Für die Juden war gerade das Purim-Fest angebrochen, die Muslime begingen den Ramadan. An diesem 25. Februar 1994, einem Freitag, schien alles friedlich. Schon um fünf Uhr in der Früh hatten sich Araber in dem muslimischen Teil des Patriarchengrabs zum Morgengebet eingefunden. Da war der jüdische Arzt Baruch Goldstein bereits in seine Reservisten-Uniform geschlüpft und hielt sein Galil-Sturmgewehr bereit. Er passierte den Eingang der Stätte und schoss zehn Minuten lang auf die 800 Muslime, erschoss 29 und verletzte Dutzende, bis sein Gewehr stockte. Schließlich brachte ein Überlebender den 38-Jährigen mit einem Feuerlöscher zu Boden und weitere prügelten ihn zu Tode.
Auf das Massaker folgten Unruhen, bei denen weitere 19 Palästinenser und 5 Israelis ums Leben kamen. Der damalige Premierminister Jitzchak Rabin, später selbst Opfer eines Attentats eines jüdischen Fanatikers, nannte es „eine Schande für den Zionismus und ein Schandfleck für das Judentum“. Gegenüber dem damaligen Palästinenserführer Jasser Arafat sagte er: „Ich finde keine Worte, die stark genug sind, um meine Empörung auszudrücken.“ Eine deutliche Mehrheit der Israelis verurteilte das Massaker. Siedlervertretungen gehörten zu den ersten, die das Massaker als solches benannten und sich davon distanzierten.
Eine Frage des Gedenkens
Doch gab es auch Juden, die Gefallen fanden an der Tat. Für sie ist Goldstein ein „Heiliger“ und „Märtyrer“. 1998 musste ein Gesetz gegen ein Denkmal zu Goldsteins Ehren auf den Weg gebracht werden. Im folgenden Jahr zerstörte die israelische Armee dieses dann. Das ehrenhafte Gedenken war damit jedoch nicht ausgelöscht. Noch vor vier Jahren hielten einige Siedler in Hebron zum Jahrestag des Massakers eine Zeremonie in Erinnerung an Goldstein ab.
Dass das Massaker gerechtfertigt war und eines der Araber verhinderte, wie Goldsteins Anhänger behaupten, ist die Denkweise von Extremisten, die von einer breiten Mehrheit der Juden – und auch einer breiten Mehrheit der Siedler – nicht getragen wird, genauso wenig wie der gegenwärtige Vandalismus einiger jüdischer Siedler. Auf der arabischen Seite versäumen es Politiker und Geistliche meist, sich von Massakern an Juden zu distanzieren. Terroristen, die aus israelischer Haft entlassen werden, erwartet zumeist ein heldenhafter Empfang, Selbstmordattentäter gelten als Märtyrer. Als die Palästinenserin Wafa Idris Anfang 2002 in Jerusalem einen Bombenanschlag verübte, bei dem ein 81-Jähriger getötet und etwa 100 Menschen verletzt wurden, waren arabische Zeitungen voll des Lobes.
Jede Gesellschaft hat ihre Extremisten. Es ist ihre Aufgabe, deren Taten zu verhindern und für ein Umdenken zu werben. Das Massaker Baruch Goldsteins ist abscheulich, ebenso wie ähnliche Taten von arabischer Seite. Beklemmend ist es aber auch zu sehen, wenn etwa Palästinenser ihre Kinder im Fernseher Märtyrer besingen lassen. Hier vollzieht eine Gesellschaft Gehirnwäsche, die Extremismus nach sich zieht.