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Ein Hängebauchschwein als Friedenstaube

„Das Schwein von Gaza“ ist das schelmisch-humorvolle Regiedebüt von Sylvain Estibal, das vorige Woche in den deutschen Kinos anlief. Die israelisch-palästinensische Komödie um den Fischer Jafaar möchte mit einem Schwein, das „sauviele Probleme“ macht, eine „Verbindung zwischen den beiden Lagern“ des Nahostkonflikts schaffen.
Wie bringt ein Palästinenser ein Schwein am besten unauffällig in eine israelische Siedlung?

„Niemand wird angegriffen, aber es wird auch niemand verschont“, stellt der Regisseur Estibal seinen Streifen vor. Eine treffende Beschreibung. Der Franzose will alle Konfliktparteien ein wenig auf die Schippe nehmen, aber niemandem wirklich weh tun. Anstatt Streit zu provozieren, möchte er die Lager „zum Lachen bringen“, denn er hat den „starken Wunsch, Dinge zu ändern“ – und das Schwein ist sein Botschafter.
Freilich hohe Ziele, die der Filmemacher anvisiert. Sollte es an ihrer praktischen Umsetzung hapern, liegt das nicht an der Geschichte des Films. Denn die ist so amüsant wie kurios.
Der arme palästinensische Fischer Jafaar hat viel Grund zu klagen. Sein Haus im Gazastreifen ist halb zerbombt und das Dach wird von israelischen Soldaten als Wachturm missbraucht. Fischfang wie Fischverkauf laufen katastrophal und die Schuldner setzen ihm die Pistole auf die Brust. Und dann das: Beim Fischen geht ihm ein borstiger Eber ins Netz. Jafaar ist völlig durcheinander, denn Schweine sind für Muslime und Juden unrein. Versuche, das Schwein mit einer Kalaschnikow zu erschießen oder an die UN zu verkaufen, scheitern kolossal. Doch Jafaar gibt nicht auf. Sein Geschäftssinn erwacht, als er hört, dass die Juden in der angrenzenden Siedlung Schweine züchten – der Film spielt vor dem israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen im Sommer 2005. Nach schwieriger Kontaktaufnahme stellt sich heraus, dass das unreine Borstenvieh tatsächlich von der jüdisch-russischen Einwanderin Elena zur Befruchtung ihrer Schweinedamen gebraucht werden kann.
„Sauerei im Nahen Osten“
Doch an der Geschichte hört man: Lange kann das nicht gut gehen. Und so nimmt das schweinische Chaos zwischen Juden und Palästinensern, Dschihadisten, den Soldaten und der Polizei seinen Lauf. Wieso das vietnamesische Schwein in Schaffelltarnung und Sprengstoffgürtel zu bewundern ist, wie Jafaar es schafft, dem Eber das Sperma zu entlocken, das Elena von ihm zur Befruchtung ihrer Schweine verlangt und warum der Palästinenser erst ein gefeierter Märtyrer und dann ein Flüchtiger wird, kann ein Besuch im Kino beantworten. Dieser Artikel tut es nicht. Empfehlenswert ist „Das Schwein von Gaza“ sicher für jeden, ob Komödienliebhaber, Nahostinteressierten oder Friedensaktivisten.
Mit dem im Irak geborenen Israeli Sasson Gabay („Die Band von nebenan“) ist die palästinensische Hauptrolle symbolträchtig und gleichzeitig herausragend besetzt. Als Zuschauer das großartige Mienenspiel von Jafaar, zwischen grummliger Ausdruckslosigkeit und kindlicher, ungezähmter Freude, zu beobachten, macht die „Sauerei im Nahen Osten“ („Jüdische Allgemeine“) schon für sich genommen sehenswert.
„Jafaar“, sagt Gabay über seine Figur, „muss sich mit der ganzen Welt anlegen. Und doch gibt er nicht auf! Er ist einer dieser einfachen Männer, an den jeder von uns glauben kann.“ Das ist eine Ansage. Zur Friedenstaube im Nahen Osten taugt das Hängebauchschwein jedoch nicht, auch wenn Filmemacher Estibal das hofft. Dafür ist die dortige Situation zu verfahren und das „Schwein von Gaza“ zu „nett“, meint „Spiegel Online“.
Trotzdem wurde der Regisseur Estiban für seinen „vom Lachen erstickten Wutschrei“ zu Recht mit dem französischen „César“-Preis in der Kategorie „Bester Erstlingsfilm“ prämiert.

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