Suche
Close this search box.

Emirate und Israel: Eine Freundschaft in der Zerreißprobe

Die emiratische und die israelische Unterschrift unter den Abraham-Abkommen im September 2020 markierten den Beginn einer schnell wachsenden Freundschaft. Trotz schwindender Euphorie ist sie auch nach einem Jahr Krieg noch tragfähig.
Von Carmen Shamsianpur

Am 15. September 2020 unterschrieben im Weißen Haus in Washington, D. C. der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Abdullah Bin Sajid al-Nahjan den „Vertrag des Friedens, der diplomatischen Beziehungen und der vollständigen Normalisierung zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Staat Israel“. Es war nicht Israels erster Friedensvertrag mit einem arabischen Land, aber der erste, auf den ein wirklich „warmer“ Friede folgte.

Pulsierende Zusammenarbeit

Freizügige Zoll- und Visabestimmungen zwischen den beiden Ländern ermöglichten in den Folgejahren einen immensen Ausbau der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und militärischen Beziehungen. Laut Angaben des Washingtoner Instituts für Nahostpolitik stieg das Handelsvolumen zwischen den VAE und Israel im Jahr 2021 auf rund 1,15 Milliarden US-Dollar und verdoppelte sich im Jahr 2022 auf 2 Milliarden US-Dollar.

Zahlreiche israelische Medizin- und Agrarunternehmen haben in den Metropolen Abu Dhabi und Dubai Fuß gefasst. Sie experimentieren und handeln mit ihren lokalen Partnern mit großen Maschinen und neuster Technologie. Universitäten und Forschungszentren aus beiden Ländern stehen in regem Austausch. Aber der 7. Oktober und seine Folgen belasten die Beziehungen.

Palästinenserfrage doch zentral?

Der barbarische Hamas-Angriff auf Israel erfolgte wahrscheinlich nicht zufällig zu einem Zeitpunkt der Annäherung Saudi-Arabiens an den jüdischen Staat. Die Normalisierungsabkommen mit den Golfstaaten VAE und Bahrain waren nur ein Vorbote davon. Gerade das emiratische Beispiel zeigte, dass ein Frieden an der Palästinenserfrage vorbei doch möglich sein könnte. Der Krieg hat diesem Prozess einen Riegel vorgeschoben und setzt die israelisch-emiratische Freundschaft einer harten Belastungsprobe aus.

Seit dem 7. Oktober hat sich das Image der VAE in der gesamten Region verschlechtert. Eine Umfrage vom Januar 2024 ergab, dass 67 Prozent der Befragten in 16 arabischsprachigen Ländern das Verhalten der Emirate im Gazakrieg als schlecht oder sehr schlecht betrachten. Für die VAE spielt ihr internationales Ansehen eine große Rolle. Es mehren sich Berichte, laut denen emiratische Bürger in anderen arabischen Ländern beschimpft und belästigt werden.

Gründe für das Abkommen …

Die Emirate begründeten 2020 ihren Normalisierungsschritt offiziell pro-palästinensisch: Die Abkommen hätten eine angekündigte Annexion von Teilen des Westjordanlandes durch Israel verhindert. Außerdem sei die israelische Seite eher zu einer „Zwei-Staaten-Lösung“ zu bewegen, wenn es sich in der Region integriert und sicher fühle.

Natürlich gibt es auch inoffizielle Gründe. Auch für die VAE ist das Abkommen unter wirtschaftlichen Aspekten äußerst lukrativ. Darüber hinaus verbindet die Golfstaaten und Saudi-Arabien mit Israel die Opposition zum iranischen Regime. Gemeinsame Militärübungen in den vergangenen Jahren sind als Demonstration der Einheit gegen diesen Feind zu verstehen.

… und dessen Weiterbestand

Sowohl die VAE als auch Bahrain haben deutlich gemacht, dass sie trotz des Krieges im Gazastreifen an den vollen diplomatischen Beziehungen zu Israel festhalten. Anders als der Iran, Katar oder auch die Türkei haben sie keinerlei Sympathie für die Hamas bekundet. Sie gehen im eigenen Land gegen die Muslimbruderschaft vor, deren palästinensischer Ableger die Hamas ist. Doch auch mit Kritik halten sie sich zurück. Im arabischen Diskurs wird Kritik an der Hamas nämlich als Unterstützung für Israel gewertet.

