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Generalstabschef: Verschlechterung der Sicherheit droht

HERZLIJA (inn) – „Ein Krieg in unmittelbarer Zukunft ist unwahrscheinlich. Aber die Wahrscheinlichkeit einer Verschlechterung der Sicherheitslage ist sehr hoch.“ Das sagte Generalleutnant Benni Gantz, Generalstabschef der israelischen Armee, über die Gesamtlage, vor allem in den arabischen Ländern um Israel herum. Er beurteilte am Montagabend auf der 13. jährlichen Sicherheitskonferenz in Herzlija die aktuellen „Herausforderungen von Israels nationaler Sicherheit“.
Der Generalstabschef Gantz sprach am Montagabend bei der Herzlija-Konferenz.

Im Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre meint Israels höchster Vertreter in Uniform: „Es gibt eine Konstante: Nichts ist konstant!“ Kurz ging er auf die Konfliktherde Libanon, Syrien, Sinai und Gaza ein, um dann festzustellen: „Keine Woche, kaum ein Tag vergeht, an dem ich mich nicht Fragestellungen ausgesetzt sehe, von denen man bislang noch nie etwas gehört hat, die aber ganz schnell zu einer strategischen Bedrohung werden können.“
Bei Syrien ist sich Israels Generalstabschef sicher: „Die Leute, die heute Assad bekämpfen, werden sich morgen gegen uns wenden – und haben dann die erstaunlichen strategischen Fähigkeiten der Syrer in Händen.“
Der Libanon und Syrien sind aus Gantz‘ Sicht ein und dasselbe Schlachtfeld an zwei Fronten. Mit Sorge beobachte er das Engagement der Hisbollah in Syrien und meint: „Die vergangenen sieben Jahre waren ziemlich ruhig. Sollte diese Ruhe nicht anhalten, werden wir zu reagieren wissen.“ Seine abschließenden Worte zur Gefahr aus dem Norden klangen wie ferner Geschützdonner: „Dann möchte ich lieber ein Bürger Israels sein, als ein libanesischer Einwohner.“
Zur Lage auf dem Sinai und in Ägypten erklärte Gantz: „Ägypten hat ein Interesse, für Sicherheit auf der Sinaihalbinsel zu sorgen – nicht um unseret-, sondern um ihretwillen.“ Allerdings müsse jeder verstehen, dass auch dort die Lage im Fluss sei.
Die „absolute Ruhe“ um den Gazastreifen in den vergangenen vier Monaten beweist aus Sicht des israelischen Generalstabschefs, „dass die Ziele der Operation Wolkensäule vollkommen erreicht“ worden seien. Entscheidend sei bei der im Gazastreifen herrschenden Hamas, dass man zwischen Worten und Taten unterscheide – wobei in diesem Fall Israels Soldat Nummer Eins unterstrich, dass die Reden Hetze seien, während die Hamas gleichzeitig ausgesprochen zurückhaltend handle. Auch in Richtung Süden durfte zum Schluss der Analyse die unverhohlene Drohung nicht fehlen: „Wir sind auf alles vorbereitet!“
Der Krieg im Datenraum, englisch „Cyberwarfare“, ist die große Herausforderung der Zukunft. „Aber wir können nicht nur Videospiele spielen“, erklärte Gantz, der seine Gesprächspartner in der Regel um Haupteslänge überragt. „Wir müssen auch in Zukunft in die Tunnel in Gaza, in die Fuchslöcher und Dörfer eindringen. Die physische Präsenz vor Ort ist unerlässlich. Das gilt für künftige Schlachten und darauf müssen wir uns einstellen.“

Armee künftig kleiner, aber stärker

Laut Gantz wird Israels Armee künftig kleiner und stärker werden müssen: „Entscheidend sind die Herausforderungen, denen wir gerecht werden müssen.“ Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Einfallsreichtum sind gefragt. „Wir brauchen eine schnellere, wendigere, schlagkräftigere Armee, die besser ausgerüstet und besser ausgebildet ist.“
Mit Blick auf die Einziehung ultra-orthodoxer Juden zum Wehrdienst betonte der Generalstabschef, der Prozess müsse „langsam und schrittweise“ geschehen. Bislang sei das sehr gut gelaufen und der Beitrag der Ultraorthodoxen sei lobenswert. Als Antwort auf ultra-orthodoxe Befürchtungen und Gerüchte, die Armee sei der „Schmelztiegel der Nation“, versicherte Gantz: „Die Haredim kommen ultra-orthodox und werden ultra-orthodox wieder gehen.“

