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Drei Männer in die Freiheit entlassen

Erneut sind drei israelische Geiseln zurück in Israel. Ihr erster äußerer Eindruck erinnert an Bilder von Auschwitz-Überlebenden.
Von Israelnetz
Geiseln Or Levy Ohad Ben Ami Eli Scharabi

Genau 16 Monate nach ihrer brutalen Entführung in den Gazastreifen sind Ohad Ben Ami, Or Levy und Eli Scharabi zurück in Freiheit. Die Übergabe durch die Hamas-Terroristen an die Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes (IRK) erfolgte am Samstagmorgen in der Stadt Deir al-Balah im Gazastreifen. Höchstwahrscheinlich wurden sie dort festgehalten, regelmäßig bekam die Stadt humanitäre Hilfslieferungen.

Übergabe als Spektakel

Teil des aktuellen Abkommens zwischen der Hamas und Israel ist, dass die Hamas 24 Stunden vor der Übergabe die Namen der freizulassenden Geiseln mitteilt. Wie bereits in den vergangenen Wochen hielt sich die Terror-Organisation auch dieses Mal nicht an die Vereinbarung: Mit vielen Stunden Verspätung teilte sie erst am Freitagabend die Namen der Geiseln mit.

Auch diesmal wurden die Bilder des arabischen Senders „Al-Dschasira“ im israelischen Fernsehen ausgestrahlt. Ein israelischer Kommentator nannte die Übergabe „die Eurovision von Gaza“: Vor unversehrten Villen war eine riesige Bühne aufgebaut. Und erneut gab es eine perfide inszenierte Zurschaustellung der Hamas.

Auf einem riesigen Poster stand in Anlehnung an den selbstgewählten Namen ihres Massakers vom 7. Oktober „Al-Aqsa-Flut“ auf Arabisch, Englisch und Hebräisch: „Wir sind die Flut – Wir sind der Tag danach.“ Damit reagierte die Terrorgruppe auf die wiederholte Forderung der Weltgemeinschaft, eine politische Lösung für den Gazastreifen zu schaffen. Darunter war das Foto eines zerknirschten Benjamin Netanjahu zu sehen und in hebräischer Sprache stand darauf: „Der totale Sieg“.

Schwer erträgliche Bilder

Als die Geiseln aus dem Auto der Terroristen stiegen, war bei den Zuschauern in Israel der Schock groß: Unweigerlich wurden viele an Bilder von Auschwitz-Überlebenden erinnert, so schlecht sahen die drei Männer aus. Freunde sagten im Fernsehen: „Ich erkenne ihn kaum wieder. Er ist ein Skelett.“

Als wäre dieser Anblick nicht genug, wurden die Geiseln auf die Bühne geführt, jeweils von zwei bewaffneten und maskierten Hamas-Terroristen flankiert. Nacheinander wurden sie auf Hebräisch befragt und gezwungen, in ein Mikrofon ihren Dank der Hamas gegenüber dafür auszudrücken, dass sie sie rundum gut versorgt hätte.

Drei Männer kehren in eine schwere Realität zurück

Eli Scharabi, der kommende Woche 53 Jahre alt wird, wurde am 7. Oktober aus seinem Haus im Kibbuz Be’eri entführt. Hamas-Terroristen ermordeten seine Frau Lianne und die beiden Töchter Jahel und Noja. Sein Bruder Jossi wurde ebenfalls entführt und starb im Januar vergangenen Jahres durch einen Angriff der israelischen Armee. Sein Leichnam wird noch immer im Gazastreifen festgehalten.

Der Bruder der beiden, Scharon, sagte in einem Interview: „Eli kehrt in eine harte Realität zurück. Es ist wie ein Horror-Drehbuch. Vielleicht hat er gehört, was seiner Familie passiert ist, und hatte Zeit, es zu verarbeiten. Und wenn nicht, dann sollte er es erfahren, wenn er in professionellen, umarmenden Händen ist.“

Auf der Bühne in Deir al-Balah am Samstagmorgen fragte ein Terrorist Eli Scharabi: „Du weißt, dass deine Regierung deinen Bruder Jossi umgebracht hat?“ Scharabi bejahte die Frage, eine Menge von Hunderten Zivilisten stand neben den bewaffneten Terroristen und jubelte.

