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Droht den Schmuggeltunneln das Aus?

GAZA / KAIRO (inn) – Seit Jahren blüht im Gazastreifen die sogenannte „Tunnelindustrie“. Waren für den täglichen Bedarf, Menschen, Drogen, Waffen und sogar Autos werden durch unterirdische Gänge von Ägypten in das Palästinensergebiet geschmuggelt. Doch nicht nur Israel sind die Tunnel ein Dorn im Auge. Auch das Ägypten unter Mohammed Mursi hat dem Schmuggel den Kampf angesagt. Hamas-Vertreter sind besorgt.
Die ägyptische Regierung lässt Schmuggeltunnel an der Grenze zwischen dem Sinai und dem Gazastreifen zerstören.

Als Hosni Mubarak noch Präsident von Ägypten war, hat die ägyptische Armee gelegentlich solche Tunnel zerstört. Am 5. August hatten Dschihadisten das Feuer auf ägyptische Grenzpolizisten auf der Sinai-Halbinsel eröffnet und dabei 16 von ihnen getötet. Die Regierung in Kairo vermutet, dass einige der Angreifer die Tunnel zwischen dem Gazastreifen und der Sinai-Halbinsel genutzt haben. Seitdem geht auch sie gegen die Schmuggeltunnel vor.
Am vergangenen Samstag gab es im Gazastreifen erste öffentliche Proteste gegen das Vorgehen Ägyptens. Wie die palästinensische Nachrichtenagentur „Ma‘an“ berichtet, hatten sich Hunderte Anhänger der Hamas an der Grenze zu Ägypten versammelt, um gegen die Zerstörung der Tunnel zu protestieren. Sie skandierten unter anderem: „Die Schließung der Tunnel ist eine Todesstrafe für Gaza.“
Hamas will Freihandelszone
Am Montag wandten sich Vertreter der Hamas-Regierung an die Führung in Ägypten. Sie baten Kairo, alternative Handelswege zu prüfen, beispielsweise die Einrichtung einer Freihandelszone. Dies würde Steuereinnahmen erhöhen. Außerdem könnte so die Kontrolle der Importwaren in den Gazastreifen durch Israel und die rivalisierende Fatah-Partei umgangen werden, so die Hamas-Vertreter laut „Ma‘an“.
Auch die Tunnelbesitzer klagen. Einer von ihnen ist Abu Abdallah. Er erklärte laut „Ma‘an“: „Das Tunnelgeschäft versiegt und ägyptische Sicherheitskräfte arbeiten Tag und Nacht, um die Tunnel zu versiegeln. In einer Gegend entlang der Grenze wurden 180 Tunnel geschlossen.“ Die Schließungen hätten zu einem Anstieg der Preise für Lebensmittel und Baumaterialien geführt. „Der Bau-Boom in Gaza wird bald ein Ende haben, wenn alle Tunnel, über die Schotter gebracht wurde, von ägyptischen Sicherheitskräften blockiert wurden“, so Abdallah weiter. Nach eigenen Angaben beschäftigt der Tunnelbesitzer 40 Arbeiter.
Ali, ein anderer Tunnelbetreiber, sagte laut „Ma‘an“, der Import von Baumaterial sei unmöglich geworden. Ägyptische Lieferanten hätten die Preise erhöht, die Hamas habe den Tunnelbetreibern jedoch verboten, ihre Preise an die Steigerung anzupassen. „Eine Tonne Zement kostet jetzt 400 Schekel (rund 100 Dollar). Aber die Hamas zwingt uns, für 370 Schekel zu verkaufen. Das bedeutet, dass ich Verlust mache noch bevor ich die Arbeiter bezahlt habe, die die Güter durch die Tunnel gebracht haben“, so Ali. Er und viele andere hätten die Arbeit daher derzeit niedergelegt.
Experte warnt vor „wirtschaftlicher Katastrophe“
Maher al-Tabba‘a, ein Wirtschaftsexperte in Gaza, teilte laut „Ma‘an“ mit, rund 30 Prozent der Waren im Gazastreifen würden über Schmuggeltunnel in das Gebiet gebracht. Von den verkauften Lebensmitteln seien nach Angaben von Tunnelbetreibern etwa 80 Prozent durch die unterirdischen Gänge in den Gazastreifen geschmuggelt worden. „Wenn die Tunnel geschlossen werden, wird es einen totalen Zusammenbruch in Gaza geben. Es würde eine wirtschaftliche Katastrophe erleiden“, so Al-Tabba‘a.
Waren im Wert von einer Milliarde Dollar über Israel nach Gaza transportiert
Israel und Ägypten hatten den Gazastreifen im Juni 2007 abgeriegelt, nachdem die Hamas dort die Macht übernommen hatte. Ägypten hatte nach dem Sturz von Ex-Präsident Mubarak den Grenzübergang Rafah zwar wieder geöffnet, lässt jedoch kaum Waren in das Gebiet. Israels Regierung hatte die Beschränkungen in den vergangenen zwei Jahren stark gelockert. Laut Ibrahim Dschaber, vom Planungsministerium der Hamas-Regierung, wurden im Jahr 2011 Güter im Wert von rund einer Milliarde Dollar über Israel in den Gazastreifen transportiert.

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