Die Nachricht kam wie ein Paukenschlag: Mitte September hatte Israels Innenminister Gideon Sa’ar auf einem Parteiempfang überraschend seinen Rücktritt verkündet. Er wolle mehr Zeit mit der Familie verbringen, gab er als Begründung an. Am vergangenen Sonntag, zu Beginn der Wintersitzungs-Periode, erfolgte die offizielle Verabschiedung in der Knesset.
Premier Netanjahu hat nun am Dienstag Gilad Erdan zum Nachfolger für Sa’ar bestimmt. Der Likud-Politiker gehört seit 2009 zum Kabinett Netanjahus. Von 2009 bis 2013 war er Umweltminister, seit 2013 ist er Kommunikations- und Heimatschutzminister. Sowohl die Regierung als auch das Parlament müssen die Personalie noch bestätigen. Auf einen Nachfolger für Erdan hat sich Netanjahu noch nicht festgelegt.
Entscheidung für Likud
Auf seiner Facebook-Seite stellte Erdan die Bedeutung des Amtes heraus: „Das Innenministerium beeinflusst und berührt das Leben der Bürger vom Tag ihrer Geburt an, prägt das Gesicht des Landes durch die Planungspolitik und entscheidet sogar über den Charakter des Sabbats.“ In den kommenden Tagen werde er sich mit Sa’ar treffen, um sich in das Amt einweisen zu lassen.
Der 44-Jährige hatte auch die Wahl, die Nachfolge von Ron Prosor als UN-Botschafter anzutreten. Ein entsprechendes Angebot unterbreitete ihm Außenminister Avigdor Lieberman, berichtet die Tageszeitung „Jerusalem Post“. Prosor scheidet im Januar aus seinem Amt. Der Tageszeitung „Yediot Aharonot“ zufolge drängten Parteimitglieder Erdan, Innenminister zu werden. Die Partei habe in der Vergangenheit Austritte wichtiger Mitglieder verkraften müssen. Daher solle Erdan der Partei erhalten bleiben.
Einsatz für Beziehungen zu Christen
Erdan ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Nach Militärdienst und Jurastudium arbeitete er als Anwalt. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre war er politischer Berater des damaligen Premierministers Netanjahu. Im Jahr 2003 gewann er erstmals einen Sitz als Abgeordneter in der Knesset.
In seiner Arbeit als Abgeordneter bemühte er sich unter anderem um die Beziehungen zwischen Israel und Christen. Bereits im Jahr 2007 forderte er als Mitglied des Knesset-Ausschusses für Beziehungen zu Christen, Israel müsse die Allianz mit evangelikalen Christen stärken, um so gemeinsam dem islamischen Extremismus zu begegnen.
In einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“ am 31. Oktober beklagte Erdan, die Weltgemeinschaft behandele die Palästinenser wie Kinder. Entsprechend fordere sie weniger Kompromisse von ihnen als von Israel, um den Nahostkonflikt zu lösen. Palästinenser als Erwachsene zu behandeln bedeute unter anderem, dass es keinen Ersatz für direkte Verhandlungen gebe. Damit kritisierte Erdan die Entscheidung Schwedens, Palästina als „Staat“ anzuerkennen.