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Die ganze Geschichte des VW-Käfers

Ferdinand Porsche gilt als der „Vater des Käfers“. Der geniale Kopf hinter dem Käfer war ein anderer, sein Name: Josef Ganz. Die gebührende Anerkennung für seine Innovationen wurden dem jüdischen Ingenieur zeitlebens verwehrt, sein Name aus der Geschichte des VW-Käfers getilgt.
Von Gundula Madeleine Tegtmeyer

„Ich habe dich auf den Weg gebracht, ein Auto mit Charakter, zeitlos, ein Wagen für das Volk“, spricht eine männliche Stimme wehmütig als Voiceover zu Beginn der Dokumentation „Ganz: die wahre Geschichte des VW-Käfers“ von der Filmemacherin Suzanne Raes. Ihr Film begleitet ihren Landsmann, den niederländischen Autoren Paul Schilperoord, auf seiner Spurensuche und Belegen für die Schlüsselrolle von Josef Ganz in der Entwicklung des VW-Käfers.

Die aufwendigen und detaillierten Recherchen Schilperoords lassen den Rückschluss zu: Vom jüdischen Autonarr und Ingenieur Dr. Josef Ganz stammen die Entwürfe, das grundlegende Konzept, der Name und Spitzname des Kleinwagens. Doch Ganz konnte die Lorbeeren seiner genialen Innovationen nicht genießen, er musste aus Nazi-Deutschland fliehen und geriet in Vergessenheit.

Josef Ganz erblickte zehn Jahre nach Erfindung des Automobils am 1. Juli 1898 in Budapest das Licht der Welt. Er wuchs in Wien auf, der damaligen Metropole, in der sich auch der 1875 in Böhmen geborene Automobilkonstrukteur Ferdinand Porsche regelmäßig aufhielt. Begegnet sind sich die beiden Männer nie.

Sein technisches Talent zeichnet sich bereits in seiner Jugend ab. Die Meinungen über Ganz gehen in seiner Familie weit auseinander, den einen gilt er als Spinner, den anderen als Genie. Letztere sollten Recht behalten.

Erste Erfindung lässt auf Berühmtheit hoffen

Als Zwölfjähriger erfindet er eine Schutzvorrichtung für die elektrische Straßenbahn. Die Fachwelt ist verblüfft und ein Zeitungsartikel orakelt, „der junge Techniker verspricht ein berühmter Mann zu werden“. Noch stehen für den jungen Ganz die Zeichen positiv auf eine vielversprechende Karriere und Ruhm.

Wie Tausende anderer jüdischer Männer kämpft auch Josef Ganz im Ersten Weltkrieg für sein Land, er ist in Warnemünde auf dem Marinefliegerstützpunkt „Hohe Düne“ stationiert. Hier hört er zum ersten Mal von Aerodynamik und abgerundeten Formen, beides wird er später in seinen Auto-Skizzen aufgreifen.

Nach Kriegsende geht er nach Darmstadt, um dort Maschinenbau zu studieren und trifft auf Madeleine, die Liebe seines Lebens. Beide verbindet ihre Begeisterung für Technik und Automobile. Inspiriert von der eleganten Silhouette des „Tropfenwagens“ von Edmund Elias Rumpler (1872–1940), träumt der Autonarr Ganz bereits 1923 von einem leichten Auto, das sich jeder leisten kann, ein Auto für jedermann, ein Volkswagen im wahrsten Sinne des Wortes. Noch aber fehlen ihm die finanziellen Mittel, das „perfekte“ Auto entwickeln zu können. Unternehmen zögern, in die Entwicklung kleiner Autos zu investieren.

Notgedrungen arbeitet Ganz als Journalist und wird Chefredakteur der „Motor-Kritik“. Sein Motto lautet: Ohne Kritik kein Fortschritt. Ganz lebt für Autos und testet jedes Modell selbst, sein Urteil ist in der Automobilindustrie gefürchtet. Drohbriefe sollen ihn einschüchtern, ihn mundtot machen. Madeleine ermutigt ihn, keine faulen Zugeständnisse zu machen, sich treu zu bleiben.

Geburtsstunde des „Maikäfers“

Schließlich gelingt es Josef Ganz, einen Prototyp zu entwickeln: den „Ardie Ganz“, ein Auto, in seiner Formsprache der Natur nachempfunden. Es ist die Geburtsstunde des „Maikäfers“

Adler, Mercedes und BMW reißen sich um den jüdischen Ingenieur. Die Nazi-Zeitschrift „Nationale Front“ hingegen nennt ihn „einen jüdischen Schädling, eine Gefahr für die deutsche Industrie“.

Ganz wehrt sich gegen die Verleumdungen und sammelt Unterstützerbriefe. Er droht der Redaktion, gegen sie zu klagen. Die „Nationale Front“ ist gezwungen, ihre Diffamierungen zurückzunehmen. Es ist das Jahr 1932, noch herrscht Rechtssicherheit und zu Ganz‘ großer Freude produziert die Firma Standard seinen Maikäfer. Das Auto wird als „Volkswagen“ beworben.

Sein unerschütterlicher Fortschrittsglaube verleitet Ganz, die aufziehenden finsteren Zeichen der Zeit zu verdrängen, mit für ihn weitreichenden Folgen: Die Gestapo verhaftet ihn, der Vorwurf lautet auf Industriespionage. Wir schreiben das Jahr 1933. Man bringt ihn in das berüchtigte Gefängnis Berlin-Moabit, dort wird Ganz Tag und Nacht verhört. Eine Anklageschrift gegen ihn gibt es nicht.

Dank seiner guten Kontakte zu hochrangigen Personen kommt er nach einem Monat frei. Kaum aus der U-Haft entlassen, macht sich Josef Ganz wieder an die Arbeit. Sein zweites Modell des Standard Superior wird etwas größer als das Vorgängermodell sowie mit einer schwungvolleren Form und einer Heckscheibe.

Berichte über seine Entwicklungen verboten

Im selben Jahr belegt ihn das NS-Regime mit Berufsverbot, er darf nicht mehr veröffentlichen und niemand mehr über ihn und seine Entwicklungen berichten. Ganz‘ Auftraggeber bei Daimler Benz, BMW und Adler kündigen die Zusammenarbeit auf. Nach März 1934 taucht der Name Josef Ganz nirgends mehr auf.

Madeleine ermutigt ihren Mann, zur Erholung in die Schweiz zu fahren. Als Ganz auf der Rückfahrt nach Frankfurt am Main ist, warnt ihn ein ehemaliger Kollege, er solle zu seinem Schutz besser in den Schweizer Bergen bleiben. Die Situation spitzt sich zu. 1936 erhält Ganz eine weitere Warnung. Dieses Mal betrifft es nicht nur seine Patente, sondern auch sein Leben.

Er begibt sich auf eine riskante Reise, fährt nach Deutschland, um aus Frankfurt am Main seine Dokumente zu holen. Der Tag ist klug gewählt, denn die Nazis halten in Nürnberg Reichsparteitag. Zuhause in Frankfurt rafft der Ingenieur hastig seine wichtigsten Dokumente, Skizzen und Patente zusammen. Im Garten seines Hauses macht er ein letztes Foto. Er ahnt, es wird ein Abschied für immer.

Noch am selben Tag fährt nach Zürich zurück. Ganz ist nun heimatlos. Auf nicht näher bekannten Kanälen gelingt es ihm 1935, sich einen Pass von Honduras zu besorgen, mit dem er künftig reisen wird. 1938 entziehen ihm die Nazis seine deutsche Staatsbürgerschaft, mit weitreichenden Konsequenzen: Josef Ganz verliert somit auch sämtliche Ansprüche auf seine Patente.

Hitler bestellt „Volkswagen“

In Nazi-Deutschland erteilt Adolf Hitler dem Automobilkonstrukteur Ferdinand Porsche den Auftrag, einen erschwinglichen „Volkswagen“ zu bauen. Hitlers Vorgabe: Der Kaufpreis soll 1.000 Reichsmark sein. Hitler, er hat zeitlebens keinen Führerschein, träumt aber von einem motorisierten Deutschland, skizziert einen Wagen, der den Entwürfen von Josef Ganz auffällig ähnelt, denn er hat die typische Tropfenform, die der jüdische Ingenieur seit langem propagiert. Auch Porsches Konstruktion folgt der Bauart, die Ganz entworfen hatte: Heckmotor, Zentralrohrrahmen, Schwingachsen und eine stromlinienförmige Karosserie.

Die Schweiz erteilt Ganz eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, ebenso auch seiner Frau Madeleine, ihrer Schwester und ihrem Cousin Dieter. Die Familie lässt sich in Zürich nieder.

Josef Ganz träumt von einem Schweizer Volkswagen, die eidgenössische Regierung unterstützt sein Vorhaben, der Prototyp ist aus Aluminium. Ganz nennt ihn „Silberfisch“ und im Jahr 1939 schließt er mit der Firma Rapid einen Vertrag über die Produktion von 25.000 Fahrzeugen.

Er wird seinen Erfolg nicht genießen können: Am 1. September 1939 überfällt Nazi-Deutschland Polen, der Zweite Weltkrieg bricht aus. Die Kriegsindustrie fährt hoch, auch der Käfer wird zu einem Kriegsfahrzeug umgebaut.

Furcht vor deutscher Invasion

In der Schweiz fürchten sich die Juden vor einer Invasion der Nazis und suchen Zuflucht in den Bergen. Ganz geht zu seinem Onkel Alfred nach Luzern. Der Verwandte gewährt vielen Flüchtlingen Zuflucht. Aus Deutschland erreichen Josef Ganz bedrückende Nachrichten: Seine Nichte Elisabeth ist in Auschwitz interniert, Tante Regina ist im Konzentrationslager Theresienstadt gestorben. Gerüchte, Todeskommandos der Gestapo seien im Begriff, die Schweizer Grenze zu überqueren, machen die Runde. Ganz ist vor Angst wie gelähmt.

Eine Flucht im Auto ist nicht mehr möglich, denn Benzin wird rationiert. Josef Ganz sitzt fest, verliert alles, aber: Er überlebt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stellt Deutschland von Kriegs- auf Friedensproduktion um und von 1946 an werden unter englischer Verwaltung wieder Käfer gebaut.

