Jerusalem am 7. November um 11 Uhr. Für eine Minute ist alles still auf dem Campus der Hebräischen Universität, dann setzen sich die Menschen wieder in Bewegung. Sie laufen aber nicht zu ihren Laboren und Seminarräumen – sondern versammeln sich um ein Rednerpult im Innenhof des Geländes.
Auch vier große Pavillons reichen hier nicht ansatzweise, um die Hunderten Besucher vor der prallen Sonne zu schützen. Die Universität hat ihre Mitglieder zu einer Gedenkveranstaltung geladen. Genau einen Monat nach dem Terrorangriff der Hamas – oder dem „schwarzen Samstag“, wie der Tag in Israel genannt wird.
Als erstes tritt Amir Zini ans Mikrofon, der Bruder von Avraham Zini, einem Professor für Zahnmedizin. Er kämpft mit den Tränen, während er von seinem Sohn Nirel erzählt. Gemeinsam mit seiner Freundin Niv Raviv sei der 31-Jährige den Terroristen zum Opfer gefallen. Drei Tage, bevor sie sich verloben wollten. „Es übersteigt die Vorstellung“, sagt Zini am Ende seiner Rede – und ist sichtbar froh, das Mikrofon an den Professor Ascher Cohen abzugeben.
„Ein Trauma für den Staat Israel“
Der Psychologe Cohen ist zugleich Präsident der Hebräischen Universität. Er vergleicht den Terror des 7. Oktober mit den Anschlägen auf die USA am 11. September 2001. „Es ist nicht nur ein Trauma für jeden einzelnen. Es ist auch ein Trauma für jede Familie. Ein Trauma für den Staat Israel.“
Der Schmerz sitzt tief, das steht jedem einzelnen Zuhörer hier ins Gesicht geschrieben. Manche warten immer noch auf Freunde und Verwandte, „die genau jetzt als Geiseln in Gaza sitzen“, wie eine Studentin zu bedenken gibt.
Doron Talmon, die Stimme der Band „Jane Bordeaux“ aus Tel Aviv, stellt sich der schweren Aufgabe, die Emotionen mit etwas Musik aufzufangen. „Wir sind nicht allein – wir haben einander“, singt sie durch das Mikrofon.
Auch die zahlreichen Hilfsorganisationen, die die sozialen Folgen des Krieges abfedern wollen, halten heute kurz inne. In den Sozialen Medien haben sie einen „Tag voller Schmerz und Hoffnung“ ausgerufen. Vor der Schauspielschule „Nissan Nativ“ im Zentrum Jerusalems verteilt eine Freiwillige kleine Aufkleber. „Gedenken an das Simchat-Tora-Massaker“ steht darauf.
Der Winter steht vor der Türe
Doch eine echte Pause kann sich hier keiner leisten. Im Erdgeschoss der Schauspielschule ist schon vor Wochen ein Second-Hand-Laden entstanden. Das Besondere: Er richtet sich ausschließlich an Israelis, die wegen des Krieges von der Nord- oder Südgrenze des Landes evakuiert wurden. Und alle Waren sind kostenlos.
„Zu Beginn waren wir auf schnelle Hilfe ausgerichtet“, erklärt Niv Segal-Doron, die gerade die Verantwortung für das Projekt innehat. „Aber der Krieg geht schon viel länger als gedacht. Jetzt steht der Winter vor der Tür und die Leute haben nicht genügend warme Sachen.“ Es könne sehr kalt werden in Jerusalem.
Doch auch den Begriff der Hoffnung, mit dem dieser 7. November überschrieben ist, kann Niv mit Inhalt füllen. Sie engagiere sich schon lange in verschiedenen Friedensprojekten. Natürlich seien die Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern jetzt auf eine harte Probe gestellt. Doch sie hoffe weiterhin darauf, dass es eines Tages zu einer „Zwei-Staaten-Lösung“ kommt. Ihre Kollegin Dana pflichtet ihr bei: „Vor ein paar Wochen haben wir Israelis uns noch gegenseitig bekämpft. Jetzt halten wir zusammen. Die vielen Freiwilligen geben Hoffnung.“
Valentin Schmid studiert derzeit in Jerusalem.
6 Antworten
Auch ich bin sehr traurig, dass die Menschen nicht erkennen wollen, dass alleine der allgewaltige Gott unsere Hoffnung und unser Fels sein will. Nur bei IHM sind wir sicher!
L.G. Martin
@Untertan
Da kann man Untertan nur zustimmen. Nur bei IHM im Himmel sind wir sicher.
Toda raba für diese wunderbaren Menschen die sich dafür einsetzen und Hilfe leisten und auch noch alles gratis!
Adonai segne Israel und alle die zusammen stehen!
Es ist eine traurige und bittere Zeit für Israel ! Den 7.Oktober zu verarbeiten, wird immer schwer fallen. Außerdem ist es wichtig, dass die Welt die Schuld der HAMAS beim Namen nennt, das geschieht bisher zu wenig.
Niv Segal-Doron ist sicher ein guter Mensch. Sie glaubt an die Zwei-Staaten-Lösung und daß „genügend warme Sachen“ das Problem lösen könnten, daß die „Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern jetzt auf eine harte Probe gestellt“ seien. Durch die Petitesse von 1400 massakrierten und gefolterten Zivilisten. Und über 200 Geiseln.
Ich faß es nicht.
Hat sie für ihre Zwei-Staaten-Lösung auch eine Regierung für den zweiten Staat?