Ein orthodoxer Familienvater aus Bnei Brak, Jitzhak Elrov, empörte sich über einen Preisanstieg von über zehn Prozent bei populären Milchprodukten und startete in Facebook einen Boykott von "Cottage". Dieser krümelige Hüttenkäse, hergestellt nach einem ureigenen israelischen Rezept, gehört zu jedem Frühstück in Israel dazu, zumal wegen der Koscher-Gesetze Wurst und anderer Fleischaufschnitt verpönt ist. Der Hüttenkäse, in London und anderswo schon für einen Euro zu haben, kostet in Israel fast zwei Euro.
Die Kampagne gegen den überteuerten Hüttenkäse wurde inzwischen von allen Medien aufgegriffen und scheint zu wirken. "Wenn die Kunden sich zusammentun und alle auf den Käse verzichten, kann den Herstellern und den Supermärkten eine teure Lehre erteilt werden", erklärte ein Wirtschaftsexperte. Denn frische Milchprodukte haben nur eine begrenzte Haltbarkeit. Wenn sie in großen Mengen an die Hersteller zurückgehen, werden diese darauf reagieren müssen.
"Cottage", in Israel beliebter als Quark, hat nicht einmal einen hebräischen Namen. Die Hersteller behaupten, dass stark angestiegene Benzinpreise und Transportkosten schuld an der Verteuerung seien. Doch es wird auch über andere Faktoren spekuliert. Neben mangelnder Konkurrenz stehen die drei Hersteller im Verdacht, ihre Preise abzusprechen. Das ist in Israel verboten, aber nicht leicht nachzuweisen. Ein unmittelbarer Grund für die Preiserhöhungen am Tag nach Schavuot (Wochenfest, jüdischer Vorläufer von Pfingsten) ist der Beschluss des Finanzministeriums, Preisbindungen für Grundnahrungsmittel aufzuheben.
Finanzminister Juval Steinitz reagierte auf den Kundenboykott, wie es ihn in Israel bisher noch nicht gegeben hat: "Wenn die israelischen Hersteller nicht mit den Preisen wieder runter gehen, könnte ich Importe von Milch und frischen Milchprodukten zulassen." Steinitz will den Hüttenkäse jedenfalls nicht wieder durch eine von oben verfügte Preisbindung verbilligen. Und Importe zuzulassen ist leicht dahergesagt, aber nicht ohne weiteres durchführbar. Denn ohne den Koscher-Stempel eines Rabbi, der in der Molkerei darüber wachen muss, dass keine unkoscheren Produkte hergestellt werden oder dass kein Fleisch mit Milchprodukten in Berührung kommt, lassen sich in den meisten israelischen Supermärkten keine Nahrungsmittel verkaufen.
Bei Facebook haben innerhalb von nur drei Tagen schon über 32.000 Teilnehmer auf "gefällt mir" gedrückt. Im Parlament präsentierte die Abgeordnete Ronit Tirosch dem Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu einen "Cottage-Käse" und legte so im wörtlichen Sinn das Problem auf den Regierungstisch. So wurde im Land, wo laut Bibel "Milch und Honig fließen", ausgerechnet der Hüttenkäse zum Symbol einer unsozialen Politik, die vor allem die schwachen Schichten trifft.