Speziell die abschließenden Semester in Betriebswirtschaft sollen komplett auf Englisch unterrichtet werden. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Studenten eine zweitklassige Startposition im globalen Wettbewerb hätten, wenn weiter auf Hebräisch unterrichtet werde, sagte Professor Boas Golani laut der Tageszeitung „Ha´aretz“. Der Fall in Haifa sei der Beginn des Globalisierungsprozesses von Israels höherem Bildungswesen. Bislang seien die Universitäten hauptsächlich auf israelische Studenten ausgerichtet. Die Entwicklungen auf dem globalen Markt für Hochschulabschlüsse von lukrativen Berufen machten es jedoch erforderlich, auch für ausländische Studenten attraktiv zu werden, heißt es weiter.
Kritik von der Akademie für Hebräische Sprache
Kritik an der Entscheidung kommt unter anderen von Mosche Bar Ascher, dem Präsidenten der Akademie für Hebräische Sprache. Die Wiederbelebung des Hebräischen habe in dem Moment Erfolg gehabt, als sich das Technion dafür entschied, auf Hebräisch zu unterrichten. Daher sei es sehr ernsthafte, dass ausgerechnet dort darüber nachgedacht werde, englischsprachige Studiengänge anzubieten, so Bar Ascher. Er räumte ein, dass Universitäten mit der Gesellschaft verbunden sein müssten. „Es ist sinnvoll, Konferenzen, an denen ausländische Lektoren teilnehmen, auf Englisch durchzuführen – aber englischsprachiger Unterricht ist eine sehr ernste Entwicklung. Es klingt so, als sollte eine Einheit von Elitestudenten vorbereitet werden, die das Land verlassen und ins Ausland gehen“, sagte Bar Ascher weiter.
Golani verteidigte die Entscheidung unterdessen und wies darauf hin, dass selbst Länder wie Indien und China zu dem Schluss gekommen seien, dass Englisch die internationale Geschäftssprache sei. Selbst führende Universitäten in Europa hätten den Unterricht in Betriebswirtschaft teilweise auf Englisch umgestellt.
Studiengang für ausländische Studenten
Laut dem Bericht in „Ha´aretz“ will das Technion speziell für ausländische Studenten einen Studiengang für Ingenieurwesen einrichten. Dieser englischsprachige Kurs soll allerdings parallel zum Hebräischen laufen.
Mit dem Bau des Technion wurde 1912 begonnen. Finanziert wurde er hauptsächlich durch Spenden einer jüdischen Hilfsorganisation in Deutschland. Einer der bekanntesten Unterstützer war Albert Einstein. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 verzögerte sich jedoch der Beginn des Lehrbetriebes. Hinzu kam ein Streit über die Unterrichtssprache an der Hochschule. Damals war Deutsch die dominierende Wissenschaftssprache, viele Bücher waren auf Deutsch geschrieben, zahlreiche der ersten Professoren für das Technion kamen aus Deutschland. Viele Unterstützer der Einrichtung forderten daher deutschsprachigen Unterricht. In Israels Geschichte ist diese Auseinandersetzung als „Sprachenstreit“ bekannt. Nach zahlreichen Streiks und Demonstrationen der jüdischen Bevölkerung in der Region und der „Zionistischen Weltorganisation“ (WZO), wurde schließlich Hebräisch als Unterrichtssprache im Technion eingeführt – alle nachfolgend errichteten Hochschulen schlossen sich dieser Entscheidung an.
1924 wurde der Lehrbetrieb im Technion aufgenommen – alles begann mit 16 Studenten. Unterrichtet wurden die Studiengänge Architektur und Bauingenieurwesen. Heute hat das Technion 19 Fakultäten und 40 Forschungsinstitute. Mehr als 13.000 Studenten werden hier von über 700 Wissenschaftlern ausgebildet.