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Der Olympionike Jamal Abdelmaji

Als Jugendlicher flüchtete er aus dem Darfur-Konflikt im Sudan und landete in Israel, mittlerweile ist er vielversprechender Olympionike: Der 30-jährige Jamal Abdelmaji ist vielen Geflüchteten im Land ein Vorbild.
Von Jörn Schumacher

„Sein Leben ist ein endloser Hindernisparcours“, schreibt das Nachrichtenportal „Ynet“ treffend in einem Porträt über Jamal Abdelmaji. Er floh vor dem sudanesischen Bürgerkrieg und tritt mittlerweile als Marathonläufer bei Olympia an. Er lebt und trainiert in Israel, und auch wenn er offiziell für das Olympische Team der Flüchtlinge antritt, fühle er sich wie ein israelischer Sportler, sagte Abdelmaji im Interview.

Als er zehn Jahre alt war, arbeitete er als Schuhputzer auf den Straßen von Khartum, der Hauptstadt des Sudan, heißt es im „Ynet“-Bericht. „Es ging darum, der Familie in Not zu helfen“, sagte er gegenüber der Website. „Aber auch darum, Geld für die Zukunft zu sammeln.“ Der Bürgerkrieg in Darfur dauere seit seiner Kindheit an, sagt Abdelmaji. Sein Vater sei einer von Tausenden Sudanesen, die ermordet worden seien. Abdelmaji wollte unbedingt flüchten.

Im Alter von 15 Jahren besorgte er sich gefälschte Dokumente, die ihn als Erwachsenen auswiesen. Damit und mit all seinen Ersparnissen bestieg er ein Flugzeug nach Kairo, um ein neues Leben zu beginnen. In der ägyptischen Hauptstadt erlebte er die Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz gegen Präsident Hosni Mubarak, und ihm wurde klar, dass er seine Flucht rasch fortsetzen musste, berichtet er. „Sonst hätte ich nicht überlebt“, sagt Abdelmaji. „Ich durchquerte die Wüste mit dem Auto und zu Fuß.“ Am Ende gelang es ihm, den Zentralen Busbahnhof in Tel Aviv zu erreichen.

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Der Sudanese erhielt als Flüchtling ein Aufenthaltsvisum für Israel, wo er seit einigen Jahren lebt. Beim Fußballspielen mit Freunden entpuppte sich Abdelmaji als vielversprechender Sportler. Er erhielt die Empfehlung, sich beim gemeinnützigen Leichtathletikclub „South Tel Aviv Alley Club“ zu bewerben. Vor zehn Jahren begann er mit dem Training beim israelischen Trainer Juval Carmi, der sein Talent erkannte.

Das Internationale Olympische Komitee wurde auf Abdelmaji aufmerksam, und man wollte ihn in das Team der staatenlosen Sportler aufnehmen. Das 2016 gegründeten „Refugee Olympic Team“ besteht aus Sportlern, die als anerkannte Flüchtlinge nicht für ihr Heimatland antreten können. In diesem „Flüchtlingsteam“ trat der Sudanese 2021 zum ersten Mal bei den Olympischen Spielen in Tokio beim 5.000-Meter-Lauf an. Er verpasste dort mit 13:42,98 Minuten nur knapp den Finaleinzug.

In Wien lief Abdelmaji 2023 die Distanz dann aber mit seiner persönlichen Bestzeit von 13:40,19 Minuten. In Paris will er trotz einer Verletzung den Einzug ins Finale schaffen – dort finden vom 26. Juli bis zum 11. August die Olympischen Sommerspiele 2024 statt.

