JERUSALEM (inn) – Der israelische Oppositionspolitiker Benny Gantz hat am Sonntag seinen Rücktritt aus dem Kriegskabinett erklärt. In einer Ansprache erhob der Chef der Partei Staatslager Vorwürfe gegen Regierungschef Benjamin Netanjahu (Likud). Dieser verhindere einen „wahren Sieg“ gegen die Terror-Organisation Hamas.
Gantz sprach von „schicksalhaften strategischen Entscheidungen“, nannte aber keine Details. Außerdem beklagte er Zögerlichkeit aufgrund politischer Erwägungen. Zudem habe Netanjahu keinen Nachkriegsplan für den Gazastreifen. Ein solcher Plan wäre für Gantz Bedingung gewesen für einen Verbleib im Kriegskabinett.
Neuwahlen gefordert
Der frühere Armeechef richtete die Kritik auch an sich selbst. Es sei während seiner Amtszeit nicht gelungen, viele Geiseln zu befreien. „Wir haben viel versucht – aber wir haben den Test nicht bestanden.“ Dafür trage auch er Verantwortung.
In seiner Ansprache rief Gantz Netanjahu auf, Neuwahlen im Herbst anzusetzen. Seine Parteikollegin Pnina Tamano-Schata brachte bereits am 30. Mai einen Gesetzesvorschlag zur Auflösung der Knesset ein.
Gantz unbeirrbar
Netanjahu bemühte sich indes, Gantz zum Umdenken zu bewegen. Noch während Gantz seine Ansprache hielt, ging Netanjahu an die Mikrofone. Die Tür bleibe offen „für alle zionistischen Parteien, die bereit sind, die Last zu tragen und dabei zu helfen, einen Sieg über die Feinde zu erringen und die Sicherheit der Bürger sicherzustellen“.
Der Appell war erfolglos. Neben Gantz verließen auch seine Parteifreunde Gadi Eisenkot, ebenso wie Gantz ein früherer Armeechef, und Chili Tropper das Kriegskabinett. Die beiden gehörten dem Gremium als Beobachter ohne Stimmrechte an.
Eisenkot äußerte ebenfalls Kritik an Netanjahu. Dieser habe das Kriegskabinett lange davon abgehalten, Entscheidungen zu fällen, schrieb er in einem Brief. Diese Entscheidungen wären aus Sicht von Eisenkot aber notwendig gewesen, um die Kriegsziele zu erreichen und die strategische Position Israels zu verbessern.
Ben-Gvir fordert Platz im Kriegskabinett
Unterdessen sieht Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir (Jüdische Stärke) die Chance, dem Kriegskabinett beizutreten. „Es ist Zeit, mutige Entscheidungen zu treffen und den Bewohnern des Südens und des Nordens sowie ganz Israels Sicherheit zu bringen“, schrieb er am Sonntag auf Facebook.
Ben-Gvir gab außerdem bekannt, dass seine Partei wieder mit der Koalition stimmen werde. Am Mittwoch hatte er die Zusammenarbeit ausgesetzt. Anlass war der neue Plan zu einem Geiseldeal. Ben-Gvir trieb dabei die Vermutung, dass Netanjahu hierbei nicht alle Details veröffentlicht hat. Insbesondere sei er dagegen, wenn zu den Bedingungen ein Kriegsende gehöre, bevor die Hamas zerschlagen ist. (df)
10 Antworten
Die Situation in Israel ist nicht leicht. Es ist aber nicht gerechtfertigt, „Bibi“ die Schuld zu geben.
Schließlich hat die HAMAS das Biden-Friedensangebot abgelehnt, Israel wird sowohl von Hamas als auch von der Hisbollah beschossen, es bleibt also nur der Kampf durch die IDF für mehr Sicherheit.
Ein Ende des Krieges sehe ich nicht, und Neuwahlen wären jetzt schlecht, denn nur Hamas u. Hisbollah könnten sich erfreuen, wenn Israel durch Wahlkampf abgelenkt wäre.
IDF muss weiter kämpfen, wir müssen für Israel beten, dass die Zeiten besser werden…
Ja, die Zeiten für Israel sind schwierig. Und die Weltöffentlichkeit steht nicht mehr an der Seite Israels im Kampf gegen die Hamas und Hesbollah Terroristen. Es wird nur auf die toten Palästinenser in Gaza geschaut, die Zerstörung dort, wobei die fiese Taktik der Hamas die Zivilisten als menschliche Schutzschilder zu missbrauchen, nicht durchschaut wird. Und drei der befreiten Geiseln ja in der Wohnung eines Hamas Unterstützers festgehalten wurden. Und die Hamas die Palästinenser dafür bezahlt.