In Zusammenarbeit mit Israel setzen die VAE sich für die palästinensische Zivilbevölkerung ein. Sie betonen, dass der Bau eines Feldlazarettes und einer Wasserentsalzungsanlage im Gazastreifen, die Evakuierung verwundeter Kinder in die Emirate und die Bereitstellung von Hilfsgütern ohne gute Beziehungen nicht möglich gewesen wären.

Außerdem sind die VAE als Partner für den Wiederaufbau und eventuell die Mitverwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg im Gespräch. An letzterem hat der Golfstaat kein ausgeprägtes Interesse. Die Beziehungen zur Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) sind schlecht, und kein arabisches Land möchte gern an die Stelle der sogenannten Besatzung treten. Dennoch taugt die Vermittlerrolle als Argument für den Fortbestand des Abkommens mit Israel. So könne man Druck ausüben. Abu Dhabi hat klargestellt, dass es den Wiederaufbau nur finanzieren würde, wenn es einen „tragfähigen Plan für eine Zwei-Staaten-Lösung“ gebe.

Leise weiter ohne Öffentlichkeit

Während die Beziehungen zwischen den Staaten durch den Krieg kaum ins Wanken gekommen sind, sieht es im privaten Sektor anders aus. Auch hier bestehen viele Verträge weiterhin, aber das Wachstum stagniert und es kommt kaum zu neuen Abschlüssen.

Das Hauptproblem scheint zu sein, dass die Zusammenarbeit mit Israel zunehmend rufschädigend ist. Verbraucher und unter Umständen Familien üben Druck auf die Händler aus. Wo möglich, laufen die Geschäfte unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter. Manche Produkte aus Israel werden nicht mehr als solche gekennzeichnet.

Juden in VAE

Auch das zuvor aufblühende jüdische Leben in den Emiraten ist weitgehend zum Stillstand gekommen. Im Interview der israelischen Zeitung „Jerusalem Post“ erzählt der ehemalige Oberrabbiner des Jüdischen Rates der Emirate und der Vereinigung der jüdischen Golfgemeinden, Rabbi Elie Abadie: „Als ich vor einigen Jahren nach den Abraham-Abkommen anfing, haben wir die Gemeinde so schön aufgebaut. Sie blühte, sie wuchs. Anfangs lebten dort 200 Juden, später 1.500, wenn nicht mehr. Sie bauten jüdische Geschäfte, koschere Restaurants und Synagogen, und wir taten alles sehr öffentlich und mit Unterstützung der Regierung. Die emiratische Bevölkerung war sehr gastfreundlich.“

Seit Beginn des Krieges seien viele Israelis in ihre Heimat zurückgekehrt. Die israelische Regierung habe sie wie andernorts auch dazu aufgerufen, sich möglichst nicht als Juden zu erkennen zu geben. So hörten sie damit auf, in der Öffentlichkeit Kippa zu tragen. Selbst die Versammlungen in den Synagogen stellten sie ein. „Die jüdische Gemeinde lebt weiter“, sagt Abadie. Nur viel mehr im Verborgenen.

Die emiratische Regierung zeigte sich irritiert über den israelischen Aufruf zur Vorsicht. Denn sie gewährleistet Sicherheit auf hohem Niveau. Es gab dort keine Angriffe auf Synagogen, nicht einmal anti-israelische Schmierereien. Trotz aller Schwierigkeiten: Die Fundamente der emiratisch-israelischen Freundschaft sind gelegt und intakt.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

14 Antworten

  1. Ich wünsche beiden, Israel und den Emiraten, viel Erfolg für die Fortsetzung der Annäherung.
    Die HAMAS, Hisbollah, Huthi u. der Iran wollen das Ende der Abraham-Abkommen, das muss verhindert werden. Wir müssen Partei ergreifen für einen friedlicheren Dialog OHNE Zugeständnisse an die sog. Palästinenser. „Palästina“ ist schädlich für Bibel u. Koran, denn „Palästina“ schafft Terror, keinen Frieden.
    Der Westen und Europa sind momentan schlechte Ratgeber, weil der Terrorismus in West-Europa Unterstützung findet, geschweige denn von Deutschland, das im Wahnsinn lebt.