„Es fühlt sich an, als würde ich Israel vertreten“

Bis vor kurzem arbeitete Abdelmaji noch als Hausmeister in einem Gebäude in Tel Aviv, nun kann er sich aber ganz dem Sport widmen. Sein Stipendium des Internationalen Olympischen Komitees nutzt er auch, um seiner Familie, die er zurückgelassen hat, finanziell zu helfen, sagt er. Seine Familie im Sudan sei weiter in Gefahr. „Vor zwei Monaten hat jemand meinem Bruder in die Schulter geschossen“, sagt der Wahl-Israeli. „Wir wissen nicht einmal, wer ihn verletzt hat und warum.“

Bei Olympia tritt noch ein anderer Flüchtling an, der in Israel lebt und trainiert: der eritreische Läufer Tachlowini Gabriyesos. Er flüchtete als Zwölfjähriger aus Eritrea und lief zu Fuß durch die Wüste bis nach Israel. Heute lebt der 25-Jährige im israelischen Ort Emek Chefer. Er belegte bei den Olympischen Spielen 2021 den 16. Platz im Marathon und war Fahnenträger der Flüchtlings-Olympiamannschaft bei der Eröffnungszeremonie in Tokio.

Wie „Ynet“ berichtet, leben sowohl Abdelmaji als auch Gabriyesos trotz der Unterstützung am Ende von dem, was sie in Israel erhalten. Sie erhielten wie alle Mitglieder der israelischen Nationalmannschaft ein medizinisches Paket, sie absolvierten einen vom Olympischen Komitee für sie organisierten Englischkurs, und Abdelmaji lernte sogar auf freiwilliger Basis unter der Anleitung des ehemaligen Boxers Aharon Jacobi das Massieren.

Abdelmaji sagte im Interview: „Es fühlt sich an, als würde ich Israel vertreten. Obwohl ich zum Flüchtlingsteam gehörte, fühle ich mich als Teil des israelischen Teams. Die Einstellung des Teams mir gegenüber ist großartig!“ Derzeit erwägen die israelischen Behörden, Abdelmaji und Gabriyesos die israelische Staatsbürgerschaft anzuerkennen. Eine entsprechende Empfehlung hat das Israelische Olympische Komitee jedenfalls bereits ausgesprochen.

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7 Responses

  1. Viel Erfolg! Jeder Unterstützer ist Gold Wert. Es gibt viel zu viel Häme und Nachlässigkeit auf dem Globus. Fast jeder denkt nur an sich und das Seine und weder an seine Mitwelt noch seine Nachwelt.
    Daraus erwächst all der der Streit Krieg und Spektakel überall, angefangen in engen Kreise der Familie bis zu den höchsten Ämtern des Kremls.

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  2. Danke für den Bericht ! Eine bewegende Geschichte, die uns allen Mut machen kann.
    Viel Erfolg bei Olympia !

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  3. Ein Beispiel, wie ein Mensch, der nichts hat, am Abgrund steht, seinen Weg machen kann. Wenn man nur will. Und dieser beeindruckende Mann wollte. Und das ist es, was den Unterschied zu dem Jammern einer gewissen anderen Gruppe von Menschen ausmacht. Er hat im kleinen – seinem eigenen Leben – das gemacht, was die PA mit ihrem Gebiet machen sollte und nicht tut. Es bringt ja so viel wenn man jammert. Zumindest wenn man Autonomiebehörde und Hamas heißt. Die bekommen Geld ohne Ende in den Allerwertesten geschoben. Wo steckt im Sudan die UN? Mal wieder nicht sichtbar? Wie auch, wenn man das einzige Augenmerk auf die „from the river to the sea“ Aktivisten setzt.

    Wie wäre es wenn die UN endlich mal dieses UN-Terror-Flüchtlingswerk UNRWA abschaffen und das Geld in die UNHCR stecken würde? Wo man Flüchtlinge nicht künstlich vermehrt, sondern ihnen hilft und dies mit weniger Geld und weniger Beschäftigten als bei der UNRWA.

    Jamal Abdelmaji wünsche ich jedenfalls alles Gute für die Wettkämpfe und für sein weiteres Leben.

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  4. Jamal Abdelmaji und Tachlowini Gabriyesos, ein Sudanese und ein Eriträer, sie laufen für Israel und finden Heimat. Ein Vorbild für alle, die nichts haben und am Ende alles bekommen. Als 12jähriger durch die Wüste laufen, statt im Camp schießen lernen. Geht doch!

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