Josef Ganz kämpft um seine Patente und gegen Alt-Nazis, die nach Kriegsende seinen Ruf weiterhin schädigen wollen. In der Schweiz tüftelt er derweil an Bobs zur Verbesserung der Kufen-Federung, erfolgreich. Das Schweizer Bob-Team gewinnt durch seine Fahrgestell-Innovation bei der Weltmeisterschaft Gold und Silber.

Ohne Ehefrau nach Australien

Für Josef Ganz hat der sportliche Triumpf fatale Folgen: Er habe ohne Arbeitsbewilligung gearbeitet, lautet der Vorwurf bei seiner Verhaftung. Die Strafe: Ausweisung. Josef Ganz muss binnen 24 Stunden die Schweiz verlassen. 1951 tritt er seine Schiffspassage in das ferne Australien an. Madeleine, seine große Liebe und treue Gefährtin, muss er zurücklassen.

Ganz lässt sich in Melbourne nieder, wo er nochmal bei Null beginnt. Der Käfer tritt derweil seinen internationalen Siegeszug an. In weiser Voraussicht speichert Ganz in seiner neuen Heimat seine Dokumente und Skizzen auf Mikrofilm und hinterlegt sie bei einem Anwalt.

Ganz findet eine Anstellung bei General Motors, sein Traum, einen australischen Volkswagen zu entwickeln, erfüllt sich jedoch nicht.

Madeleine schickt aus der fernen Schweiz ihrem Mann Zeitungsartikel, Dr. Ferdinand Porsche und Volkswagen-Generaldirektor Heinrich Nordhoff erlangen Ruhm, Josef Ganz hingegen wird mit keinem Wort erwähnt.

Hoffnung auf späte Anerkennung zerplatzt

Dann geschieht etwas Unerwartetes. Im Jahr 1961 wendet sich Heinrich Nordhoff, seit 1960 ist er Vorstandsvorsitzender der Volkswagenwerk AG, mit persönlichen Zeilen an Ganz und fragt ihn, ob er Interesse an einer Mitarbeit im VW-Werk in Wolfsburg hat. Josef Ganz ist überwältigt und sagt zu. Er hofft auf eine späte Anerkennung seiner Leistungen.

Doch wieder schlägt das Schicksal unerbittlich zu. Kurz vor seiner Abreise nach Deutschland erleidet er einen Herzinfarkt, zudem mehren sich seine depressiven Phasen. Josef Ganz verlässt seine Wohnung nicht mehr. Nachbarn bringen ihm täglich Essen und betreuen ihn.

Vom Leben und bitteren Enttäuschungen gezeichnet stirbt der Visionär Josef Ganz verarmt am 26. Juli 1967 in Melbourne. Nachbarn verstreuen seine Asche. Bis heute sehen Porsche Historiker die Rolle von Josef Ganz als Vorreiter des Maikäfers und des Volkswagens als überbewertet. Indes arbeitet VW immer wieder mit israelischen Firmen zusammen.

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9 Antworten

  1. Interessant dass sogar der „Nazi – Käfer“ letztendlich „Raub – Kunst “ ist!
    Danke für den Artikel!

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  2. Sprachlos! Deutsche! Immer noch keine Anerkennung der Patente. Danke für Artikel.
    Darf ich ihn “ rund schicken“ an Bekannte?
    OT: VW steht gerade am Abgrund.

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    1. Da sind noch andere interessante Dinge: UNIMOG von Mercedes entstand auf Skizzen von Juden gezeichnet in einem KZ und wurde nicht von Albert Friedrich „zufällig“ nach 1945 konstruiert. Die Autobahn in Deutschland gehört auch in diese Schublade!

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  3. Sicher sind einige Ideen von Hans Ledwinka (Tatra V570) auch im Käfer von Josef Ganz. Möglichweise völlig unabhängig von einander entstanden. Denn auch Porsche kam nach Ledwinka und „übernahm“ einiges vom Tatra.

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  4. Kann man alt werden wie ne Kuh und lernt immer noch dazu!!! Das wusste ich gar nicht. Sehr interessant. Vielen Dank für diesen Artikel. Mein Mann wird staunen,wenn ich ihm das zeige.

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  5. @Am Israel chai
    Das hatte ich nicht gewusst. Da kann man mal wieder sehen. Der Neid der Welt auf „Gottes Volk“ ist unbeschreiblich. Aber alles kommt ans Licht! Gut so!!! Das freut mich sehr! Beinahe schon wie als Kind: ätschibätschi,nä,nä!!!! Albern, aber so empfinde ich das.

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  6. Nicht die ganze Geschichte!
    VW hat ein Werk in China, das von Gefängnissen voller Uiguren umgeben ist. Diese Uiguren arbeiten dort unter Zwang!

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    1. Stimmt. UIGUREN, die umerzogen werden von China, sollen dort arbeiten. Schande heutiger VW Vorstand. Wobei UNO zu Uiguren schweigt und deutsche Aussenministerin lediglich ein Sätzen losließ.

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