JERUSALEM (inn) – Wie sich eine Gesellschaft in 70 Jahren wandelt, spiegelt sich auch in der Literatur wider, die im jüdischen Staat erscheint und gelesen wird. Anlässlich des Jubiläums hat die Israelische Nationalbibliothek nicht nur die Statistik zum Jahr 2017 veröffentlicht, sondern sie auch mit den Gegebenheiten von 1948 verglichen.
Demnach kamen vor 70 Jahren mehr als 2.000 neue Bücher auf den Markt – 2017 waren es insgesamt 7.692 Neuerscheinungen. Hebräisch spielt damals wie heute eine zentrale Rolle: Rund 90 Prozent der Bücher erschienen und erscheinen in dieser Sprache. Darauf folgt Englisch. Allerdings belegte 1948 das Jiddische den dritten Platz – ihn nimmt heute Arabisch ein. Zugenommen hat der Stellenwert der Dichtung. Im Jahr der Staatsgründung wurden in Israel nur 31 Lyrikbände veröffentlicht, im vergangenen Jahr waren es 387.
Die Scho’ah spielt bis heute eine wichtige Rolle in der israelischen Literatur. Vor 70 Jahren befassten sich 17 Bücher mit der europäischen Judenvernichtung, im vergangenen Jahr waren es 135. Dabei ist eine Entwicklung zu beobachten: Waren drei Jahre nach dem Holocaust Bücher über das Thema allgemein gehalten, so wurden 2017 vor allem individuelle Erfahrungen veröffentlicht. Überhaupt lesen Israelis gerne Biographien: Mehr als 300 neue Werke über Einzelpersonen kamen im vergangenen Jahr heraus.
Im Jahr der Staatsgründung hatte die Militärliteratur eine große Bedeutung. In 94 der neuen Bücher ging es um Armee und Kriegsführung. Heute ist der Anteil dieser Sparte unbedeutend. Rückläufig sind auch Werke zum Thema Israel – seien es Geschichtsbücher, Reiseführer, archäologische oder geographische Veröffentlichungen. Sie machten im ersten Jahr des jüdischen Staates etwa 20 Prozent der Neuerscheinungen aus. 2017 wurde dieser Wert mit 5,5 Prozent angegeben.
Comics für Haredim
Sachbücher und Ratgeber sind in Israel beliebter als vor 70 Jahren. 1948 erschien ein einziges Kochbuch: „Ich koche“ von Lilian Kornfeld. 2017 waren es 44 „sehr vielfältige und bunte“ Kochbücher, wie die Nationalbibliothek anmerkt. Unter den 202 Ratgebern befanden sich zudem 46 Reiseführer.
Die Kinderliteratur war vor 70 Jahren größtenteils dazu angelegt, den Jungen und Mädchen das Land und seine Eigenheiten nahe zu bringen, damit sie „echte Israelis“ werden. Kinderbücher machten 6,5 Prozent der Neurscheinungen aus. 2017 lag die Quote bei 14 Prozent. Bemerkenswert: Von den 88 im vergangenen Jahr erschienen Comics waren 60 für die ultra-orthodoxe Leserschaft bestimmt.
Im Gründungsjahr des Staates Israel waren 87 Prozent der Autoren männlich und 13 weiblich. Dies hat sich deutlich verändert: 2017 betrug der Anteil der Frauen 42 Prozent, während 58 Prozent der Verfasser Männer waren.
Für den digitalen Buchmarkt gibt es logischerweise keine Vergleichswerte. Im Jahr 2017 nahm die Nationalbibliothek in dem Bereich ungefähr 230 neue Titel auf. In ihrer Studie kommt sie zu dem Schluss, dass Bücher immer noch als „zentrale und bedeutsame Kulturvermittler und als wichtige Informationsquelle für das Verständnis der Tendenzen und Veränderungen in der israelischen Gesellschaft“ angesehen werden.
Von: eh