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Gedenken und Feiern mit gemischten Gefühlen

Der Unabhängigkeitstag ist ein Grund zum Freuen. Doch in diesem Jahr will die Freude nicht recht aufkommen. Der Feiertag dümpelt vor sich hin.
Von Merle Hofer
Flagge Unabhängigkeit

Für viele Israelis ist der Jom HaSikaron der schwerste Tag im ganzen Jahr. Nahezu jeder kennt jemanden, der in den vergangenen Kriegen oder durch einen Terroranschlag ums Leben kam. Familien und Freunde besuchen Gräber von Verstorbenen, das ganze Volk ist in Trauer vereint, wenn um 20 Uhr für eine Minute die Sirene ertönt und am nächsten Morgen um 11 Uhr für zwei Minuten. Vielen ist bewusst, dass es genauso auch sie selbst hätte treffen können.

Der Jom HaSikaron auf dem Herzl-Berg wirkte in diesem Jahr noch trauriger als sonst

Einen Tag später findet am Abend die Fackelzeremonie auf dem Herzl-Berg in Jerusalem mit geladenen Gästen und stark begrenzten Plätzen statt. Diese führt die Gesellschaft vom trauernden Gedenktag, Millionen verfolgen die Zeremonie gemeinsam vor dem Fernseher. Der Unabhängigkeitstag wird von Israelis mit Stolz begangen. Direkt nach der Zeremonie beginnen die Feierlichkeiten in den großen Städten und kleinen Ortschaften.

Die Menschen hüllen sich in Israel-Fahnen oder schmücken sich mit Haarreifen, Ohrringen oder großen Plastikhämmern, die mit der israelischen Flagge bedruckt sind. Die Hauptstraßen der großen Städte sind überfüllt: alle paar Hundert Meter stehen DJs, um die sich Horden von – nicht nur jungen – Leuten sammeln und zu der Musik tanzen. Musik liegt in der Luft, die Schwere des vorangegangenen Tages ist wie weggefegt. Den Bewohnern des jungen Staates ist bewusst, dass seine Existenz nicht selbstverständlich ist – und das will gefeiert werden.

Ein Höhepunkt am Tag sind die künstlerischen Darbietungen der israelischen Luftwaffe. Die Bürger lesen vorher nach, zu welcher Zeit die Flieger ihre Formationen über dem eigenen Wohnort zeigen. Nur um sich dann wieder der Lieblingsbeschäftigung des Tages zu widmen: dem Grillen mit Familie und Freunden.

Ein trauriger Unabhängigkeitstag

Doch in diesem Jahr war vieles anders als gewöhnlich: Der Jom HaSikaron schien noch schwerer, die Schweigeminute am Abend wirkte länger, die zwei Minuten am Morgen noch trauriger. Und manche fragten sich, ob es den üblichen Übergang vom Gedenken zum Feiern überhaupt gab. Schließlich waren sich viele einig: „Das ist der traurigste Unabhängigkeitstag, den wir je erlebt haben.“

Die Fackelzeremonie am 76. Unabhängigkeitstag war stark reduziert – unter anderem auf Wunsch der Familien der 132 im Gazastreifen verbliebenen Geiseln. Die Straßenpartys in den Städten fielen aus – mit Ausnahme der Stadt Holon – so als hätte man dort sagen wollen: „Jetzt erst recht!“. Und auch die geliebte Flugschau wurde abgesagt – denn die Kräfte der Luftwaffe müssen sich ganz und gar auf den aktuellen Gazakrieg konzentrieren!

Familien trafen sich zuhause, und vereinzelt gab es Feiern – aber nur im privaten Kontext. Gegrillt haben die Israelis auch in diesem Jahr wie eh und je. Andere nutzten den freien Tag für Ausflüge in die Natur und die zahlreichen Nationalparks.

In Jerusalem hat die Stadtverwaltung am 76. Unabhängigkeitstag ein kulturelles Angebot für die Innenstadt organisiert. Musik und Schauspiel ziehen einige Tausend Besucher an.

Für Kritik sorgte Premierminister Benjamin Netanjahu: er nahm an keiner feierlichen Zeremonie des Unabhängigkeitstages teil. Lediglich stattete er verwundeten Soldaten im Krankenhaus Tel HaSchomer in Ramat Gan Scheba-Krankenhaus einen Besuch ab. In Jerusalem fragte eine Frau bei einem Spaziergang durch die Stadt: „Ob unseren Politikern bewusst ist, wie traurig die Stimmung hier ist?“ Und antwortete sich gleich selbst: „Wahrscheinlich merken sie es nicht mal, weil sie ja gar nicht hier sind, sondern sich zu Hause mit ihren Freunden zum Grillen treffen.“

Die Jerusalemer Stadtverwaltung hatte für den Nachmittag ein „lebendiges Museum“ im Stadtzentrum organisiert: Dort spielten an verschiedenen Orten Musiker zionistische und klassische Lieder und Schauspieler stellten die Geschichte des Staates Israel dar. Doch die Stimmung war niedergedrückt. Vereinzelt saßen Menschen um die Künstler, um einige bildeten sich auch Menschentrauben.

