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Ein israelisches Urgestein

Israels Staatspräsident Schimon Peres, das älteste Staatsoberhaupt weltweit, gibt den Stab ab an seinen Nachfolger Reuven Rivlin. Ob der agile Politiker, der am 2. August sein 91. Lebensjahr vollendet, damit auch in den eigentlich wohl verdienten Ruhestand tritt, ist indes ungewiss.
Die Amtszeit von Schimon Peres als Staatspräsident geht am 24. Juli zu Ende.

Schimon Peres ist definitiv der bekannteste und weltweit beliebteste Israeli. Seit 1959 gehörte er der Legislative des Staates Israel an und war damit der am längsten amtierende Parlamentarier des jüdischen Staates. Die Politkarriere des polnisch-stämmigen Sozialdemokraten erstreckt sich über sechs Jahrzehnte. In dieser Zeit hat er Höhen erlebt und Tiefen durchlitten, gehörte zu den meistgehassten Politikern, wird heute aber von einer überwältigenden Mehrheit seines Volkes verehrt.
In seiner Antrittsrede als 9. Präsident des Staates Israel nannte er David Ben-Gurion, Jitzhak Rabin und Ariel Scharon als Männer, mit denen er sich in besonderer Weise verbunden fühle, mit denen er sich gemeinsam dem Wohl des Staates Israel verpflichtet sah und die gemeinsam mit ihm als Quartett einzigartig die Geschichte des jüdischen Staates Israel verkörperten. Jetzt ist er der letzte Überlebende der legendären Gründergeneration des jüdischen Staates.
Am 2. August 1923 wurde Szymon Perski in Wiszniew, das heute in Weißrussland liegt, geboren. Im Alter von elf Jahren wanderte er mit seinen Eltern in das britische Mandatsgebiet Palästina ein. Seitdem er 1948 persönlicher politischer Berater von Staatsgründer David Ben-Gurion war, hatte Schimon Peres praktisch alle hohen politischen Ämter des Staates Israel inne. Im Alter von 29 Jahren war er Generaldirektor des Verteidigungsministeriums, zweimal Premierminister, dreimal Außenminister.

Notorischer Träumer?

Peres wird als „Vater des israelischen Atomprogramms“ gehandelt und zog bei einigen der spektakulärsten Militäraktionen Israels, wie etwa der Befreiungsaktion von Entebbe 1976, im Hintergrund die Fäden. Gleichzeitig ist er der Meister der Geheimdiplomatie, entscheidender Motor des Prozesses von Oslo und erhielt für den Handschlag mit PLO-Chef Jasser Arafat auf dem grünen Rasen vor dem Weißen Haus in Washington im September 1993 im Jahr darauf gemeinsam mit Jasser Arafat und Jitzhak Rabin den Friedensnobelpreis. Allerdings wurde er von seinen eigenen Leuten dafür auch als „Verbrecher von Oslo“ beschimpft.
In Israel ist Schimon Peres als notorischer Träumer bekannt und wurde für seinen „Neuen Nahen Osten“ oft von Gegnern verhöhnt. Als frisch gewählter Staatspräsident verkündete er, dass er in seinen 48 Jahren in der Knesset „keinen Augenblick die Hoffnung verloren“ habe. Hoffnung zu vermitteln, sieht er auch im hohen Alter als eine seiner vornehmsten Aufgaben.
Dabei ist das beharrlichste Urgestein der israelischen Politik vor allem als „Loser“, als Verlierer, bekannt. Schimon Peres hatte bis zu seiner Wahl zum Präsidenten am 13. Juni 2007 nie eine Wahl gewonnen. So witzelten Journalisten hinter seinem Rücken: „Wir wissen nicht, was im Jahr 2050 sein wird – außer, dass es Wahlen geben und Schimon Peres verlieren wird“ – was wohl als Beweis dafür gelten muss, dass Journalisten schlechte Propheten sind und Träumer manchmal auch nach langer Zeit noch einen Erfolg erzielen.
Eine der beharrlichsten Journalistenfragen, die den alten Staatsmann in den vergangenen Jahren begleitet hat, ist wohl die, wann er denn endlich in Rente gehen wolle. In Krisenzeiten hatte er mit nachdenklichem Ernst geantwortet: „Solange ich meinem Volk helfen kann, stehe ich zur Verfügung.“ Als frisch gewählter Präsident meinte er: „Wer etwas gegen mein Alter hat, möge sich bitte an meine Urenkel wenden.“ Die originellste Antwort des nach wie vor frisch wirkenden Pensionärs war aber wohl: „Keine Angst, ich werde nicht vergessen, zu sterben.“

Keine Skandale

Mit Bravour hat Peres das Vertrauen der israelischen Bevölkerung in das Amt des Präsidenten wieder hergestellt, nachdem sein Vorgänger, Mosche Katzav, wegen Vergewaltigung zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Im vorerst letzten Abschnitt seines Lebens erwies er sich als großer Staatsmann und einte das chronisch zerstrittene Volk Israels auf souveräne Art und Weise. Außenpolitisch ist Schimon Peres definitiv der erfolgreichste Repräsentant des so vielfach angefeindeten und verleumdeten Staates Israel.
Peres ist nicht nur Politiker. Er ist belesen und hat Gedichte verfasst. Nicht zufällig zählten die Schriftstellerin Simone de Beauvoir und andere Literaten zu seinen engsten Freunden. Im äußerst korruptionssensiblen und skandalbewussten Israel konnte ihm, im Gegensatz zu anderen Politikern, nie Geldgier, Korruption, unlautere Nähe zu Millionären oder Wirtschaftsmagnaten vorgeworfen werden. Auch Frauengeschichten werden über Peres nicht erzählt.
Sein Privatleben hat er mit Erfolg vor der Öffentlichkeit versteckt. Seine inzwischen verstorbene Frau Sonja hielt sich beharrlich im Hintergrund und verweigerte sich auch dann noch dem Rampenlicht der Öffentlichkeit, als ihr Mann Staatspräsident wurde. Schimon Peres hat eine Tochter namens Zvia, sowie zwei Söhne, Jonathan und Nehemia, und sechs Enkel.

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