    3
  2. Juden in VAE
    Ich möchte diesen Teil aus dem Artikel gerne hier einfügen, er ist wichtig für ein gegenseitiges Verständnis!
    „Auch das zuvor aufblühende jüdische Leben in den Emiraten ist weitgehend zum Stillstand gekommen. Im Interview der israelischen Zeitung „Jerusalem Post“ erzählt der ehemalige Oberrabbiner des Jüdischen Rates der Emirate und der Vereinigung der jüdischen Golfgemeinden, Rabbi Elie Abadie: „Als ich vor einigen Jahren nach den Abraham-Abkommen anfing, haben wir die Gemeinde so schön aufgebaut. Sie blühte, sie wuchs. Anfangs lebten dort 200 Juden, später 1.500, wenn nicht mehr. Sie bauten jüdische Geschäfte, koschere Restaurants und Synagogen, und wir taten alles sehr öffentlich und mit Unterstützung der Regierung. Die emiratische Bevölkerung war sehr gastfreundlich.“

    Wichtig für mich, dass es auch mal positive, zugewandte Erzählweisen geben darf.

    2
    1. @Brigitte
      Sie denken positiv, wir nicht. Trotzdem, Israel und VAE eine schnell wachsende Freundschaft. Braucht man solche Freunde? Leider ja.

      1
      1. 200 Juden zu Beginn des Abrahmsabkommen. Da müssen wir uns die Frage stellen, warum waren es NUR noch 200. In den 40-Jahren wurden aus arabischen Ländern ca 750.000 Juden vertrieben. Das wollen gewisse Kreise nicht gerne hören.

        0
  3. Wir hatten uns alle über eine Annäherung gefreut. Auch das „zerstörte“ Hamas am 7.10. Letztendlich
    halten arab. Länder zusammen gegen Israel. Man fragt nicht, dass die Mullahs im Iran IL vernichten wollen mit Hisbollah und Huthis. Man hinterfragt das Massaker und verbliebene Geiseln nicht.
    OT: Heute berichtete WELT, dass die deutsche Regierung Waffen nach Katar genehmigte über 100 Millionen.
    Katar – Hamas Unterstützer. Schande zur Ampel. Scheinheilige Politiker? Die Waffenlieferungen für Israel liegen auf Eis. Die Außenministerin sagte letzte Woche, dass Staatsräson nicht für IL Regierung steht.
    – Lach – Steht bei der Dame überhaupt Staatsräson pro IL, nicht eher zur Pal-Regierung, die Abermillionen
    erhalten? Bitte schreibt die Bundesregierung an. Es kann nicht sein, dass Deutsche Waffen sich irgendwann gegen das Jüdische Volk richten. Danke. Shalom

    3
    1. Und doch konnte der Krieg das kleine Pflänzchen Frieden nicht vollständig zerstören. Es mag verkümmert sein, aber bei guter Pflege kann wieder etwas darauf werden.

      0
  4. ich finde es sehr gut das erst die Palästinenser Frage geklärt werden sollte, und es erst dann zu einem Abkommen kommt. Die VAE sollte keine Zugeständnisse machen was die Palästinenser Frage angeht!!!

    0
    1. Tolle Idee. In der Hamascharta und der der PLO steht, dass es einen Staat Israel nicht geben darf. Mit wem soll dann Frieden geschlossen werden, wenn es keinen Staat Israel gibt?

      Und bis die Juden ausgerottet sind – bei Israelheute habe es mal einen User, der davon träumte, dass die Juden wieder durch den Schornstein entschwinden – lebt man in der Region in Krieg weiter. Krieg ist ja so wundervoll und bringt die Menschheit extrem vorwärts. Ironie off.