Optimismus in der Bevölkerung

Der Blick der israelischen Bevölkerung in die Zukunft ist von sehr viel Optimismus geprägt. Zu diesem Schluss kommt Professor Gabriel Ben-Dor von der Schule für politische Wissenschaften der Universität Haifa auf der Konferenz bei der Auswertung eines Stimmungsbarometers der Israelis für 2013. Diesen Optimismus und das Vertrauen in die Zukunft hält der Politikwissenschaftler für das wichtigste Potential Israels.
Im Vergleich zu den vergangenen Jahren hatten die Israelis noch nie so wenig Angst vor einem Angriff aus dem feindlichen Ausland. Dabei ist bemerkenswert, dass sich jüdische Israelis weniger fürchten als ihre nichtjüdischen Mitbürger. Noch nie in der 65-jährigen Geschichte des Staates hatte die jüdische Öffentlichkeit in Israel so wenig Angst vor Terror wie heute.
Die von Ben-Dor ausgewerteten Umfragen ergaben zudem, dass die arabische Öffentlichkeit den politischen Institutionen des jüdischen Staates entschieden mehr Vertrauen entgegenbringt, als die jüdische Mehrheit. Dies gilt auch und besonders im Blick auf das Oberste Gericht des Landes.
Entgegen Medienberichten genießt die israelische Armee – im Gegensatz zum politischen Etablissement – ein Vertrauenshoch aller Zeiten, auch unter nichtjüdischen Israelis. Ben-Dor fasst seine Erkenntnisse zusammen: „Der Durchschnittsisraeli glaubt nur an Generäle und Richter.“
Eine Untersuchung des Patriotismus der israelischen Bürger zeigt, dass es keinen erkennbaren Unterschied zwischen „links“ und „rechts“, „religiös“ und „säkular“ in dieser Hinsicht gibt – wobei hier etwa zehn Prozent ultra-orthodoxer Juden ausgenommen wurden.

Drusen zunehmend kritischer

Interessant ist, dass die drusische Bevölkerung Israels die Aussage „Ich liebe Israel und bin stolz darauf!“ in den vergangenen zehn Jahren zunehmend kritisch sieht. Die Drusen sind eine äußerst loyale, arabisch-sprechende Minderheit in Israel, die praktisch seit Staatsgründung Militärdienst leistet. Als Grund für den dramatischen Rückgang der Begeisterung für den Staat unter der drusischen Bevölkerung nennt Ben-Dor das Fehlen einer fairen Lastenverteilung. Die Drusen beteiligen sich überdurchschnittlich an der Sicherheitslast des jüdischen Staates und sind unzufrieden darüber, dass ultra-orthodoxe Juden und andere Araber sich daran nicht beteiligen.
Die Sicherheitskonferenz findet jährlich in Herzlija, einem Ort am Mittelmeer wenige Kilometer nördlich der Metropole Tel Aviv, statt. Vom 11. bis 14. März wird sie in diesem Jahr zum dreizehnten Mal im Dan Accadia Hotel abgehalten. Veranstalter ist das Institut für Politik und Strategie (IPS) des Interdisziplinären Zentrums (IDC) Herzlija. Alles, was Rang und Namen in der israelischen Gesellschaft hat, höchste Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Militär und Diplomatie, diskutieren in diesen Tagen Fragen um die Sicherheitslage und Außenpolitik des jüdischen Staates.
Parallel zur offiziellen Konferenz, die auf Englisch per Live-Stream im Internet (www.herzliyaconference.org) verfolgt werden kann, finden die so genannten „Herzliya Roundtable Sessions“ statt, in denen Regierungsvertreter, Akademiker und Experten in Kleingruppen aktuelle Fragen unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutieren.

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