Eine Besucherin sagte: „Die Stimmung ist so traurig. Das merkt man auch den Menschen an, die herkommen. Einerseits wollen sie raus von zuhause. Aber dann sind sie zögernd. Weil sie sich an ihre Trauer erinnern. Und gehen ungeduldig weiter.“

Tröstende Botschaft aus Amerika

Am Jerusalemer Paris-Platz, nur wenige Meter von der Residenz des Premierministers gelegen, gab es auch am ausgehenden Gedenktag für die Gefallenen Israels und die Terror-Opfer eine kleine Demonstration. Auf der Wiese hatten Demonstranten Kerzen entzündet und dazu handschriftlich geschrieben: „834 ermordete israelische Zivilisten, 11.540 israelische Verwundete, 711 im Krieg gefallene Soldaten, 132 israelische Geiseln, 34.844 Menschen in Gaza getötet, 200.000 aus ihren Häusern evakuierte Israelis.“

Am Jom HaSikaron haben sich Demonstranten an einer Bilanz des vergangenen Jahres versucht

Passanten gingen in gedrückter Stimmung vorbei, einer sagte ärgerlich: „Eine traurige Bilanz für das letzte Jahr. Doch 200.000 Evakuierte sind es längst nicht. Und warum muss man die Propaganda-Zahlen der Hamas übernehmen?“ Am Paris-Platz versammelten sich erneut, Hunderte Menschen, um Lieder im Gedenken an die Geiseln zu singen.

Und in einem Jerusalemer Haushalt saß ein gläubiger Jude und empfahl seinen Freunden, den Gottesdienst einer amerikanischen Mega-Kirche anzuschauen. Die Predigt von Johnnie Moore stand unter dem Titel „Warum wir Israel lieben“. Der Gottesdienst ist zwar schon vom Oktober, die Botschaft ist aber auch 76 Jahre nach Israels Gründung noch aktuell.

Der Pastor beantwortet seine Frage „Warum wir Israel lieben?“ gleich selbst: „Dafür gibt es viele Gründe. Aber einige liegen auf der Hand: 1. Weil wir die gleiche Schrift haben, 2. Weil wir die gleichen Werte haben, 3. Weil wir die gleichen Helden haben.“

Die Jerusalemer hörten von dem amerikanischen Christen auch die deutliche Botschaft: „Gebt die Geiseln frei! Jetzt!“ Die gläubigen Juden waren begeistert. Und fragten ungläubig: „Seit wann stellen sich Christen so klar an unsere Seite?!“

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3 Antworten

  1. Die gläubigen Juden waren begeistert. Und fragten ungläubig: „Seit wann stellen sich Christen so klar an unsere Seite?!“
    Ich kann Ihr Zweifeln verstehen und schäme mich zutiefst für unsere christliche Geschichte, die leider auch heute noch in vielen Theologien schrecklich präsent ist. Umso dankbarer bin ich, mich in einer großen Gemeinschaft chrtistlicher Israelfreunde zu wisssen, deren Liebe zu Israel ihnen viel wichtiger ist als jegliches theologisches Gezänk.

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  2. Und trotzdem werden sie weiterleben und auch wieder fröhlich feiern und es werden noch viele Unabhängigkeitsfeiern abgehalten werden,denn Israel lebt und hat noch eine große Zukunft.
    Der gegenwärtige Krieg wird sie eher stärken , als schwächen, sie werden viele Schlüsse für die Zukunft daraus ziehen und gestärkt daraus hevorgehen. Ihre Feinde werden das zähneknirschend zur Kenntnis nehmen müssen. Sie sind trotz allem Negativen einzigartiges und besonderes Volk.
    Über sie wacht ja auch der Einzigartige, der Erhabene, der Erlöser und Erretter, auch der Rächer über alles Unrecht das ihnen zugefügt wird und wurde. Es gibt wirklich HOFFNUNG.

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  3. Möge der Heilige sein Volk schützen, das kleine Land wieder erhellen und zu seinem Recht verhelfen! Möge der Frieden von Dauer sein! Möge es viele Nachbarn geben, die erkennen wie schön es ist mit Juden in Israel zu leben! * AM ISRAEL CHAI und dann erst *SHALOM

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