      Begreift eigentlich irgendjemand der Verteidiger des Terrors der Palästinenser (Hamas und PLO) dass es nicht gewünscht ist, dass es mit Israel Frieden gibt. Dass es nicht gewünscht wird, dass es eine Zweistaatenlösung gibt. Denn für die Palästinenser zählt nur eines: judenrein muss es sein. Mit andern Worten: wir wollen die Endlösung Hitlers endlich vollziehen.
      Und auf den Straßen der Welt schreien dumme Zeitgenossen: ja, das ist geil.
      Vor Jahren gingen Pal. an die Öffentlichkeit, sie mussten ihre Namen verbergen, denn sie sagten: „In euerem Eifer uns zu helfen, habt ihr unsere Hauptindustrie zu einer Art Mafia gemacht, die im hellen Tageslicht Geld von Hilfsleistungen aus dem Westen stielt. Ihr habt einen bösartigen Zykus geschaffen . Wir leiden. Ihr seht das und helft. Ihr seht unser Leiden und leistet noch mehr Hilfe und der Zyklus geht weiter“
      Wann beginnt man auf diese Menschen zu hören, anstatt auf die Pal., die die den Mord an Juden bejubeln.
      Mit Hilfe der Kriegstreiber im Westen. Israel verschwindet nicht, auch wen man noch so den Teufel darum bittet.

      0
  5. Sehr interessante Analyse. Herauszustellen ist zum einen, dass es Hamas und Hisbollah bilang nicht gelungen ist, die Abraham-Abkommen zu torpedieren, was eines der Ziele ihrer Befehlshaber in Teheran war. Zum anderen – das ist nicht neu, aber sollte immer wieder gesagt werden -, dass die arabischen Staaten, einschliesslich der gemässigten, die Lösung der sogenannten Palästinenserfrage gerne anderen überlassen. Die Stationierung von Militär in Gaza reizt kein arabisches Land. Sie kennen – und fürchten – ihre Pappenheimer.

    2
  6. ich verstehe es wirklich nicht mehr…. Der Herr Sechting erkennt mal soeben 5 Mio. Menschen die Menschlichkeit, und das recht zur Existenz ab.

    Liebe Redaktion, dies ist nicht die erste Nachricht in der Form, und bei weitem nicht die schlimmste von allen. Dennoch ist es erlaubt, weil es ja NUR die PAL sind! Eine 2 Staatenlösung ist dagegen Antisemitismus. Meine Kommentare, 4/5 werden nicht veröffentlicht da ich die PAL als Menschen wahrnehme!

    Danke für ihre Zeit und mühe, hiermit disqualifiziert sich dieses Forum für mich als Alternative Meinung und Informationsquelle.

    1
    1. Keineswegs erkenne ich Menschen die Existenz ab. Die Abraham-Abkommen halte ich nach wie vor für wichtig, die HAMAS-Verbrechen seit dem 7.Oktober 2023 sind zu dokumentieren und auch die zahlreiche Mithilfe der sog. Palästinenser einschl. der Hass-Demos in Deutschland.
      Ich bin, das ist meine Meinung, GEGEN eine sog. Zwei-Staatenlösung, sondern für ein ISRAEL und die Integration der Israelischen Araber sowie der 800 Samariter.
      In der Tat erkenne ich die Berechtigung von Hamas, Hisbollah, Huthi-Rebellen und Mullahs ab, ich bin für ein System Change gegen Mullahs. Menschlichkeit kann nur MIT und nicht GEGEN Israel erfolgen,
      Menschlichkeit heißt auch, dass in Deutschland Rechte von Menschen Jüdischen Glaubens gestärkt werden.
      Die Israel-feindliche Gleichschaltung in vielen Teilen der deutschen Gesellschaft ist ein Drama, ich werde mich damit NICHT zu Frieden geben.
      Gott wird die Antwort geben, wir werden diese Antwort sehen in den nächsten Jahren…
      Terror-Staat Palästina widerspricht der in 1967 entworfenen Formel Land gegen Frieden, und Terror-Staat-Palästina wird auch nicht besser, wenn UNO, EU, Baerbock u.a. dieses indirekt unterstützen.
      Ich glaube an Israel, NICHT an „Palästina“ !!

      1
    2. Wir haben ja immer wieder das Vergnügen, Ihre propalästinensichen Kommentare zu lesen. Mir ist es noch nie gelungen, auch nur einen Kommentar auf einer propalästinensischen Plattform unterzubringen.

      2

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen