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Die iranische Bedrohung und die deutschen Medien

BERLIN (inn) - US-Geheimdienste glauben, dass die iranische Regierung noch keinen Befehl zum Bau einer Atombombe gegeben habe. Daraus dürfe nicht der Schluss gezogen werden, der Iran komme der Bombe nicht näher, analysiert Clemens Wergin, Nahost-Experte der Tageszeitung "Die Welt".

Die "New York Times" habe vergangene Woche darüber berichtet, dass verschiedene amerikanische Geheimdienste der Meinung seien, die Regierung des Iran habe den Bau einer Bombe noch nicht angeordnet. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA habe indes festgestellt, dass der Iran seine Versuche zur Urananreicherung "mit enormer Geschwindigkeit vorangetrieben" habe, schreibt Wergin für seinen "Welt"-Blog "Flatworld". "Tatsächlich widersprechen sich beide Nachrichten nur bedingt", meint der Journalist und erklärt, dass die US-Nachrichtendienste bereits 2007 unter der Präsidentschaft von George W. Bush in dieser Frage zu einer konservativen Position neigten.

"Schon damals hielten viele Dienste in Europa, einschließlich des deutschen, die US-Sicht für falsch, wonach Teheran die Bemühungen zum Bau eines nuklearen Gefechtskopfes im Jahr 2003 gänzlich eingestellt habe", so Wergin. In dem Bericht der "New York Times" werde lediglich dargelegt, was die meisten Experten glaubten: "Demnach habe die Teheraner Führung noch nicht entschieden, einen ‚break out‘ zu wagen, also eine finale Anstrengung zur Konstruktion der Bombe." Währenddessen habe sich der Iran "Stück für Stück immer näher an die Bombe herangerobbt, um die Lücke zur tatsächlichen Konstruktion eines Sprengkopfs immer weiter zu schließen", schreibt Wergin im Hinblick auf den Bericht der IAEA. Die Iraner verkürzten momentan die Zeitspanne, die sie für den Bombenbau benötigen, sobald die Regierung den Befehl zum "break out" geben sollte.

Spielt der "Spiegel" die Gefahr herunter?

Auch der renommierte Blog "Zettels Raum" setzt sich kritisch mit der Rezeption des "New York Times"-Berichts auseinander und geht dabei auf die Berichterstattung des Hamburger Wochenmagazins "Der Spiegel" ein. In dessen Internetausgabe war am Samstag die Schlagzeile zu lesen: "Iran-Atomprogramm – CIA glaubt nicht an Teherans Bombe". Die Autoren des "Spiegel" hätten dem Text der "New York Times" einen "propagandistischen Dreh" gegeben, heißt es in dem Blog, da die CIA keineswegs eine Gefahr durch ein iranisches Atombestreben ausgeschlossen habe. In dem besagten Artikel der "New York Times" sei es gar nicht darum gegangen, ob der Iran dabei ist, die Voraussetzungen für den Bau einer Atomwaffe zu schaffen. Es gehe allein um die Frage, ob die Entscheidung bereits gefallen sei, mit dem Bau von Sprengköpfen zu beginnen.

Konkret berichtet die amerikanischen Zeitung (Übersetzung von "Zettels Raum"): "Es gibt zwischen amerikanischen, israelischen und europäischen Geheimdienstlern keine Differenzen darüber, dass der Iran nuklearen Brennstoff anreichert und Einiges an Infrastruktur entwickelt, was erforderlich ist, um Atommacht zu werden." Und weiter: "Aber die Central Intelligence Agency und andere Geheimdienste glauben, dass der Iran erst noch die Entscheidung treffen muss, ein paralleles Programm für die Konstruktion eines nuklearen Gefechtskopfs wieder aufzunehmen."

Somit sei die "Spiegel"-Schlagzeile "Iran-Atomprogramm – CIA glaubt nicht an Teherans Bombe" grob irreführend. Vielmehr beschäftige das Thema der iranischen Atomrüstung die US-Regierung intensiv, heißt es in dem Blog.

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