Israelnetz: Frau Heinrich, Sie sind die neue Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe. Sind Sie eine Israel-Expertin?
Gabriela Heinrich: Ich bin auf dem Weg dorthin. In den vergangenen Monaten habe ich sehr viele Termine absolviert, um mich in das Thema einzuarbeiten. Ich habe das Gespräch mit Menschenrechtsorganisationen, Kulturschaffenden und politisch Verantwortlichen gesucht. Dazu gehörte auch ein Treffen mit dem israelischen Botschafter Ron Prosor. Auch mein diesjähriger Besuch in Israel hat mir einen tiefen Einblick zur aktuellen Lage gewährt. Was Parlamentariergruppen angeht, bin ich nicht unerfahren. In den vergangenen beiden Legislaturperioden habe ich die Gruppe der Maghreb-Staaten geleitet. Nun war es uns als SPD wichtig, der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe vorzusitzen.
War das Ihr erster Israel-Besuch?
Ja. Die nächste Reise ist aber schon in Planung. Israel ist ein sehr wichtiges Land für meine politische Arbeit.
Ihr Highlight auf der Reise war …
… die Vielfältigkeit und der kulturelle Reichtum des Landes, etwa Israels architektonischer Reichtum. Dafür habe ich eine Affinität. Die Fassaden sind so unterschiedlich. Ich bewundere den Mut in der israelischen Architektur. So kommen sehr interessante und außergewöhnliche Bauten heraus.
Zurück zur Parlamentariergruppe: Sie sagten, die Gruppe sei der SPD wichtig. Warum?
Tatsächlich war die deutsch-israelische Parlamentariergruppe die erste, für deren Vorsitz sich die SPD entschieden hat. Die Parlamentariergruppen werden unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen verteilt. Fakt ist, das wir als SPD schon sehr lange gute Kontakte zu Israel haben. Zum Beispiel durch Willy Brandt.
… dem ersten deutschen Kanzler in Israel.
In dieser Tradition sehen wir uns weiterhin. Die SPD-Fraktion ist sehr darauf aus, eine freundschaftliche und ernsthafte Beziehung zu Israel zu pflegen. Dazu gehört auch der offene Austausch über strittige Themen.
Das würden aber andere Parteien auch von sich behaupten. Woran machen Sie diesen Anspruch fest?
Dialog und Zusammenarbeit schaffen das notwendige Vertrauen für die Partnerschaft zwischen Deutschland und Israel. Über genau dieses Vertrauen möchten wir uns für eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts einbringen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass der einzige Weg für dauerhaften Frieden eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung wäre. Sie ist und bleibt der Grundpfeiler unserer Nahost-Politik. Auch als Nürnbergerin bin ich dahingehend sehr geprägt.
Inwiefern?
Mein Wahlkreis Nürnberg hält eine Städtepartnerschaft zu Hadera in Israel und hat eine große israelitische Kultusgemeinde, die von einem SPD-Stadtrat aufgebaut wurde. Ich pflege viele freundschaftliche Kontakte zu Jüdinnen und Juden – die Lage in Israel ist in solchen Gesprächen immer präsent.
Auch mit diesem Hintergrund: Welche Bedeutung haben für Sie die deutsch-israelischen Beziehungen?
In der jetzigen politischen Lage mit all den weltweiten Krisen besteht die Gefahr, dass manche Themen in den Hintergrund rücken. Israels Existenzrecht ist für uns Staatsräson. Ein gutes Verhältnis zu Israel wird dabei immer wichtig für uns sein. Dazu kommt die schmerzliche Entwicklung in Deutschland, dass antisemitische Straftaten wieder zunehmen.
Das bedeutet, Sie wollen auch dem Thema Antisemitismus in Deutschland als Vorsitzende der deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe mehr Beachtung schenken?
Ja, wir werden uns in der Parlamentariergruppe damit beschäftigen. Auf Vorschlag des israelischen Botschafters wird sich die Parlamentariergruppe mit der israelischen Botschaft über mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus in Deutschland auseinandersetzen.
