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Die wohlfeile Kritik von Amnesty

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erhebt Vorwürfe gegen Israel, bietet aber auch auf Nachfrage keinen Vorschlag zur Besserung. Damit erscheint die Kritik billig und wenig konstruktiv. Eine Analyse von Daniel Frick
Warten am Checkpoint: Amnesty International sieht darin einen Verstoß gegen Menschenrechte

Die Organisation Amnesty International verfolgt seit nunmehr 60 Jahren ein wichtiges Anliegen: Menschenrechtsverletzungen in aller Welt zu benennen und Rechtsbeistand anzubieten. Ein Aspekt dieser Arbeit ist der alljährliche Länderbericht. Wer das aktuelle Kapitel zu Israel unter die Lupe nimmt, erhält allerdings Anlass zum Verdacht, dass es sich Amnesty zu einfach macht. Zudem lastet die Organisation Israel den Tod eines Kindes an, für den der jüdische Staat gar nichts kann.

Einige der Angaben wirken wie blind übernommen. So schreibt Amnesty unter Berufung auf die israelische Organisation Adalah, die sich für die Rechte von Arabern einsetzt, in Israel gebe es mehr als 65 „diskriminierende Gesetze“. Tatsächlich listet Adalah eine Reihe von Gesetzen unter diesem Etikett auf. Doch dort finden sich auch solche wie das Staatssiegel-Gesetz von 1949. Dieses sieht das Staatssiegel auf allen offiziellen Dokumenten vor.

Da Israel nun einmal ein jüdischer Staat ist, ist es auch nicht überraschend, dass der Davidstern und die Menora dessen Symbole sind. Wenn sich Amnesty nun uneingeschränkt in das Kielwasser von Adalah begibt, legt das die Annahme nahe, dass sich die Organisation an der Existenz Israels als eines jüdischen Staates stört. Auf den Gedanken, in gleicher Weise etwa Kreuze auf den Flaggen europäischer Nationen zu beanstanden, kommt Amnesty jedenfalls nicht.

Unpräzise Darstellung

In Teilen weist der Bericht Falschdarstellungen und Auslassungen zulasten Israels auf. So behauptet Amnesty, ein herzkrankes Baby sei im Gazastreifen gestorben, „nachdem die israelischen Behörden der Familie nicht erlaubt hatten, für eine geplante Operation am 24. Mai im Sheba Medical Center in Ramat Gan nach Israel einzureisen“.

Die Wahrheit ist: Die Palästinenser hatten damals die Koordination mit Israel aufgrund der Annexionspläne der Regierung beendet. Daher kam es zu keiner Ausreise. Forderungen von „Menschenrechtsorganisationen“, den Bewohnern des Gazastreifens freien Zugang zu Israel unabhängig dieser Koordination zu gewähren, dürfen angesichts des Terrorismus aus dem Gazastreifen als zynisch gelten. Immerhin kam es auch schon vor, dass Palästinenser die Krankentransporte für terroristische Zwecke missbrauchten.

Die Pointe ist hier jedoch, dass Amnesty von der Aussetzung der Kooperation weiß und diese auch benennt. Allerdings sind diese Informationen in einem anderen Kapitel des Berichts zu finden, nämlich im Abschnitt zu „Palästina“. Dort heißt es: „Die palästinensischen Behörden hatten unter anderem keine Genehmigungen mehr erteilt, um Patient_innen aus den besetzten Gebieten in israelische Krankenhäuser zu verlegen.“ Dass in diesem Zusammenhang ein herzkrankes Baby gestorben ist, erwähnt Amnesty nur in dem Kapitel über Israel. Vor dem Hintergrund, dass Israel in der Vergangenheit nicht nur einmal der Vorwurf des „Kindermörders“ gemacht wurde, erscheint diese Form der Darstellung zutiefst fragwürdig.

Die Antwort auf eine Nachfrage macht es nicht besser: Es handele sich im Deutschen um eine Fehlübersetzung des englischen Originals, palästinensische Behörden könnten gar nichts „genehmigen“, sie hätten nur eine „unterstützende Rolle“ in dem Prozess. Israel sei „als Besatzungsmacht“ verpflichtet, eine Ausreise zu ermöglichen. Aus Sicht von Amnesty ist Israel also auch dann schuld, wenn Palästinenser die Zusammenarbeit mit Israel aussetzen, die mutmaßlich zur Rettung des Babys geführt hätte.

Unbeantwortete Fragen

Nicht nur aufgrund solcher Mitteilungen wirken die Vorwürfe von Amnesty unüberlegt. So beschwert sich die Organisation über die „Blockade“ des Gazastreifens, die eine „Kollektivbestrafung“ für dessen Einwohner darstelle. Nun ist es auch Amnesty nicht entgangen, dass Israel dieses nicht zum Spaß tut, sondern aus Sicherheitsgründen. Auf die Frage, wie genau Israel vorgehen solle, um die eigenen Bewohner zu schützen und zugleich eine „Kollektivstrafe“ zu vermeiden, antwortete Amnesty mit dem vagen Verweis, dass die Maßnahmen zum Schutz der eigenen Bürger „menschenrechtskonform“ sein müssten. Anders formuliert: Eine Antwort bleibt Amnesty hier schuldig.

Auf ähnliche Weise stellt es sich auch bei dem Vorwurf dar, Palästinenser würden an den Checkpoints in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Diesen Vorwurf zu erheben ist nicht verkehrt. Doch der Bericht geht mit keiner Silbe auf die Ursachen ein, sondern stellt nur die „Menschenrechtsverletzungen“ durch Israel fest. Wer bei Amnesty nachfragt, warum es diese Kontrollen überhaupt gibt, erhält die Antwort: „Es geht uns um eine sachliche Darstellung der Menschenrechtslage. Es unterliegt uns nicht darüber zu spekulieren, aus welchen Motive heraus Menschenrechtsverletzungen begangen werden.“

Man könnte auch sagen: Amnesty stellt sich dumm. Das wirft dann aber die Frage auf, wie ernst deren Forderungen an Israel zu nehmen sind. Hinlänglich bekannt ist, dass besagte Kontrollen erst infolge palästinensischen Terrors während der beiden „Intifadas“ eingerichtet wurden. Das einzupreisen würde bedeuten, bezüglich der „Menschenrechtsverletzungen“ auch Palästinenser in die Pflicht zu nehmen. In dem aktuellen Bericht hat sich Amnesty dies jedoch nicht zugemutet. Journalisten unterliegt es nicht, darüber zu spekulieren, aus welchen Motiven heraus dieser Schritt unterlassen wurde.

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