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Die jüdische Trauung

"Es gibt viele Gründe, in Israel zu heiraten", verkünden jüdische Unternehmen. Sie bieten die gesamte Organisation einer Hochzeit bis ins Detail an. In Israel wird die Trauungszeremonie gerne unter einem Baldachin im Freien gehalten. Das Wetter macht dies fast das ganze Jahr hindurch möglich. So muss sich das Hochzeitspaar nur zwischen einer romantischen Hochzeit am Meeresstrand, einer Wüstenzeremonie mit historischem Bezug auf der legendären antiken Festung Massada oder einer eher religiös betonten Trauung in Jerusalem entscheiden. Eine Trauung in Israel sei billiger als in Amerika, London oder Paris und "letztendlich und am wichtigsten: Wo sollte ein jüdisches Paar sonst heiraten als in Israel?!"

Im Staat Israel gibt es keine zivilen Eheschließungen. Alle jüdischen Ehen werden in einem religiösen Ritual durch einen orthodoxen Rabbiner geschlossen. Natürlich setzt jede Familie ihre persönlichen Akzente. Für säkulare Juden spielt das Festmahl im „kleineren“ Verwandten- und Freundeskreis eine große Rolle – dazu werden dann etwa 500 Menschen geladen. Bei Ultraorthodoxen und vor allem, wenn sich die Kinder von bedeutenden Rabbinern das Jawort geben, wird das Gebot, sich mit dem Hochzeitspaar zu freuen – „Simchat Chatan ve-Kalla“ -, für so wichtig gehalten, dass ganze Straßen in Jerusalem für Zehntausende von Hochzeitsgästen gesperrt werden müssen.

Fasten und Sündenbekenntnis

Am Hochzeitstag selbst fasten die Braut und der Bräutigam und legen ein Sündenbekenntnis ab. Der Tag der Trauung ist als persönlicher Versöhnungstag gedacht, an dem alle Sünden vergeben werden und die beiden ganz neu anfangen dürfen. Zwei halbe Menschen werden vereint und bekommen eine neue reine Seele. Der Bräutigam soll deswegen einen weißen Kittel tragen. Chassidische Juden glauben, dass jeder von Geburt an nur den Teil einer Seele besitzt. Erst mit der Heirat wird die Schöpfung des Menschen vollendet.

Nach alter Sitte legt der Bräutigam selbst seiner Braut einen Schleier übers Gesicht und erinnert dadurch daran, dass sich die Stammmutter Rebekka mit einem Schleier verhüllte, bevor sie Isaak traf (1. Mose 24,65). Der Schleier symbolisiert Reinheit, Demut und die Würde der Braut. Der Mann zeigt durch diesen Brauch, dass er sich zu Schutz und Versorgung verpflichtet. Dann wird die Braut von Eltern und Großeltern gesegnet. An der Kleidung des Bräutigams werden alle Knoten gelöst als Zeichen dafür, dass alle anderen Bindungen aufgelöst sind.

Die eigentliche Trauung findet unter der „Chuppah“, dem „Brauthimmel“, statt. Dieser Baldachin steht für das Haus des Mannes, in das die Braut in einer feierlichen Prozession geführt wird. So hatte Rut einst zu Boas gesagt: „Breite den Zipfel deines Gewandes über deine Magd“, und sich damit unter den Schutz des Mannes und gleichzeitig beide unter den Schutz Gottes gestellt. Wenn der Baldachin unter dem freien Himmel steht, soll das Brautpaar an die Verheißung Gottes an Abraham erinnert werden: „Sieh gen Himmel und zähle die Sterne… So zahlreich sollen deine Nachkommen sein!“ (1. Mose 15,5).

Die Braut steht zur Rechten des Bräutigams, wie es im Psalm 45 steht, einem Lied zur Hochzeit des Königs. Bei der Hochzeit wird das Brautpaar als königliches Paar betrachtet. Nach der Einleitung trinken beide aus einem Becher Wein. Der Bräutigam muss der Braut einen wertvollen Gegenstand überreichen. Heute ist das meist ein Ring. Dabei sagt er: „Mit diesem Ring bist du mir anvertraut nach dem Gesetz Moses und Israels.“ Zum Abschluss der Trauung zertritt der Bräutigam ein Glas als Zeichen dafür, dass keine Freude vollkommen sein kann, so lange der Tempel zerstört und Jerusalem nicht vollkommen aufgebaut ist: „Vergesse ich dich, Jerusalem, so verdorre meine Rechte. Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sind“ (Psalm 137, 6). Diese Zeremonie wird „Kidduschin“, „Heiligung“, genannt. Die Ehe selbst heißt „Nissuin“.

Ehevertrag in aramäischer Sprache

Danach wird der Ehevertrag, die „Ketubah“, verlesen, die nach alter babylonischer Tradition in aramäischer Sprache verfasst wird. Darin verpflichtet sich der Bräutigam, in bestimmten Bereichen die Verantwortung für seine Frau zu übernehmen. Oftmals wird dieser Vertrag schon vor der Trauzeremonie in Anwesenheit von zwei Zeugen unterschrieben. Die Ketubah ist Besitz der Braut, zu dem sie immer Zugang haben muss. Solche Eheverträge können wahre Kunstwerke sein, die gerahmt an der Wand im Haus aufgehängt werden.

Die „Scheva Brachot“ – „Sieben Segnungen“ – werden über einem zweiten Becher Wein rezitiert. Sie führen zurück auf den Schöpfungsbericht, allerdings wird das ganze Volk Israel in die Gebete mit eingeschlossen. Der Schöpfer der Welt, der Geber der Freude und Liebe und der Erlöser Israels wird gelobt und gepriesen. Vortragen darf diese Segnungen der Rabbi oder jemand, den die Familie ehren möchte.

Nach Ansprachen und Glückwünschen soll sich das Brautpaar allein in ein Zimmer zurückziehen. Dort wird das Fasten gebrochen. So wird das „zusammen Wohnen“, das in der Bibel als Vollzug der Ehe verstanden wird, verdeutlicht. Danach wird mit einem Festmahl und viel Tanz gefeiert. Bei orthodoxen Hochzeiten tanzen Männer und Frauen getrennt, im Kreis um die Braut und den Bräutigam. Die jüdische Gemeinde zeigt ihre Zusammengehörigkeit, indem sie sich mit dem Brautpaar freut.

Das neu vermählte Paar wird nach der Hochzeit nicht sich selbst überlassen. Anders als Nichtjuden, die sich meist unmittelbar nach der Feier auf die Hochzeitsreise verabschieden, soll ein jüdisches Paar die ersten sieben Tage seiner Ehe innerhalb der jüdischen Gemeinschaft verbringen, wo es zum Essen eingeladen wird. Das hindert allerdings die eingangs erwähnten Unternehmen nicht daran, als Teil des „Hochzeitspakets“ „koschere Hochzeitsreisen“ unter rabbinischer Aufsicht bis beispielsweise nach Sri Lanka anzubieten.

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