Wie kann Antisemitismus aus den Köpfen verschwinden?
Der Austausch ist essentiell. In meinem Wahlkreis haben wir kürzlich eine Stadtführung zum jüdischen Leben in der Stadt organisiert, dazu gehörte auch der Besuch einer Synagoge. Die Bürgerinnen und Bürger hatten großes Interesse am jüdischen Leben. Es ist wichtig, Orte der Begegnung zu schaffen. Gerade junge Menschen sollten in Kontakt mit Jüdinnen und Juden kommen und stärker darüber aufgeklärt werden, was es heißt Antisemitismus ausgeliefert zu sein. Das funktioniert fernab jeder politischen Ebene. Als Parlamentarier ist unsere Aufgabe, Initiativen zur Bekämpfung von Antisemitismus zu ergreifen. Die Ampel-Koalition plant dazu eine eigene Antisemitismus-Strategie. Sie soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden.
Wissensvermittlung über Antisemitismus geschieht in Schulen meist anhand der deutschen Geschichte.
Das Thema Holocaust und die daraus entstehende Verantwortung wird in den Schulen gut aufgearbeitet. Die Frage bleibt aber, ob junge Menschen sich darüber hinaus mit dem Thema beschäftigen. Schwierig ist, dass wir bald keine Zeitzeugen mehr haben. Gerade sie schaffen es in Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern, das Thema Holocaust emotional zu füllen.
Gerade in Großstädten sind viele Schulklassen migrantisch geprägt. Eine historische Verantwortung als deutscher Staat ist da nicht so leicht zu vermitteln.
Als ich Yad Vashem besuchte, erzählte mir eine Mitarbeiterin vor Ort, dass deutsche Schulklassen immer häufiger nach Israel und in die geschichtsträchtige Gedenkstätte Yad Vashem reisen. Viele Jugendliche in diesen Schulen haben einen arabischen oder türkischen Hintergrund. Solche Reisen sind ein wichtiger Schritt, um die historische Verantwortung Deutschlands zu vermitteln. Unsere Gesellschaft hier ist sehr divers. Es bleibt nicht aus, dass Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und unter Umständen auch Vorurteilen belastet an dieses Thema herangehen.
Nun kann nicht jede Klasse nach Yad Vashem fahren. Was sind Alternativen?
Wir kommen nicht umhin, uns mit Maßnahmen für eine deutlich bessere Menschenrechtsbildung zu beschäftigen. Politische Bildung und Demokratiebildung sind natürlich zentral. Aber wir dürfen nicht die menschenrechtliche Bildung unter den Tisch fallen lassen. Aufklärung über Antisemitismus spielt eine wichtige Rolle.
Warum reicht politische Bildung nicht aus?
Ich bin mir nicht sicher, ob die Politik- und Demokratiebildung, wie wir sie aus Schulen und zivilgesellschaftlichen Initiativen kennen, unsere Gesellschaft auch immer emotional erreicht. Genau dieses Verständnis füreinander braucht es aber. Gerade für junge Menschen ist das doch zentral. Filme zeigen reicht nicht.
Solche Forderungen richten sich ja meist an schulische Einrichtungen und Lehrer. Können die das überhaupt zeitlich und inhaltlich leisten?
Menschenrechtliche Bildung kann und sollte in all unserem zivilgesellschaftlichen Miteinander sein. Schulen bringen besonders viele junge Menschen zusammen und sind eine besonders geeignete Plattform. Eine Verankerung in den Lehrplänen wäre sicherlich sehr sinnvoll. Einrichtungen wie Dokumentationszentren und pädagogische Institute sind ein zusätzliches Vehikel, um Bürgerinnen und Bürger menschenrechtlich besser auszubilden.
Lassen Sie uns wieder zur Parlamentariergruppe zurückkommen. Ihre Vorgänger waren Volker Beck (Grüne) und Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Beide gelten als israelfreundlich. Ist das eine Voraussetzung für den Vorsitz?
Ja, sicherlich.
Frau Heinrich, Sie sind also auch israelfreundlich?