Seit seiner Entführung hatte die Familie Scharabi keine Informationen über Elis Schicksal erhalten. Elis Bruder Scharon sagte: „Ich bin sicher, dass Eli von einem ganzen Volk umarmt werden wird, das alles tut, um ihn wiederherzustellen. Wir hoffen, dass seine Seele geheilt wird und wir ihn glauben lassen können, dass neues Leben entstehen kann.“

Auch Ohad Ben-Ami, der über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt, stammt aus dem Kibbuz Be’eri. Der 56-jährige Buchhalter war am 7. Oktober 2023 angeschossen worden, als er das Haus verließ, um die Fensterläden zu schließen, weil er die Terroristen hatte kommen sehen. Seine Frau Ras hatte seine Entführung angesehen, versteckte sich und wurde ebenfalls entführt. Sie war im Rahmen des ersten Geiseldeals freigelassen worden.

Sie und die drei Töchter Juli, Ella und Nathalie hatten anhaltend um seine Freilassung gekämpft. In der Hoffnung, sie zu hören, hatte sie Medien gegenüber gesagt: „Wenn du zurückkommst, wirst du nicht glauben, was für Löwinnen unsere Töchter geworden sind. Sie kämpfen jeden Tag um dich.“

„Moggi, wir haben Papa gefunden“

Zusammen mit seiner Frau Einav war Or Levy am 7. Oktober auf dem Nova-Festival gewesen. Als sie in einem Bunker Schutz vor den Raketen suchen, erschossen Terroristen Einav und entführten den heute 34-Jährigen. Der dreijährige Sohn Almog, der den Spitznamen Moggi trägt, wohnt seitdem bei seinen Großeltern.

Eine bewegende Nachricht teilte Ors Bruder Tal am Freitagabend auf seiner Facebook-Seite: „Am Tag, nachdem bekannt wurde, dass seine Mutter ermordet worden war, wollte ich Almog ins Bett bringen. Es war das erste Mal, dass ich ein Kind ins Bett brachte. Ich dachte damals, man legt es einfach ins Bett, liest ihm eine Geschichte vor, wünscht ‚Gute Nacht‘, und schon schläft es ein. Doch Almog schlief nicht ein. Er war aufgeregt und traurig, so wie ich ja auch. Irgendwann, nachdem ich es fast aufgegeben hatte, hob ich ihn hoch, umarmte ihn. Plötzlich wurde mir klar: Damit er sich entspannt, muss ich mich entspannen. Ein paar Minuten lagen wir so da, trauerten und hielten einander in den Armen. Nach und nach gelang es uns, uns zu entspannen. Dann schlief er ein.“

Die Familie hatte dem Dreijährigen erzählt, dass sein Vater sich verlaufen habe und er deshalb nicht komme. Am Freitag konnten sie ihm nun sagen, dass sie seinen Vater gefunden hätten. „Heute Abend brachte ich Almog wieder ins Bett, nachdem ich ihm gesagt habe, dass sein Papa morgen zurückkommt und sie nach so langer Zeit endlich wieder zusammen sein werden. Wieder waren wir sehr aufgeregt, doch diesmal waren die Umstände ganz anders. Ich sagte zu ihm: ‚Ich weiß, dass wir beide sehr aufgeregt sind. Und dann fällt es manchmal schwer, einzuschlafen.‘ Doch dieses Mal schlief er schnell ein.“

Tal Levy schreibt weiter: „Nun schläft er im Zimmer neben mir und ich sitze hier mit einer Aufregung, die ich nicht in Worte fassen kann. Mir ist klar, dass viele Herausforderungen vor uns liegen und dass wir alle das Erlebte verarbeiten und heil werden müssen. Morgen wird Almog endlich seinen Vater zurückbekommen. Und ich meinen Bruder.“

Bei seiner Freilassung sagte ein Freund von Levy dem israelischen Fernsehsender „Kan“: „Es ist ein Augenblick der Freude“, um dann hinzuzufügen: „Die Freude ist nicht komplett, bis die letzte Geisel zurück bei uns zu Hause ist.“

Ben Avi traf im Ichilov-Krankenhaus seine Familie, Levy und Scharabi im Scheba-Krankenhaus. Dort beginnen sie ihre Rehabilitation.

Für die drei Geiseln ließ Israel 183 Sicherheitshäftlinge frei. 111 von ihnen wurden während des Krieges im Gazastreifen festgenommen und werden dorthin zurück entlassen. (mh)

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