JERUSALEM (inn) – Auch ein halbes Jahr nach dem Massaker der Hamas in Südisrael sind noch 133 Menschen in den Händen der Hamas. In Tel Aviv versammeln sich am Samstagabend Zehntausende auf den Straßen, um für ihre Befreiung zu demonstrieren. In Jerusalem sind es nur einige Hundert, doch die Rede des Hauptredners berührt.
Als Jaja Fink auf die Bühne gebeten wird, stimmt er den bekannten Slogan an: „Bringt sie zurück! Alle! Jetzt!“ Die Demonstranten rufen mit. Und dann erzählt Fink seine Geschichte: „Obwohl ein halbes Jahr vergangen ist, denke ich jede Nacht an den Fehler, den ich an Simchat Tora gemacht habe. In der Synagoge erhielt ich den ‚Zav 8‘, den Einberufungsbefehl für Zivilisten zum Reservedienst. Sofort eilte ich zu dem Ort, wohin die Armee mich orderte.“
Der gebürtige Jerusalemer erklärt: „Das war ein Fehler, den ich mir nicht verzeihen kann. Nachdem ich meinen Kindern einen Abschiedskuss gab, hätte ich direkt in den Süden fahren müssen, um meinen Brüdern und Schwestern an der Grenze zum Gazastreifen zu helfen. Genau wie es der Held Israels Elchanan Kalmanson und andere taten. Der Gedanke, dass ich wenigstens einem Menschen hätte helfen können, nicht als Geisel in den Gazastreifen entführt zu werden und damit eine Seele zu retten, lässt mich nicht los.“
Bitte um Vergebung
Heute Abend sei er aus zwei Gründen gekommen, sagt Fink. „Der erste ist: Ich möchte um Vergebung bitten. Ich möchte euch, die Familien der Entführten, um Verzeihung bitten dafür, dass ich damals nicht in den Süden gefahren bin. Ich bitte um Vergebung dafür, dass ich nach 142 Tagen aus dem Reservedienst zurückgekehrt bin, ohne eure Lieben nach Hause zu bringen.“
Konkret bittet er Elad Katzir um Verzeihung, „von dem wir mehrere Lebenszeichen aus der Geiselhaft erhielten und der ermordet wurde, ohne dass wir ihn nach Hause brachten“. Erst wenige Stunden vor der Demonstration war bekannt geworden, dass Katzir schon im Januar ermordet wurde und die Leiche nun von Soldaten geborgen werden konnte.
Fink erinnert an die weiblichen Geiseln: „Ich möchte Amit um Verzeihung bitten und alle anderen weiblichen Geiseln, für das, was euch angetan wurde und wird. Ich bitte um Verzeihung für gewählte Volksvertreter, welche die Familien der Geiseln herabwürdigen, anstatt sich für sie einzusetzen.“
Der religiöse Jude erklärt, dass die Zurückführung der Geiseln zutiefst jüdisch ist. „Es ist die Basis des jüdischen und zionistischen Ethos und es tut mir leid, dass es Menschen gibt, die diese Angelegenheit politisiert und zu einer kontroversen Debatte gemacht haben. Um Vergebung bitte ich auch im Namen eines Teils der religiösen zionistischen Führung. Eigentlich sollte sie diesen Kampf führen, doch sie tut es nicht. Bitte verzeiht, dass wir euch und eure Lieben an Simchat Tora allein gelassen haben. Verzeiht.“
Den Menschen Kraft geben
Dass Fink mit einer Agenda kommt, wird spätestens klar, als er den zweiten Grund für sein Kommen an diesem Abend angibt: „Ich möchte euch stärken und Kraft geben. Ich bin ein optimistischer Mensch und glaube an unser Volk, ich glaube an ‚Tikkun Olam‘, eine Verbesserung der Welt, und ich glaube an die Hoffnung.“
Der Brigadeoffizier der Reserve ist überzeugt: „Der Großteil unseres Volkes, ob rechts oder links, konservativ, säkular oder religiös, steht hinter euch und unterstützt euch. Mehr als alles wollen diese Leute, dass eure Lieben nach Hause kommen. Wir, der Großteil des Volkes, werden nicht ruhen und euch nicht allein lassen und mit euch kämpfen, dass die Geiseln nach Hause kommen. Wir werden alles tun, um sie euch zurückzubringen. Jetzt, so schnell wie möglich, denn die Zeit läuft.“
Ein halbes Jahr nach dem Massaker und den Entführungen haben viele im Land eine Beziehung zu den einzelnen Geiseln entwickelt. Deshalb sagt Fink: Die Geiseln „sind nicht nur eure Kinder, Geschwister, Partner und Enkel. Sie sind ein Teil von uns und wir sind ihnen verpflichtet. Ohne ihre baldige Rückkehr ist die die israelische Gesellschaft unvollständig. Ihre Rückkehr ist das zionistische und jüdische Ethos. Unser Judentum heiligt das Leben und befreit die Gefangenen.“
Der zweifache Vater erklärt, dass er alles tun wird, um die Geiseln zurückzubringen. „Unser Volk verfügt über enorme Kräfte, die jedes Hindernis auf dem Weg ihrer Rückführung überwinden werden.“
Hoffnung auf den Tag danach
Deshalb möchte er mit den Versammelten über jenen Tag nachdenken, an dem unsere Geiseln zu uns zurückkehren: „An jenem Tag, der mit eurer Hilfe bald geschehen wird, wird unser ganzes Volk mit der israelischen Fahne auf die Straßen gehen. An jenem Tag wird an den Plakatwänden der Ajalon-Schnellstraße in Tel Aviv der Slogan stehen ‚Unser Judentum ist die Heiligkeit des Lebens‘. An jenem Tag, werden die Israelis das Gegenteil unserer Feinde wählen, nämlich das Leben und die Zukunft. An jenem Tag wird das Vertrauen zwischen den Bürgern und dem Staat wiederhergestellt.
