Das Jahr 1948 hat sich mit der Staatsgründung Israels in das arabische Gedächtnis als die „Nakba“, die „Katastrophe“, eingeprägt. Neben der Existenz des jüdischen Staates soll dieser Begriff vor allem das Phänomen beschreiben, dass etwa 700.000 bis 750.000 Araber unmittelbar vor und nach der Staatsgründung Israels flohen und teilweise vertrieben wurden. Um die Katastrophe präsent zu halten, hat der 2004 verstorbene Palästinenserführer Jasser Arafat den 15. Mai als den Nakba-Tag eingeführt, der seither in vielen Ländern begangen wird.
Der UN-Teilungsplan für das britische Mandatsgebiet Palästina im November 1947 hatte einen jüdischen und einen arabischen Staat vorgesehen, doch die arabischen Staaten akzeptierten eine Teilung nicht. Nach der Ausrufung des jüdischen Staates war das erklärte Ziel der arabischen Nachbarstaaten die Auslöschung Israels. Überzeugt, dass die arabischen Staaten die Armee des jungen Staates im Nu besiegen würden, folgten mehr als 700.000 lokale Araber der Aufforderung der Nachbarstaaten, ihre Häuser für kurze Zeit zu verlassen. In wenigen Tagen könnten sie in diese zurückkehren, lautete das Versprechen, weil der jüdische Staat bis dahin liquidiert sei. Außerdem sollten sie „nicht mit den arabischen einmarschierenden Kräften zusammenstoßen“, schrieb die jordanische Zeitung „Palästina“ am 19. Februar 1949. Der militärische Sieg Israels kam für die Araber überraschend und die Juden waren nicht bereit, sie wieder aufzunehmen.
Schnell sollte Hilfe für die Heimatlosen geschafft werden, und so wurde 1949 das Hilfswerk der Vereinten Nationen für arabische Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) gegründet. Die jüdischen Palästina-Flüchtlinge waren dabei ausgeschlossen.
Ein Zweiklassen-Flüchtlingssystem
Innerhalb der Vereinten Nationen beschäftigen sich zwei Organisationen mit den Belangen von Flüchtlingen: Das Amt der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) ist mit dem Schutz von Flüchtlingen sowie Staatenlosen beauftragt. UNRWA hingegen ist lediglich mit den Belangen der Araber betraut, „deren normaler Ort zum Leben zwischen dem 1. Juni 1946 und 15. Mai 1948 (im britischen Mandatsgebiet) Palästina war und die in Folge des Krieges von 1948 ihr Zuhause verloren“.
UNHCR schützt und unterstützt Binnenflüchtlinge in zahlreichen Ländern sowie Flüchtlinge weltweit. Außerdem setzt es sich auch für die freiwillige Rückkehr, die Integration oder die Umsiedlung von Flüchtlingen ein. Es wurde 1950 gegründet und nahm am 1. Januar 1951 seine Arbeit auf.
Die UNRWA begann ihre Tätigkeit am 1. Mai 1950, sie wird seitdem alle drei Jahre verlängert. Ursprünglich war die Organisation nur temporär gedacht, um den Flüchtlingen und Vertriebenen mit Nothilfe beizustehen, bis eine Regelung der Palästinafrage gefunden würde. Tatsächlich ist UNRWA auch fast sieben Jahrzehnte nach ihrer Gründung immer noch aktiv und die Unterstützung beschränkt sich längst nicht mehr auf Nothilfe.
Ein Lösungsansatz im Konflikt ist zum Gegenstand des Problems geworden: UNRWA beschäftigt mehr als 30.000 Mitarbeiter und hat damit einen Personalschlüssel von 1 zu 166, während der Schlüssel im UNHCR bei etwa 1 zu 6.500 liegt. UNRWA ist im Gazastreifen, dem Westjordanland, Jordanien, dem Libanon und Syrien tätig, wo es bis heute überfüllte Flüchtlingslager gibt.
Bedürfnisse werden zementiert
Nach eigenen Angaben ist eines der UNRWA-Ziele, „die Zeit vorzubereiten, wenn keine Hilfe mehr benötigt würde“. Doch UNRWA zementiert die Bedürfnisse: Weil sich der Flüchtlingsstatus der Palästinenser auf nachfolgende Generationen überträgt, zählt UNRWA heute mehr als fünf Millionen Flüchtlinge, von denen etwa ein Drittel in Flüchtlingslagern lebt.
Auf die Frage von Journalisten, warum die Palästinenser mit der UNRWA nach fast 70 Jahren immer noch eine eigenständige Organisation neben dem UNHCR bräuchten, referiert der langjährige Pressesprecher Paul Gunness die Geschichte der vergangenen Jahrzehnte. Der Mann wird für das Sprechen bezahlt, doch seine Aussage ist letztlich: „Warum? Darum!“ In dem Pressegespräch wird am Ende nicht deutlich, ob er seine eigenen Ausführungen für glaubwürdig hält.
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Von: mh