In einer feierlichen Sitzung haben die 120 Abgeordneten der 20. Knesset am Dienstag ihren Treueschwur geleistet. Der Dichter Eres Biton, der in diesem Jahr den Israel-Preis gewonnen hat, verlas Psalm 122, in dem es heißt, Jerusalem sei als eine Stadt gebaut, „in der man zusammenkommen soll“.
In diesem Sinne mahnte Staatspräsident Reuven Rivlin die Abgeordneten, „keine Minute“ zu vergessen, wer sie hierher geschickt hat und dass sie Diener des Volkes seien. Er beschwor die Gewählten außerdem, trotz ihrer mosaikhaften Vielfalt – Araber, Orthodoxe, Ultra-Orthodoxe und Säkulare unter einem Dach – eine gemeinsame Vision und eine gemeinsame Sprache zu finden.
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Hymne gemieden
Ein gemeinsames Lied fanden die Abgeordneten am Dienstag zunächst nicht. Denn als wie üblich an einem so feierlichen Tag die Nationalhymne erklang, verließen einige Abgeordnete der Vereinigten Liste den Saal. Das allerdings ist auch üblich und aus der Vergangenheit bekannt. Einzig der Vorsitzende des überwiegend arabischen Parteienbündnisses, Aiman Odeh, und der Abgeordnete Dov Chenin blieben zugegen. Chenin bildet allerdings die Ausnahme, der einzige jüdische von 13 Abgeordneten der Vereinigten Liste zu sein. Weitere Dissonanzen waren am Dienstag nicht zu vermelden. Für etwas Irritation dürfte höchstens Chaim Jellin gesorgt haben: Der neu gewählte Abgeordnete von Jesch Atid brachte ein Stück einer Kassam-Rakete mit, das er den Journalisten mit strahlendem Lächeln zeigte. Die Rakete wurde im Sommer vom Gazastreifen auf Südisrael abgefeuert. „Ich bringe die Rakete mit in mein Büro, damit ich mir immer vergegenwärtige, wo ich herkomme und wen ich vertrete“, sagte der Abgeordnete aus der Region Eschkol am Rande des Gazastreifens. Jellin bringt eine weitere Besonderheit mit: Er ist einer von fünf Abgeordneten, die sich vor der Vereidigung einer anderen Staatsbürgerschaft entledigen mussten. Der 59-Jährige gab seine argentinische ab, ansonsten verloren Russland, Großbritannien und die USA ihre Bürger durch die israelische Wahl. Die USA verlangten dafür sogar ein Strafgeld von 2.350 Dollar. Israelis ist es zwar erlaubt, eine andere Staatsbürgerschaft zu besitzen. Knesset-Abgeordnete dürfen das seit 1958 jedoch nicht.Einführung für die Neuen
Die fünf Abgeordneten gehören zu den 39 Neulingen im Parlament. In der vergangenen Woche haben diese ein Einführungsseminar über den Knesset-Betrieb absolviert. Die Partei mit dem höchsten Anteil an Neulingen ist die ebenfalls neue Partei „Kulanu“, die zehn Sitze erhalten hat. Außer dem Vorsitzenden Mosche Kahlon sind alle neu dabei. Allerdings handelt es sich dabei auch um erfahrene Diplomaten wie den früheren Botschafter in den USA, Michael Oren. Mit 29 weiblichen Abgeordneten ist der Anteil der Frauen in der Knesset so hoch wie nie. Auch hat die Knesset noch nie so viele arabische Abgeordnete gesehen, 17 an der Zahl. Nur in einem Punkt ist keine bunte Vielheit zu vermelden: In der Knesset sitzen nur zehn verschiedene Fraktionen, was bislang nur zweimal in der Geschichte des Hauses vorkam. Das allerdings liegt auch an der Erhöhung der Wahlhürde von 2 auf 3,25 Prozent. Viele Parteien haben sich daher zu einem Bündnis zusammengeschlossen, was wiederum zu absurd bunten Fraktionen führt: In der Vereinigte Liste haben sich Kommunisten, Islamisten und arabische Nationalisten zusammengefunden.Die Farbe Grün
Der dienstälteste Knesset-Abgeordnete ist Amir Peretz von HaTnuah im Zionistischen Lager. 1988 zog er zum ersten Mal in das Parlament ein. Als Dienstältester hatte er am Dienstag die Ehre, übergangsweise Knesset-Sprecher zu sein und stellvertretend für die Abgeordneten den Eid zu leisten. Der älteste Abgeordnete ist mit 72 Jahren Benni Begin, der Sohn des früheren Premiers Menachem Begin. Das jüngste Parlamentsmitglied ist weiterhin Stav Schafir mit 29, die bereits 2013 für die Arbeitspartei in die Knesset gewählt wurde. So kunterbunt es in der Knesset auch zugehen mag, ihre Grundfarbe ist seit vergangenem Sonntag grün. Denn seit die 1.500 Solarzellen auf dem Dach in Betrieb gegangen sind, nennt sich das Haus nicht ohne Stolz das „grünste Parlament der Welt“. Zehn Prozent des Knesset-Stroms sollen aus dem üppigen israelischen Sonnenschein kommen, die Energiekosten dadurch gesenkt werden. Die Knesset soll damit zum Vorbild für Gesetzeshäuser weltweit werden, oder, wie der Sprecher der Knesset Juli Edelstein es mit Bezug auf den Propheten Jesaja formulierte, „von Zion wird Weisung ausgehen …“ (df)» Neue Knesset vereidigt (inn) Von Siegern und Verlierern (inn)