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Meinung

Es wird stickig in Europa

Beim Eurovision Song Contest sah sich die israelische Teilnehmerin einer regelrechten Hatz ausgesetzt. Bei Olympia gelten harte Sicherheitsvorschriften für die israelischen Athleten. Es sind Alarmsignale für ganz Europa. Kommentierende Beobachtungen von Sandro Serafin
Von Israelnetz

Unter Beobachtern des weltweiten Judenhasses ist ein Vergleich verbreitet: Antisemitismus ist wie der Kanarienvogel im Bergwerk. Heißt: Steigt der Antisemitismus beziehungsweise hört der Kanarienvogel wegen schlechter Luft auf zu singen, so ist das ein untrüglicher Hinweis darauf, dass die Gesellschaft insgesamt gefährdet ist.

Anders formuliert: Wir sollten wachsam sein, wenn der Judenhass immer lauter wird, und zwar um der Juden willen. Wenn wir dazu aber nicht in der Lage sind, so sollten wir es wenigstens für uns selbst tun.

In Europa ist der Antisemitismus-Vogel längst am Verstummen. Weil es für Juden stickig geworden ist auf diesem Kontinent. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober feiern Juden- und Israel-Hass fröhliche Urstände.

Wir sehen den Antisemitismus ständig und jeden Tag, aber besonders hässlich zeigt er sich anlässlich weltweit beachteter Großveranstaltungen. Es machte fassungslos zu sehen, wie vor und während des Eurovision-Song-Contests in Malmö im Mai mit der israelischen Kandidatin Eden Golan umgegangen wurde.

„Wow, was ist hier passiert?“

Im Gespräch mit dem israelischen TV-Kanal 12 reflektierte Golan jüngst noch einmal das ganze Ausmaß des Wahnsinns: „Die Gefahr war so riesig, dass ich nur vor die Tür gehen konnte, wenn ich mich vorher verkleidete. Einer meiner Bodyguards hatte auch einen Hidschab dabei für den Fall, dass ich erkannt wurde. Und so gingen wir zum Supermarkt.“ Golan erzählte weiter, dass sie vor der Flaggenpräsentation auf der Bühne von den anderen Kandidaten abgesondert worden sei. 

Immer noch ungläubig über die Zustände, sagte sie: „Wow, was ist hier passiert?“ Ja, was ist hier eigentlich passiert? Der ESC liegt hinter uns, nun stehen die Olympischen Spiele in Paris an. Hier könnte sich ein ähnliches Schauspiel wiederholen, in einem Kontext, der seit dem tödlichen Terror gegen die israelische Olympia-Mannschaft in München 1972 sowieso schon mit einem israelischen Trauma belegt ist.

Rekordzahl an Sicherheitskräften

Israel schickt, so berichtet es das Nachrichtenportal „Ynet“, dieses Mal „eine Rekordzahl“ an Sicherheitskräften des Inlandsgeheimdienstes Schabak nach Paris: „Es ist das höchste Budget, das jemals für die Sicherheitsbedürfnisse einer israelischen Sportdelegation im Ausland bereitgestellt wurde“, berichtet „Ynet“.

Das schließe auch technologische Maßnahmen ein, „die noch nie bei einem solchen Ereignis eingesetzt wurden“. Demnach steigerte Sportminister Miki Sohar die Sicherheitsausgaben von 4,3 Millionen bei den vorigen Spielen auf nun mehr als 7 Millionen Schekel (1,75 Millionen Euro).

Scharfe Regeln für israelische Athleten

Die Spieler sollen angewiesen sein, spätestens am zweiten Tag nach ihrem jeweiligen Wettkampf das Olympische Dorf zu verlassen. Der TV-Kanal 13 berichtete bereits im Juni: „Wo die Sportler in der Vergangenheit die Freiheit hatten, durch die Stadt zu streifen, den Kopf freizubekommen und zu feiern, ist es ihnen dieses Mal verboten, das Olympische Dorf – abgesehen vom Weg zu Wettkämpfen – zu verlassen“.

Die Regeln würden sehr strikt sein, kündigte ein Vertreter des Israelischen Olympischen Komitees an. Schon jetzt haben israelische Athleten Drohnachrichten erhalten, etwa eine „Einladung“ zur eigenen Beerdigung oder die Ankündigung einer „Intifada“.

Die Gefahr islamistischer Anschläge ist in Frankreich sowieso hoch, aber mit dem 7. Oktober noch einmal gestiegen. Immer wieder kommen schlimmste judenfeindliche Vorfälle an die Öffentlichkeit, die auch in Israel sehr genau wahrgenommen werden. So wurden im Juni zwei Jungen für eine Gruppenvergewaltigung eines zwölfjährigen jüdischen Mädchens angeklagt. Das Mädchen gab an, dabei als „dreckige Jüdin“ bezeichnet worden zu sein.

Linke Antisemiten befeuern die Stimmung

Ideologische Schützenhilfe bekommen die Judenhasser von den französischen Linksradikalen, die gerade bei den Wahlen zur Nationalversammlung zwar nicht die meisten Stimmen, aber in einem Parteienbündnis die meisten Sitze erringen konnten.

Ihr Aushängeschild Jean-Luc Mélenchon spielt schon lange hemmungslos mit Israel-Hass. Seine Partei La France Insoumise (Unbeugsames Frankreich) bezeichnete den Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober als „bewaffnete Offensive palästinensischer Streitkräfte“.

Am vergangenen Wochenende schoss Thomas Portes, ein Abgeordneter der Mélenchon-Partei, den Vogel ab, als er bei einer anti-israelischen Demonstration erklärte, israelische Athleten seien „nicht willkommen bei den Olympischen Spielen in Paris“.

Ein weiterer Abgeordneter schloss sich an: Die „blutbefleckte“ israelische Flagge solle nicht in der französischen Hauptstadt wehen. Innenminister Gérald Darmanin kommentierte das treffend: Portes attackiere „nicht die nordkoreanische oder iranische Delegation, ganz bewusst attackiert er die israelische Delegation, weil sie jüdisch sind“.

„Richtet euer Haupt auf voller Stolz!“

In Israel wird das alles natürlich sehr genau und mit Entsetzen wahrgenommen. Gleichzeitig reagieren Israelis auf die ihnen eigene Weise. So wie Merav Laschem Gonen, Mutter einer sich weiter in Geiselhaft der Hamas befindlichen Tochter.

Sie kam zum Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv, um die israelische Delegation Richtung Paris mit einer klaren Botschaft zu verabschieden: „Richtet euer Haupt auf voller Stolz! Seid stolz auf euren Weg und auch darauf, dass ihr zu diesem wunderbaren Volk gehört. Hebt euren Kopf und zeigt allen, die uns brechen wollen, dass sie keine Chance haben.“

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