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Explosiver Fasching in Israel

GAZA / JERUSALEM (inn) - Das Wochenende in Israel stand ganz im Zeichen des Purimfestes, des jüdischen Faschings. Die Aufmerksamkeit galt den traditionellen Karnevalszügen. Auf den Straßen gab es Prinzessinnen und Cowboys, aber auch solche, die sich als "Facebook" oder "Twitter" verkleidet haben.

Im Rundfunk wurde brüllend gelacht. Die schönsten alten Satiren wurden gesendet. "Als was hat sich eigentlich dieser Avigdor Lieberman verkleidet", ulkten Teilnehmer einer Talkshow über den Außenminister, nachdem in einer erfundenen Nachrichtensendung Netanjahu, Putin und Obama durch den Kakao gezogen worden waren. "Rote Farbe, rote Farbe in Be´er Scheva", platzte es in die Sendung hinein. Das war tiefer Ernst. Zwei Minuten später wurden die Lacher des Purim-Programms schon wieder leise geschaltet: "Rote Farbe, rote Farbe in Aschdod." Zusätzlich zu Sirenengeheul wird bei Luftangriffen im Radio der Spruch "Rote Farbe" gesendet.

Es begann am Freitagmorgen. Zwei Mörsergranaten aus dem Gazastreifen explodierten in einem Feld bei Sderot, "ohne Schaden anzurichten und ohne Opfer". Militärexperten zeigten sich überrascht. Der Mörserangriff sei "unprovoziert", ohne vorherigen israelischen Angriff gekommen.  Ihnen war unverständlich, wieso Extremisten der "Volkswiderstandskomitees" (PRC) am helllichten Tag Israel angriffen.

Am Nachmittag schlug die israelische Luftwaffe zurück, gemäß dem seit Ende des Gazakriegs im Januar 2009 aufgestellten Prinzip, auf jeden Angriff aus Gaza zu antworten. Offenbar gut informiert trafen zwei israelische Raketen einen blaufarbenen Fiat Uno. Darin saßen Suhair al-Kaisi, Generalsekretär der "Volkswiderstandskomitees", und Mahmud Hanani, sein Stellvertreter. Al-Kaisi hat nach israelischen Angaben den Terroranschlag im August an der ägyptischen Grenze nördlich von Eilat befehligt, der acht israelische Todesopfer zur Folge hatte. Hanani ist erst kürzlich aus dem israelischen Gefängnis im Rahmen des Gefangenenaustausches für Gilad Schalit freigekommen. Hanani stammte aus Nablus im Westjordanland wurde aber ins "Exil" in den Gazastreifen geschickt. Nach israelischen Angaben hätten Al-Kaisi und Hanani einen "großen Anschlag" an der Grenze zu Israel geplant. Deshalb seien sie "gezielt getötet" worden, um jenen geplanten Anschlag zu verhindern, behauptete der israelische Militärsprecher in einer offiziellen Pressemitteilung.

Für die Israelis war klar, dass dieser "Erfolgsschlag" nicht unbeantwortet bleiben würde. Tatsächlich explodierten bis Samstagabend bei Be´er Scheva, Aschdod und anderen Städten im Umkreis von 40 Kilometern rund um den Gazastreifen über 100 Raketen. Auch am Sonntag ging der Beschuss weiter, während israelische Kampfflugzeuge "gute Treffer" auf Waffenfabriken, Munitionsdepots und Raketen-Abschussrampen verzeichneten.

Purimfeiern im Freien wurden verboten. Die Medien gaben Anweisungen an die Bevölkerung. Jeder habe sich in der Nähe von Unterständen und sicheren Räumen aufzuhalten. Nur zwischen zwölf Sekunden und einer Minute Vorwarnzeit habe man nach der "Roten Farbe", je nach Entfernung vom Gazastreifen. Autofahrer sollten "vorsichtig anhalten, um keine Massenkarambolage zu verursachen, sich auf den Boden werfen und die Arme schützend über dem Kopf zusammenschlagen". Mehrere Israelis wurden zum Teil schwer verletzt, als sie beim Ertönen der Sirenen bremsten und mit ihren Autos zusammenstießen.

Für den Sonntag, in Israel der erste Wochentag, wurde der Schulbesuch im Einzugsbereich von etwa einer Million Bewohnern des Südens abgesagt, darunter in Be´er Scheva, Kirijat Gat, Aschkelon und Aschdod.

Im Gazastreifen wurden derweil 17 Palästinenser getötet, ausnahmslos Kämpfer der "Volkswiderstandskomitees" und des "Islamischen Dschihad".

Die im Gazastreifen herrschende Hamas-Organisation hat während dieses Schlagabtausches geschwiegen. Obgleich sie mutmaßlich an dem Raketenbeschuss Israels nicht beteiligt war, beschuldigt Israel die Hamas als Machthaber im Gazastreifen, nichts getan zu haben, um die Angriffe auf Israel zu verhindern. Israel geht zudem davon aus, dass die Raketenangriffe nur mit dem Segen der Hamas geschehen könnten. Gleichwohl hat die israelische Luftwaffe allein Kämpfer der radikaleren Organisationen gezielt angegriffen.

Wegen der exakten Treffer der israelischen Luftwaffe und weil in den letzten Wochen die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen spürbar zugenommen haben, geht man in Israel von einer Fortsetzung des gegenseitigen Beschusses in den nächsten Tagen aus. Generalstabschef Benny Gantz hat schon von der Notwendigkeit eines erneuten Bodenkriegs gegen Gaza gesprochen.

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