Suche
Close this search box.

Erstmals muslimischer Richter am Obersten Gericht

Erstmals soll einer israelischer Muslim dauerhaft am Obersten Gericht Recht sprechen. Ausgewählt wurde er auch wegen der Diversität. Unterdessen distanziert sich die Leiterin von Amnesty in Israel vom Apartheid-Bericht der Organisation.
Von Israelnetz

JERUSALEM (inn) – Im Jahr 1999 wurde erstmals ein israelischer Araber mit muslimischen Wurzeln an Israels Oberstes Gericht berufen. Doch die Ernennung war nur für eine Übergangszeit gedacht, der Richter musste seinen Stuhl bald wieder räumen. Nun bekommt das wichtigste Gericht des Landes, das auch über die israelischen Grundgesetze wacht, erstmals einen muslimischen Richter, der eine ganz normale Amtszeit ausfüllen soll. Alle Araber, die bisher auf diese Position vorgerückt sind, hatten christliche Wurzeln.

Chaled Kabub wurde am Montag vom Richterwahlkomitee, bestehend aus Vertretern der Regierung, des Parlaments und des Justizsystems, bestätigt. Gleichzeit berief das Gremium mit Gila Kanfi-Steinitz auch erstmals eine misrachische Frau, also eine Jüdin mit orientalischen Wurzeln, in das Gericht. Der 63-jährige Kabub wurde in Jaffa geboren und galt schon lange als Kandidat für den Job. Er studierte an der Universität Tel Aviv. Kabub wechselt aus dem Tel Aviver Bezirksgericht, wo er seit 2003 das Richteramt bekleidet und dessen Vizepräsident er seit 2017 ist, ins Jerusalemer Regierungsviertel.

Justizminister: Diversität als Kriterium

Das Oberste Gericht setzt sich aus insgesamt 15 Richtern zusammen, die nach ihrer Ernennung durch den Staatspräsidenten regulär bis zu ihrem 70. Lebensjahr dienen können. Die Auswahl der Richter ist stets umstritten, da das Gericht auch über hochpolitische Angelegenheiten, darunter etwa zur Rechtmäßigkeit von Siedlungen im Westjordanland, entscheidet. Unter konservativen, religiösen und rechten Israelis hat es den Ruf, ein Hort des Linksliberalismus zu sein und sich in undemokratischer Weise über Entscheidungen der gewählten Regierung hinwegzusetzen.

Auch die Ernennung Kabubs wurde nicht von allen Mitgliedern des Wahlausschusses mitgetragen. So enthielt sich Innenministerin Ajelet Schaked, Mitglied der Rechtsfraktion „Jamina“ von Premier Naftali Bennett, der Stimme. Als Justizministerin hatte Schaked bis 2019 eine langsame Verschiebung in der Besetzung des Obersten Gerichts in eine konservative Richtung erreicht. Unter ihrer Leitung wäre die jetzige Wahl anders ausgefallen, erklärte sie nun auf dem Nachrichtendienst „Telegram“. Gleichzeitig lobte Schaked, dass das Prinzip der politischen Ausgewogenheit der Berufungen aufrechterhalten worden sei.

Foto: Ajelet Schaked, Telegram
Die Vorsitzende des Obersten Gerichts Esther Chajut, Justizminister Sa’ar und Innenministerin Schaked (v.l.n.r.): In der Justizpolitik oft unterschiedlicher Meinung

Der amtierende Justizminister Gideon Sa’ar (Neue Hoffnung) erklärte, die insgesamt vier neuen Richter seien nach den Kriterien „Exzellenz, Ausgewogenheit und Diversität“ ausgewählt worden: „Eine Vielfalt an Meinungen, Geschlechtern und ethnischen Hintergründen“. Wie Schaked hat auch Sa’ar einen rechtskonservativen politischen Hintergrund. Mit Blick auf das Justizsystem betreibt er allerdings eine Politik unter der Formel „verbessern, nicht zerstören“ und will sich damit von der Justizpolitik der Regierungen Netanjahu abgrenzen.

Für Israel-Freunde ist die Auswahl Kabubs ein weiterer Beweis dafür, dass die Apartheid-Vorwürfe gegen das Land aus der Luft gegriffen sind. Zuletzt hatte die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ den jüdischen Staat in einem 280-seitigen Bericht der Apartheid bezichtigt, nicht nur in den Palästinensergebieten, sondern auch im Kernland selbst. „Sicher wird Amnesty Kabub gratulieren“, schrieb etwa der Menschenrechtsanwalt und Israel-Aktivist Arsen Ostrovsky ironisch bei Twitter.

Leiterin von Amnesty in Israel geht auf Distanz zu Apartheid-Bericht

Unterdessen ist die Leiterin des israelischen Ablegers von Amnesty, Molly Malekar, auf Distanz zu dem Apartheid-Bericht ihrer Organisation gegangen. In einem Interview der Onlinezeitung „Sman Israel“ erklärte sie, der Vorwurf sei für sie auf emotionaler Ebene ein „Schlag in die Magengrube“ gewesen. Das sähen auch viele weitere Menschen so, die für die Rechte der Palästinenser kämpften.

