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Der Rufmord am bösen Herodes

JERUSALEM (inn) – David, Salomo, Alexander, Herodes, Caesar, Augustus und Karl der Große dürften die berühmtesten Herrscher der Weltgeschichte sein. Jedes Kind – wie man so sagt – kennt ihre Namen. Doch kaum ein zweiter König hat einen so schlechten Ruf wie Herodes der Große (73 bis 4 vor Christus), König der Juden in der Zeit der Geburt Jesu.
Eine Ausstellung, die sich mit König Herodes befasst, wird am morgigen Dienstag in Jerusalem eröffnet.

In der christlichen Welt hat der Kindermord von Bethlehem eine symbolhafte Bedeutung. Nur das Matthäusevangelium erwähnt den von Herodes befohlenen Massenmord, nachdem die „drei Könige aus dem Morgenland“, wie die Weisen im Volksmund genannt werden, ihm erzählt hätten, dass ein neuer „König der Juden“ geboren sei. Machtbesessen und eifersüchtig befahl Herodes, alle Jungen unter zwei Jahren in Bethlehem umbringen zu lassen. Die griechische Liturgie nennt 14.000 Tote. Im Mittelalter wurden 144.000 genannt. Aber jüngste Forschungen gehen sogar anhand der mutmaßlichen Einwohnerzahl des Dorfes südlich von Jerusalem davon aus, dass es nur zwischen 6 und 20 Kinder gewesen sein könnten.
Der zeitgenössische römisch-jüdische Historiker und Feldherr Josephus Flavius, für die Epoche Jesu die ausgiebigste und vor allem zuverlässigste Schriftquelle neben dem Neuen Testament, hatte aus persönlichen politischen Motiven mit großer Akribie zahllose Verbrechen des Herodes aufgezählt und entscheidend zu dessen schlechtem Ruf beigetragen. Doch können Historiker heute nach eigenen Erkenntnissen nachweisen, dass manche Behauptungen über Herodes reine Lügen sind.
Josephus, etwa 40 Jahre nach dem Tod des Herodes geboren, war kein direkter Zeitzeuge, doch spürte er noch die negative Stimmung gegen jenen umstrittenen König, dessen bauliches und politisches Vermächtnis zu Lebzeiten des Geschichtsschreibers noch unübersehbar war.
Ausgerechnet den Massenmord an den Kindern Bethlehems erwähnt Josephus nicht. Wie in der damaligen Zeit wohl weit verbreitet, hatte Herodes sogar seine Frau und Söhne umgebracht, sowie sie seine Macht streitig machten. Auch das Hinrichten politischer Gegner war „normal“, wenn man den Berichten des Josephus über andere Herrscher und Machthaber jener Zeit glauben darf.
Herodes stammte aus einer Familie von Idumäern und Nabatäern (heute Jordanien), doch konvertierte er zum Judentum und wurde „König von Judäa“, nachdem die Römer Jerusalem erobert hatten. Er war zwar praktizierender Jude, doch das reichte den nationalistischen Pharisäern nicht. Herodes‘ Abstammung war für seine Gegner neben Neid und politischen Differenzen ein Grund, ihn zu verunglimpfen. Josephus kreidete dem König einerseits schwere Verstöße gegen die jüdischen Religionsgesetze an und berichtete andererseits, wie strikt er sich an die Gesetze gehalten habe. Nachprüfen lässt sich da nichts. Die historischen Berichte haben teilweise die Qualität übelster propagandistischer Pamphlete. In den vergangenen Jahrzehnten erschienen mehrere Forschungsarbeiten zu der Rezeption des Herodes und der seit 2.000 Jahren andauernden Rufmordkampagne.
Kurator: „Herodes schenkte dem Land 33 Jahre Frieden“
David Mevorach, Kurator der ersten Herodesausstellung seit 2.000 Jahren im Jerusalemer Israel-Museum, schüttelt den Kopf: „Herodes hat dem Land 33 Jahre Frieden und Wohlstand geschenkt. Er war die Brücke zwischen Judäa und der Weltmacht Rom. Und dennoch wurde er Opfer einer der schlimmsten PR-Kampagnen der Menschheitsgeschichte.“
So zeigt das Israelmuseum eine prächtige Marmorschüssel, die Herodes vom römischen Kaiser Augustus geschenkt bekommen habe. König Herodes pflegte gute persönliche Beziehungen zu Rom und sein kleines Reich im östlichen Mittelmeer profitierte wirtschaftlich wie politisch von dieser Nähe. Doch nationalistischen Fanatikern unter den Pharisäern war diese Nähe nicht geheuer. Die Römer waren Besatzer und ihre Kultur galt bei den Pharisäern als sündig. Im Jahr 70 kam es zum Aufstand, der mit einer Zerstörung Jerusalems und des Tempels endete. Unter Hadrian um 130 kam es zu einem weiteren Aufstand, der dann 2000 Jahre lang die jüdische Präsenz im Land beendete. Parallelen zur modernen Politik liegen auf der Hand.
Zu den mutmaßlich falschen Legenden zählt auch die angebliche Plünderung des Grabes des biblischen Königs David. Davon berichtet Josephus. Herodes habe das Gold in dem Grab ergattern wollen, weil er in „Geldnöten“ gewesen sei. Doch Herodes hat den großen Hafen von Caesarea Martima gebaut, Paläste in Jericho, auf Massada und dem Herodion errichtet und den Tempel zu Jerusalem erweitert, angeblich das prunkvollste Gebäude im ganzen römischen Reich. Deshalb halten Historiker eine Entweihung des verehrten David-Grabes für eine typische Propagandalüge, allein um Herodes zu verunglimpfen.
Ausstellungseröffnung am Dienstag
Im Israel-Museum wird am Dienstag das vor fünf Jahren wiedergefundene rekonstruierte Mausoleum des Herodes wieder der Öffentlichkeit mit einer großen Ausstellung zur „Letzten Reise des Königs Herodes“ übergeben werden, zusammen mit Fresken und anderen Funden aus den Palästen des Herodes.

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