Somit sind sie keineswegs völlig unschuldig, sondern zumindst mitverantwortlich. Ob ein Waffenstillstand hilft die restlichen Geiseln frei zu bekommen? Die Hamas hat Bidens drei Stufen Plan doch schon abgelehnt und klar gesagt, dass sie niemals ihre Macht und Einfluss in Gaza abgeben werden.
Letztlich ist es doch so: Wer blickt noch durch? Wir alle wissen nicht, was hinter verschlossenen Türen besprochen wurde.
Die USA stellen jetzt einen Antrag im UN Sicherheitsrat, dass Bidens drei Phasen Friedensvorschlag angenommen wird. Wir werden sehen, wie es weitergehen wird.
Nur Russia stimmte dagegen.
Na ja, Russland hat sich enthalten, weil noch zu viele Unsicherheitsfaktoren inbegriffen seien. Von Israel und Hamas heißt es, sie begrüßen den Vorschlag. Aber beide Seiten rücken bis jetzt nicht von ihren Kriegszielen ab. Heißt: Deal or no Deal. Wir dürfen nicht nachlassen im Gebet.
Auch in so einer schweren Zeit darf liebevoll gestritten werden, im Gegenteil Diskussionen und vielleicht sogar auch leidenschaftliche Gespräche können helfen Lösungen und bessere Wege zu finden. Dabei geht es nicht darum irgendjemanden die Schuld zu geben. Das hilft auf Dauer sowieso nicht, sondern macht alle nur traurig. Niemand vergisst, dass die Hamas Israel angegriffen hat und Kummer und Leid über alle gebracht hat. Netanjahu ist selbst ein Verletzter, er hat seinen Bruder in Mogadischu verloren und trägt die Verletzung des Holocaust mit sich wie alle Juden. Er hat Israel eine lange Ära des Friedens gegeben, jedoch niemand ist perfekt und niemand muss in den Augen Gottes perfekt sein. ADONAI kennt unsere Schwächen und Verletzungen und nur er allein kann es wirlich gut machen. Ich wünsche der IDF die beste Strategie, dass es Araber gibt, die zum Frieden finden und dass Israel den Sieg davon trägt, den es braucht um wieder aufzublühen. AM ISRAEL CHAI *SHALOM
Yonatan starb in Entebbe, nicht in Mogadischu. Dennoch trägt Netanjahu die Gesamtverantwortung für das Versagen seiner Kräfte im Vorfeld des 7. Oktober. Er sollte das Rückgrat haben, dies einzugestehen, das würde ihm auch Respekt verschaffen unter den Kritikern von Links und somit zur Einigung beitragen. Sein stures Ablehnen der Verantwortung ist menschlich nicht akzeptabel und schadet dem Ansehen seiner Regierung und fördert die Spaltung. Gantz‘ Entscheidung hingegen ist auf seinen Vorteil aus und den seiner Partei, indem er Neuwahlen für wichtiger hält als den Zusammenhalt. Er spielt genau in die Hände von Hamas, die spalten wollen.
Die Israelis sehen es nicht gern, wenn wir Deutsche ihnen sagen, was sie tun und lassen sollen. Das ist auch viel zu schwierig, da hineinzuschauen und auch nicht unsere Aufgabe. Bibi wird sich so oder so noch verantworten müssen, andere haben es mit ihrem Rücktritt schon getan.
Ich habe nur Bauchweh, wenn Ben Gvir in das Kriegskabinett eintritt. Seine rechtsradikale Haltung wird weder den Palästinensern noch den Israelis gut tun.
Viele kritisieren Ben-Gvir, aber wo er Recht hat, hat er Recht: Warum haben das Militär und Shin-Bet insgesamt 80 Terroristen freigelassen? Ohne jede Forderung an Hamas? Wie kann man das den über 600 Familien der gefallenen Soldaten schmackhaft machen oder denen der Geiseln? Die linke Presse berichtet gar nicht darüber, nur auf jns.org findet man, dass Ben-Gvir als einziger MK dies anprangert. Als ein Zeichen guten Willens war das wohl z.T. gemeint – das war aber genau das „politische Rezept“, welches zum 7. Okt. führte. Es ist doch erschütternd, dass es nach dem 7. Okt. wieder die gleichen Politiker sind, die noch immer an das Gute in Gaza glauben wollen und ihre Fehleinschätzung dieser Ideologie offensichtlich nicht eingestehen wollen. Die Israelis haben es nicht verdient, dass ihre Politiker mit ihnen Spielchen treiben, egal von welcher Seite sie kommen. Man kann Probleme nicht mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Haben wir in Deutschland denn nicht das gleiche Problem? Wo die Ideologie den Glauben ersetzt, da entstehen totalitäre Systeme.