Malekar stellte fest, dass es eine ernsthafte juristische Debatte darüber gebe, ob der Apartheid-Begriff auf Israel angewendet werden kann. Auch Amnesty führt an, dass es Israel am Apartheid-Begriff des internationalen Rechts messe, nicht aber mit dem rassistischen System der Segregation in Südafrika vergleiche. Malekar sagte nun jedoch, Amnesty sei „kein akademisches Gremium, das sich mit theoretischen Definitionen befasst“.

Wichtig sei einzig, was mit einem solchen Papier erreicht werden könne. „Ich sehe nicht, welche Ziele dieser Bericht fördert, sehe aber sehr wohl, wie er unseren Zielen schaden könnte.“ Zudem störe es sie, dass israelische Araber als „passive Opfer“ dargestellt würden, gleichsam als bloße „Objekte“. Sie verwies unter anderem auf Araber, die in Schlüsselpositionen aktiv seien und darin gefördert werden müssten.

Debatten innerhalb von Amnesty in Israel

Malekar schilderte zudem ihren Eindruck, dass Amnesty zu wenig im Kampf gegen Antisemitismus tue. Gleichzeitig wies sie aber auch Anschuldigungen gegen ihre Organisation infolge des Israel-Berichts zurück, sprach von verzerrten Darstellungen einiger Akteure. Insbesondere dem Antisemitismus-Vorwurf widersprach sie: „Das ist Demagogie“. Keineswegs sei Amnesty allein auf Israel fokussiert. Es habe in der Vergangenheit genauso Berichte über Menschenrechtsverletzungen etwa in Syrien oder dem Iran gegeben, und selbst zu Schweden lägen 284 Publikationen vor.

Laut „Sman Israel“ hatte der Amnesty-Bericht bereits vor seiner Veröffentlichung organisationsintern „stürmische“ Debatten ausgelöst, in die sich auch Vertreter des israelischen Zweigs eingemischt hätten. Malekar selbst hält einen Dialog mit der Amnesty-Spitze für schwierig, betont aber, dass es in den einzelnen Amnesty-Niederlassungen „ein offenes Ohr“ dafür gebe. Allerdings sind auch innerhalb von Amnesty in Israel nicht alle einer Meinung: Ein arabisch-israelisches Leitungsmitglied erklärte, „voll und ganz“ hinter dem Bericht zu stehen. (ser)

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

4 Antworten

  1. Soviel zur Apartheid. Bin gespannt, ob unsere üblichen Verdächtigen auch ein Beispiel von einem Juden finden, der bei der PA einen Posten hat.

    Dass sich Malekar distanziert und in der Art und Weise wie sie es tat, zeigt doch, dass der Bericht von Amnesty nicht recherchiert war, sonst wäre sie auch eingebunden gewesen. Dass man nur die Meinung derjenigen eingeholt hat, die bereit sind alles dafür zu tun um den Westen zu gefallen. Denen zu gefallen, von denen man das Geld bekommt und dessen Lied man singen muss. Zeigt nur, welche Machenschaften AI einsetzt hat, um dieses minderwertige Pamphlet zusammen stellen zu können (und zu feige sind, den Autor zu benennen). Einzig beklatscht von denen, die für ein Groß-Palästina stehen und Israel die Existenz verweigern wollen.

    3
  2. Israel möchte auch ein „moderner“ Staat sein, möchte keinen Zeitgeist verpassen. Der Humanismus lässt grüßen.
    Jedoch hat Israel vergessen, dass es das Eigentumsvolk des lebendigen Gottes ist. Damit tut Israel sich keinen Gefallen.
    L.G. Untertan

    1
    1. Was hat dieser Kommentar jetzt mit dem Thema zu tun. Es geht um die Ernennung eines muslimischen Richters. Was ist ihr Problem damit? Sollen Muslime kein Amt bekommen? Haben Sie dann auch ein Problem damit, dass in D ein Muslim Landwirtschaftsminister ist?

      Muslime sind Menschen, Untertan, behandeln Sie bitte auch als solche.

      0
      1. Naja…

        Natürlich wäre eine Ausgrenzung von Muslimen wegen ihrer Religion Rassismus. ABER: Der Islam ist nun mal per se feindlich gegen Juden eingestellt.
        Und Israel ist als Zufluchtsort für die Juden nach den schrecklichen Ereignissen in Nazi-Deutschland gedacht gewesen.

        Ich halte daher auch eine Anpassung Israels an den „modernen“ Zeitgeist und Diversität für sehr gefährlich. Wie soll Israel so auf Dauer als „Staat der Juden“ Bestand haben?

        2

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen