Nach dem tödlichen islamistischen Attentat auf seinen Stiefvater in Amsterdam beschließt ein junger jüdischer Niederländer, nach Israel auszuwandern und dort seinen Militärdienst für den jüdischen Staat zu leisten. Damit endet „Die Stimme“. Der Roman beginnt mit der Trauung bei einem Rabbi in New York – am 11. September 2001.
Jessica Durlacher ist in den Niederlanden nicht irgendeine Schriftstellerin. Die Autorin der Bestseller „Das Gewissen“, „Die Tochter“ und „Der Sohn“ ist international bekannt, und sie ist die Frau des wohl noch bekannteren Autors Leon de Winter, dessen Israel-Roman „Das Recht auf Rückkehr“ auch von Neuem lesenswert ist. In unserem Nachbarland ist das Literaten-Ehepaar immer wieder Teil gesellschaftlicher Debatten.
Mord an Theo von Gogh und Folgen verarbeitet
Als am 2. November 2004 der umstrittene Filmemacher Theo van Gogh von einem Islamisten auf offener Straße in Amsterdam regelrecht geköpft wurde, erschütterte das die Niederlande wie kaum ein Verbrechen zuvor. Anlass des Mordes war van Goghs Kurzfilm „Submission“ („Unterwerfung“) nach dem Drehbuch der Somalierin Ayaan Hirsi Ali, der am 29. August 2004 im öffentlichen Fernsehen gezeigt worden war. Der Film kritisiert Unterdrückung und Misshandlung von Frauen unter Berufung auf den Islam.
Wegen seiner antijüdischen Äußerungen galt der Regisseur als Erzfeind Leon de Winters, der in seinem Buch „Das gute Herz“ (2013) schließlich seinen Frieden mit Theo van Gogh machte. All das und noch viel mehr hat Jessica Durlacher nun in ihrem neuen Roman „Die Stimme“ verarbeitet.
„Den Mord an Theo van Gogh hatte ich natürlich im Kopf, und das Attentat ist in der niederländischen Gesellschaft immer noch sehr präsent. Und Ayaan Hirsi Ali wurde nach dem Mord an Theo van Gogh zur Sprecherin gegen islamistische Gefahren. Der Mörder wollte sie umbringen und tötete stattdessen ihn“, sagt Durlacher im Gespräch mit Israelnetz.
Trauma durch Anschläge in New York
Es beginnt am 11. September 2001 in New York City. Ein Paar aus den Niederlanden findet sich zur jüdischen Hochzeitszeremonie bei einem Rabbi in einem Hochhaus ein. Eines der drei Kinder guckt aus dem Fenster und sieht, wie ein Flugzeug in einen Wolkenkratzer-Turm kracht. Physisch passiert der Familie bei den Anschlägen nichts, aber das Trauma der Erlebnisse wirkt tief in den Alltag in Amsterdam nach.
Dafür, dass die Geschichte an dem Tag anfängt, hat die 60-Jährige natürlich eine Erklärung: „Seit den Anschlägen gab es weitere islamistische Attentate. Aber mit dem Datum ist uns erst die Bedrohung bewusst geworden. Seit dem Tag ist dieses Sicherheits- und Friedensgefühl in den westlichen Gesellschaften nicht mehr so vorhanden wie zuvor. Und obwohl wir uns nur einmal im Jahr konkret daran erinnern, ist das Ereignis immer noch präsent. Es gibt Menschen, die unsere westlichen Gesellschaften bekämpfen.“
Die Eltern heißen Zelda und Bor, die Kinder Philip, Pol und Sam – gehobenes Bildungsbürgertum in einem ruhigen Amsterdamer Vorort. Mit der Ruhe ist es vorbei, als der musikbegabte Sam die Somalierin Amal kennenlernt, die eine erstaunliche Singstimme besitzt. Fortan beschäftigt die Familie Amal als Kindermädchen und meldet sie bei der Talentshow „Die Stimme“ an. Nach einem gelungenen Live-Auftritt nimmt die Muslima vor laufenden Kameras ihr Kopftuch ab. Ein Akt der Befreiung, der allerdings nicht folgenlos bleiben kann.
„Das ist kein Buch über Ayaan Hirsi Ali“, macht Durlacher deutlich. Sie habe ihr das Buch in die USA geschickt, aber der Ansatz sei universell: „Wie es ist, einen Flüchtling bei sich zuhause aufzunehmen, und wie es einen verändert.“ Es höre sich zwar so schön an, einen Flüchtling aufzunehmen und diesem Menschen zu helfen. „Aber es ist im Alltag sehr schwierig, ein guter Mensch zu sein und vor allem dauerhaft ein guter Mensch zu sein. Man kann selbst kein gutes Leben haben, wenn man nicht auch anderen etwas gibt.“
Spannungsfeld zwischen zwei Frauen
Zelda und Amal – zwischen den beiden Frauen baut sich das Spannungsfeld auf. Bei diesem Verhältnis gehe es nicht um Eifersucht, sondern darum, dass eine fremde Frau mit starker Persönlichkeit bei einer Familie mit zwei Kindern ein und aus geht, sagt die Autorin. „Dabei haben die einheimische Frau und die fremde Frau den meisten Kontakt, und die kulturelle Weltanschauung und der Altersunterschied spielen auch eine Rolle beim Umgang miteinander.“
„Die Stimme“ enthält eine Art Vorhersage. Am Ende wird eine Person umgebracht, die in den niederländischen Medien sehr präsent ist. Das liest sich wie der Mord an dem Kriminalreporter Peter de Vries am 15. Juli 2021, der sich mit den Verbrechen der marokkanischen Mafia beschäftigte. So ist es aber nicht, denn: „Ich habe das Buch vor der Ermordung von Peter de Vries geschrieben.“
Die jüdischen Aspekte sind relevant. Durlacher: „Die Familie ist jüdisch, aber nicht religiös. Die Eltern von Zelda und Bor sind Holocaust-Überlebende, und deswegen fühlen sie sich besonders verantwortlich.“ Das ist durchaus autobiografisch, denn es trifft auch auf sie und Leon de Winter zu. Aus der mündlichen Tora hat sie die Passage der 36 Gerechten aufgenommen. Nach dieser Legende leben jederzeit auf der Welt 36 Menschen, derentwegen Gott die Welt nicht untergehen lässt. Durlacher: „Ich finde diese Vorstellung wunderschön und bedeutsam.“
Von: Andreas Schnadwinkel
4 Antworten
Möchte doch viele Menschen (Juden und Heiden) auf die „Stimme Gottes“ hören!.
Die Legende der 36 Gerechten (derentwegen Gott die Welt nicht untergehen lässt), ist mit dem Wort Gottes, dem allmächtigen Gott, nicht in Übereinstimmung zu bringen.
Es gibt nur einen gerechten Gott, der seinen einzigen Sohn, für die Sünden aller Menschen in den Tod gegeben hat, damit diese, gerecht werden können, wenn sie an Jesus Christus glauben.
Danke Jesus, dass Du Dein Leben für mich geopfert hast.
L.G. Martin
Gegen eine solche Unbill hilft nur tägliches Bibelstudium !
Gute Idee, fangen Sie mal mit 1.Mose 18 an.
Oder mit dem Buch Jona.
Wie Gott entscheidet ist die Entscheidung Gottes. Und wenn er Barmherzigkeit ausübt, dann ist es das Recht von ihm es zu tun. Ob da irgendwo 36 Gerechte rumrennen, ist mir schnuppe. Vielleicht sind es drei, vielleicht hundert. Vielleicht sind es ja Gerettete, die eine besondere Aufgabe von Gott erhalten haben. Und diese Aufgabe angenommen haben und sie ausüben. Wissen wir alles nicht, was in Gottes Welt so alles möglich ist. Wir sollten ihn machen lassen und nicht immer alles besser wissen zu wollen. Es gibt auch Christen, die der Meinung sind, das Hitler nur Gottes Auftrag ausführte, als der die Juden ermordete.
Nachtrag: die 36 Gerechte sind ein Albtraum, aber die Heiligsprechung der kath. Kirche nicht. Mag verstehen wer will.