Ich selbst bezeichne mich immer als in erster Linie menschenfreundlich. Mich mit der Geschichte Israels und den Menschen in Israel mit Respekt zu beschäftigen, sehe ich als meine Verantwortung als Vorsitzende der Parlamentariergruppe – ganz zu schweigen von meinem persönlichen Verantwortungsgefühl.
Inwiefern spielen für die deutsch-israelische Parlamentariergruppe auch die Palästinenser eine Rolle?
Israel ist langfristig erst sicher, wenn es in dem Konflikt zu einer Lösung kommt. Leider wird im israelisch-palästinensischen Konflikt eher übereinander gesprochen als miteinander. Hier sehe ich als Parlamentarierin meinen Beitrag darin, diese Funkstille zu überwinden. Selbstverständlich stehe ich deswegen auch in Kontakt mit palästinensischen Gruppen. Zudem ist Deutschland einer der größten Geldgeber des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA).
Wobei UNRWA seit längerem wegen Antisemitismus in der Kritik steht. Ist es da die richtige Entscheidung, weiterhin viel Geld zu überweisen?
Solche Kritik vernehme ich nicht von unseren israelischen Partnern. Allen Beteiligten ist bewusst, dass unser Ausstieg eine humanitäre Katastrophe zur Folge haben könnte. Gleichzeitig muss es unser Anliegen sein, das mit dem Geld die Not gelindert und bei Kindern und Jugendlichen kein Hass geschürt wird. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung darauf verständigt, die UNRWA weiter zu finanzieren. Wir schauen aber sehr genau darauf, welche Mittel wohin fließen.
Also wäre die letzte Konsequenz, Gelder zu streichen, wenn weiterhin in palästinensischen Schulbüchern Antisemitismus vorkommt?
Die Konsequenz wären Bedingungen. Die müssten erfüllt werden, damit das Geld weiterhin fließt.
Innenpolitisch erlebt Israel unruhige Zeiten. Fünf Parlamentswahlen in weniger als vier Jahren, das heißt auch für die Parlamentariergruppe immer neue Ansprechpartner. Wie beeinflusst das Ihre Arbeit?
Ich wünsche mir politische Stabilität für die Menschen in Israel. Für uns Parlamentarier ist die Zusammenarbeit dadurch ab und an erschwert. Natürlich kommt es dazu, dass sich die Ansprechpartner nach den Wahlen ändern. Gleichzeitig sehen wir in der Praxis, dass es bei einer Kontinuität bleibt. Gerade die Kontakte zu Stiftungen und unseren Schwesterparteien sind stabil. Das macht es trotz vieler Parlamentswahlen möglich, die Beziehungen weiter zu entwickeln.
Siedlungspolitik, Umgang mit Palästinensern oder andere politische Themenfelder: Deutsche Politiker äußern sich regelmäßig zur israelischen Politik. Wie kann es gelingen, diese Themen anzusprechen, ohne eine belehrende Position einzunehmen?
Es bleibt ein Drahtseilakt, nicht belehrend zu wirken. Gerade deswegen ist es sehr wichtig, freundschaftliche Beziehungen zu pflegen. Dazu gehört auch, kritische Themen offen auszutauschen. Als Vergleich ziehe ich hier gerne immer die Familie heran. Da streitet sich’s am besten. Und trotzdem weiß jeder, dass man eng zusammensteht.
Und die Palästinenser?
Wir sind klar in unserer Kommunikation: Wir kritisieren die Palästinenser, wenn etwa keine Wahlen – die wir für wichtig halten – stattfinden. Wer für sich in Anspruch nimmt, ein demokratischer Staat sein zu wollen, muss freie Wahlen ermöglichen. Dazu gehört natürlich auch die Frage zum Status von Ostjerusalem. Hier braucht es eine Lösung, damit Wahlen stattfinden können.
Bedingungen hat 2021 Ihr damaliger Partei-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans an deutsche Rüstungsexporte nach Israel geknüpft. Er forderte ein Mitspracherecht Deutschlands beim Umgang Israels mit Konflikten.
In unserem Positionspapier zur Kontrolle von Rüstungsexporten haben wir klargemacht, dass wir restriktiver sein wollen. Israel war immer die Ausnahme. Für die SPD ist und bleibt das gesetzt. Auch das zukünftige Rüstungskontrollgesetz wird das berücksichtigen müssen.
Lassen Sie uns noch einen Ausblick riskieren. Wie kann der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern vorankommen?
Das geht einzig und allein darüber, dass beide Seiten miteinander reden. Dazu braucht es politisch Verantwortliche mit Mut und Gesprächsbereitschaft. Keine der beiden Seiten wird dem aus dem Weg gehen können, wenn man den Konflikt friedlich lösen will. Das wäre wichtig für Israel und die Palästinenser. Ein Jahrzehnte andauernder Konflikt macht schließlich viel mit einer Gesellschaft.
Was meinen Sie damit?
Konflikte führen oft dazu, dass sich Gesellschaften verschließen. Aufgrund der ständigen Bedrohung ziehen sich Menschen zurück und verlieren Offenheit. Das wiederum kann sie darin beschränken, was sie selbst gern erreichen möchten.
Frau Heinrich, vielen Dank für das Gespräch.
3 Antworten
Sehr geehrte Frau Heinrich.
Wissen Sie, dass der lebendige Gott, der Gott Israels ist. Das Israel – Gottes Eigentumsvolk ist?
L.G. Martin
Kein Mensch kann Israel verstehen und begreifen, ohne die Bibel gelesen zu haben. Israel ist kein normaler Staat, er ist immer noch Gottes Eigentum und der Bund, den Gott mit ihnen geschlossen hat, ist immer noch gültig, auch wenn Israel diesen Bund schon lange gebrochen hat. Leider werden sie darum noch einmal furchtbar gezüchtigt werden. Das wird von Gott geschehen und nicht von Menschen.
Deshalb sollten wir sehr vorsichtg sein im Umgang mit Israel. Wer mein Volk segnet, den werde auch ich segnen, sagt der HERR. Aber da die „klugen Leute“ die Schöpfung verehren, aber nicht den Schöpfer, hat Gott sie dahin gegeben zu Tun, was ihr unbrauchber gewordener Verstand ihnen eingibt. Bitte last mich in Ruhe, denn diese Worte stehen in der Bibel.Die habe ich nicht geschrieben, aber ich glaube an sie, und die Geschichte Israels hat mir gezeigt, dass die Bibel die alleinige Wahrheit in dieser Welt ist, Denn Gott sagt: „Alle Menschen sind Lügner“.
Untertan u. Hartmut K. – o.k. – Leider kommt v. Fr. Heinrich auch wieder ds. „2-Staaten-
Loesungs“ – Phrase. – Da sie vermutl., wie v.Andere auch, mit bibl. Aussage-Kombina-
tionen nicht vertraut ist, ist ds. auch nicht verwunderlich! –
Die Entwicklungs-Grundlagen zw. Arabern u. Juden, obwohl Stiefbrueder, (Ismael/Isaak),
verlaufen voellig contrair!! – Schon durch die Muttermilch werden den Isml.-Nachfahren die
islam./koran. Grundlagen eingetraeufelt, u.entwickeln sich in Erziehung u. Wachstum zu einem
nahezu unausloeschlichen Phaenomen!! – Fuer die Isaak-Nachfahren (Juden/Isrl.), besteht ein
goettl. Verheisungs-Bund, gerade auch f.ds. Land Kanaan, was d. Isml.-Arabern ein Dorn im
Auge ist, da sie geistl. leider auf einer anderen Schiene geleitet sind, welche nur die koran. Inhalte
betrifft!! – Somit ist der Versuch, der „2-Staaten-Loesung“, bislang gescheitert u. wird dies auch
zukuenftig tun!! – Frau Heinrich, beschaeftigen Sie sich bitte inensiv mit d. „Wort Gottes“, der
Bibel.!! – Viel Antriebskraft dabei!! –