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„Die größte diplomatische Veranstaltung, die Jerusalem erlebt hat“

Vor dem 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz bereitet sich Jerusalem auf eine internationale Konferenz vor. Das ukrainische Parlament gedenkt erstmals der Opfer. In den Niederlanden erinnert ein neues Kunstwerk an die Deportierten.
Vor 75 Jahren wurde Auschwitz von der Roten Armee befreit – deshalb gibt es in Jerusalem eine große internationale Konferenz

JERUSALEM / KIEW (inn) – Die Vorbereitungen laufen: Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz hält das Welt-Holocaust-Forum mit der Gedenkstätte Yad Vashem am 23. und 24. Januar eine internationale Konferenz in Jerusalem ab. Dafür haben zahlreiche Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme zugesagt. Russland wird durch Präsident Wladimir Putin vertreten, die USA durch Vizepräsident Mike Pence. Weitere Gäste sind der französische Präsident Emmanuel Macron, der englische Thronfolger Prinz Charles, der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen. Das Vernichtungslager wurde am 27. Januar 1945 befreit.

Insgesamt sind 46 politische Persönlichkeiten angemeldet. Die israelische Polizei will mit rund 6.300 Beamten für deren Schutz sorgen. Bewohner müssen mit Einschränkungen im Verkehr rechnen, bestimmte Straßen und Parkplätze werden gesperrt. Der Jerusalemer Bürgermeister Mosche Lion sagte laut der Tageszeitung „Yediot Aharonot“: „Es handelt sich um die größte diplomatische Veranstaltung, die der Staat Israel und die Stadt Jerusalem bislang erlebt haben. Deshalb haben wir uns grundlegend und umfassend vorbereitet, um den Bewohnern der Stadt die Lage zu erleichtern und gute Lösungen für die Fortsetzung der Routine zu finden.“

Ukraine: Erstmals Gedenken im Parlament

Auf der Gästeliste steht auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Sein Land wurde Anfang Januar von Israel wegen einer „Glorifzierung von Judenmördern und Nazikollaborateuren“ kritisiert. Darauf erwiderte das Außenministerium, es handele sich um interne ukrainische Angelegenheiten. Doch in diesem Jahr hielt das ukrainische Parlament erstmals eine Zeremonie zum Holocaustgedenktag ab. Daran nahmen etwa 120 Personen des öffentlichen Lebens, Diplomaten, Abgeordnete und Journalisten teil, schreibt „Yediot Aharonot“.

„Unsere Rache ist, hier zu sein, zu leben und einen Davidstern zu tragen, den Staat Israel stolz als unabhängigen Staat zu präsentieren.“

Der Abgeordnete Max Boschinskij sagte: „35 Millionen Soldaten und unter ihnen sieben Millionen Ukrainer kämpften im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis. Heute geschieht vor unseren Augen eine Legalisierung von Nazismus. Damit dürfen wir uns nicht abfinden.“

Vor dem Parlament sprach auch der israelische Botschafter Joel Lion: „Ja, ich schreie!, ja, ich spreche mich immer gegen eine Glorifizierung von Kollaborateuren der Nazis und gegen Antisemitismus aus“, reagierte er auf die ukrainische Antwort an Israel. „Ich stamme von Scho’ah-Überlebenden ab. Meine Mutter wurde in Frankreich gerettet, mein Großvater fiel, als er mit den Partisanen in Frankreich kämpfte. Unsere Rache ist, hier zu sein, zu leben und einen Davidstern zu tragen, den Staat Israel stolz als unabhängigen Staat zu präsentieren.“

Niederländisches Kunstwerk erinnert an Opfer

In den Niederlanden indes wurde am Donnerstag ein neues Denkmal für Opfer der Scho’ah eröffnet. Das Kunstwerk „Levenslicht“ ist zunächst in Rotterdam am Ufer der Maas ausgestellt. Anschließend soll es bis zum 2. Februar in weiteren Städten gezeigt werden. 104.000 Steine sind mit ultraviolettem Licht angestrahlt, jeder steht für ein Opfer. Künstler Daan Roosegaarde wurde nach eigenen Angaben inspiriert durch die jüdische Sitte, Steine an Gräbern abzulegen.

Gerdi Verbeet leitet das nationale Komitee für das Gedenken an den 4. und 5. Mai, also die Befreiung von der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten. „Der Gedanke ist, alle Bürger zu ehren, aus den gesamten Niederlanden, die aus ihren Häusern weggebracht, deportiert und ermordet wurden“, merkte sie gemäß der Tageszeitung „Ha’aretz“ an. „Man kann nicht 75 Jahre Freiheit feiern, ohne still zu stehen im Gedenken an die Menschen, die nicht lange genug überlebt haben, um die Befreiung zu erleben.“

Noch 192.000 Überlebende in Israel

Im vergangenen Jahr sind in Israel 14.800 Überlebende des Holocaust und Opfer von antisemitischen Angriffen gestorben. Das gab die Behörde für die Rechte von Scho’ah-Überlebenden am Mittwoch bekannt. Sie ist im Finanzministerium angesiedelt.

Demnach gibt es in Israel noch 192.000 Überlebende von antisemitischer Verfolgung. Die meisten haben während der Scho’ah gelitten. Doch auch Juden, die in Marokko und Algerien unter dem Vichy-Regime lebten, werden mitgezählt. Hinzu kommen irakische Juden, die 1941 Opfer der „Farhud“ wurden – eines Pogroms mit zahlreichen Toten.

Von den Überlebenden sind 74.000 und damit 39 Prozent älter als 85. Über 100 Jahre alt sind 839 dieser Juden. Etwa zwei Drittel der Betroffenen erhalten Zuwendungen vom Staat.

Von: eh

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