An jenem Tag wird Israel wieder das Land unseres Stolzes sein, das wir so sehr lieben. An jenem Tag wird es einen totalen Sieg über die Tempel des Todes geben.“ Dank des Einsatzes des jüdischen Volkes werde dieser Tag bald kommen.
Auch an die Skeptiker hat Fink eine Botschaft: „Denen, die Angst vor einem Deal haben, sei gesagt, dass wir in den letzten sechs Monaten allein in Judäa und Samaria 3.700 Terroristen festgenommen haben. Auch am Tag nach der Freilassung der Geiseln werden wir diejenigen stoppen, die es zu stoppen gilt. Der Kampf gegen den Terror begleitet uns seit den Anfängen des Zionismus, nach der Freilassung der Geiseln werden wir ihn noch energischer fortsetzen.“
Nachdrücklich betont Fink: „Den Geiseln läuft die Zeit davon, sie brauchen jetzt einen Deal.“ Er zitiert den verstorbenen britischen Rabbiner Jonathan Sacks: „Verzweiflung ist kein jüdisches Gefühl. Wir sagten und sagen immer: unsere Hoffnung ist noch nicht verloren.“ Der Reservist ergänzt: „Deshalb geben wir nicht auf und werden alle nach Hause zurückbringen. Das ist unsere Mission, denn der Kampf um die Rückkehr der Geiseln ist der Kampf für unser Image und das Image dieses Landes.“
Zum Schluss titet Fink die Demonstranten, mit den Taschenlampen ihrer Handys zu leuchten und das beliebte Lied von Ehud Manor zu singen: „Ich habe kein anderes Land. Auch wenn mir der Boden unter den Füßen brennt, nur ein Wort auf Hebräisch dringt in meine Adern und meine Seele ein. Mein Körper schmerzt, mein Herz ist hungrig, doch hier ist mein Zuhause. Ich werde nicht schweigen, weil mein Land sein Gesicht verändert hat. Ich werde es nicht aufgeben und ich werde an es erinnern und in seine Ohren singen, bis es seine Augen öffnet.“
Seine Rede schließt Fink mit den Worten: „Jeder von uns sollte jeden Tag so begehen, als wäre sein eigenes Familienmitglied noch nicht aus Gaza zurückgekehrt. Vielen Dank und eine gute neue Woche.“ (mh)
7 Antworten
Der Reserveoffizier Jaja Fink bittet die Familien der Geiseln um Entschuldigung dafür, dass er nicht mehr getan hat. Hat er Recht? Nein. Warum? Auch er ist ein Opfer des Hamas-Terrors.
Gerade als Opfer fühlt er sich verantwortlich. Kann ich gut verstehen.
Freuen Sie sich doch unter diese Geste.
„Den Geiseln läuft die Zeit davon, sie brauchen jetzt einen Deal.“ Zum Deal gehören 2 Parteien. Wenn die Hamas quasi die Kapitulation Israel fordert, dann ist das im wahrsten Sinn des Wortes eine Kapitulation, ein Aufgeben des Staates Israel und kein Deal! Das ist so beschämend! Die UN und Weltgemeinschaft müssen massiven Druck auf Hamas üben, NICHT auf Israel! Die Hamas fühlen sich gerade darin sehr stark, dass auf Israel Druck gemacht wird. Druck auf Israel üben bedeutet den Terroristen Recht für ihr abscheuliches, unmenschliches Handeln geben! Wo bleibt da die Humanität?
Volle Zustimmung
Jaja Fink ist ein positives Beispiel, wie Israelis denken. Leider denken die UNO-Verantwortlichen total anders:
Die UNO steht NICHT zur Verantwortung für die Beteilung am HAMAS-Terror seit dem 7.Oktober 2023 durch UNRWA-Mitarbeiter. Die UNO übt NICHT Druck aus auf die HAMAS, während Israel nun viele Feinde hat: Iran, HAMAS, HISBOLLAH, es ist schwierig, aber Gott wird Israel helfen !
Wie viele Terroristen sollen in dem »Deal« gegen die noch lebenden und ggf. toten Geiseln freikommen. Und wie viele Israelis werden dann durch die freigekommenen Terroristen ermordet, verletzt oder wieder entführt werden? Ich finde es zutiefst unredlich, dass Netanjahu unterstellt wird, dass er wenig für die Geiseln tut. Die Uneinigkeit Israels ist das große Problem. Nur wer den Gott Israels sucht, wird von ihm Gutes erwarten können. Hier ist Einigkeit vonnöten. So wie beim Auszug aus Ägypten werden die Menschen gerettet, die Gott wirklich vertrauen und sich outen wie damals, als sie das Blut von außen an Ihre Türen gestrichenb haben. Shalom