch nie in Jerusalem gewesen, doch auf erstaunliche Weise habe sie sich bereits zu dieser Zeit mit dieser Stadt verbunden gefühlt.
„Warum diese Menschen hier singen, verstehe ich nicht, aber ich finde es großartig.“
Claudia, eine Chorsängerin, ist zum ersten Mal in Israel: „Hier singen zu dürfen, empfinde ich als große Ehre. Auch das Privileg, dass unsere Familien uns haben ziehen lassen. Wir haben so bewegende Begegnungen mit den Menschen.“ Bewegt war auch die Besucherin Veronika. Die Mittsechzigerin war vor 25 Jahren aus Russland nach Israel eingewandert: „Ich wohne allein und komme so gern hier her, weil ich in Gemeinschaft essen kann. Dass wir heute noch ein Konzert von Deutschen bekommen, ist einfach schön.“ Auch Anton, ein Student aus Russland, war von den Deutschen angetan: „Ich komme fast jeden Tag zum Mittagessen hierher, weil ich in der Nähe einen Ulpan besuche. Warum diese Menschen hier singen, verstehe ich nicht, aber ich finde es großartig.“
Philip erklärte den Deutschen nach dem Konzert: „Ich bin Holocaustüberlebender in der zweiten Generation. Mein Vater war in acht Konzentrationslagern. Wenn ihm jemand damals erzählt hätte, dass sein Sohn mal in Israel leben und dort Christen willkommen heißen würde, hätte er jeden für verrückt erklärt.“ Der gebürtige Holländer ist überzeugt: „Dass ich euch hier als Deutsche begrüße, zudem als Ostdeutsche, ist ein Geschenk vom Herrn.“ Der orthodoxe Jude erklärte gerührt: „Gott hat euch dazu bestimmt, hierher zu kommen. Und dass ihr nach Israel kommt, macht euch zu besonderen Menschen.“
Die einwöchige Chorreise endet am 21. Oktober. Außer in Jerusalem gab es Konzerte in Sderot und Hadera. Am Samstag ist ein Abschlusskonzert in Migdal vorgesehen.
Von: mh
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