Mit alten Putzlappen hat sich die Tschechin Tova Adler als Jugendliche verhüllt. Nur so getarnt konnte sie ihren Judenstern ablegen, vor die Tür gehen und auf dem Markt Taschen verkaufen, um mit dem Geld Lebensmittel zu erstehen. An der Tür klopfte es dennoch schon kurze Zeit später. „Verfluchte Juden, kommt raus!“, riefen die Soldaten von draußen. 14 Jahre war die heutige Pensionärin damals alt. Auf der Flucht verliert sie ihre ganze Familie. Auch sie selbst schafft es nicht, den Nazis zu entkommen. Noch in derselben Nacht wird sie deportiert. Das erste, was sie sieht, als sie den Zug verlässt, ist das Eingangstor des KZ Auschwitz mit dem Spruch: „Arbeit macht frei“. „Ich möchte überleben und der Welt die Wahrheit erzählen“, denkt sie damals. Und überlebt hat sie. Nahe Dachau muss sie bis zum Ende des Krieges in einer Waffenfabrik arbeiten. Eine jüdische Hilfsorganisation greift sie auf und bringt sie ins heutige Israel.
Tova Adler ist eine von 200.000 Holocaust-Überlebenden in Israel. Zehntausende von ihnen leben wie sie heute unter der Armutsgrenze und müssen durchschnittlich von 400 bis 500 Euro im Monat leben. Dagegen will die „Aktion Würde und Versöhnung“ etwas unternehmen. Gemeinsam mit Tova Adler stellten die Verantwortlichen ihre Arbeit am Freitag in Berlin vor. Gegründet wurde das deutsch-israelische Projekt im vergangenen Jahr vom Verein „Initiative 27. Januar“ und den israelischen Organisationen „Hadassah“, „Keren Hayesod“ und „Helping Hand Coalition“. Gemeinsam wollen sie in Deutschland das Bewusstsein für das Leid Holocaust-Überlebender stärken und finanzielle Hilfe zur Verfügung stellen. Immer wieder bringt die Aktion Zeitzeugen nach Deutschland, die von ihrer Vergangenheit berichten und sammelt Spenden.
„Ich bin jedes Jahr mehrmals in Israel gewesen und hatte keine Ahnung davon, wie schlecht es den Holocaust-Überlebenden geht“, erklärt Harald Eckert, Vorsitzender der „Initiative 27. Januar“. Ein Zeitungsartikel habe ihn 2007 auf das Leid der Juden, die den Nazis entkommen waren, aufmerksam gemacht. Am meisten litten russisch-stämmige Juden. Durch ihr Leben in der ehemaligen Sowjetunion seien sämtliche Wiedergutmachungsansprüche an ihnen vorbeigegangen. Weil der Staat, in dem sie einst lebten, zusammenbrach, mussten sie zudem auf ihre Rentenansprüche verzichten. „Die Zivilgesellschaft muss aktiv werden“, fordert Eckert. Er wünscht sich mehr Engagement aus Deutschland für Bedürftige in Israel. Einen höheren fünfstelligen Betrag habe die „Aktion Würde und Versöhnung“ bereits im vergangenen Jahr sammeln können. Eckert versteht das als einen „Startschuss“.
Tova Adler lebt derzeit in einem „Amigour“-Center in Tel Aviv. „Amigour“ ist eine Non-Profit-Organisation. Das Zentrum bietet Armen Unterkunft, psychologische Betreuung und Hilfe im täglichen Leben. Über 7.500 Holocaust-Überlebende sind dort untergebracht. Die Arbeit ist ein Beispiel dafür, wie denjenigen, die heute in Not sind, geholfen werden kann. Das „Amigour Center“ ist eines verschiedener Projekte, das von der „Aktion Würde und Versöhnung“ unterstützt wird.