„Ich bin kein Genie“, sagt Dov Moran in einem schmucklosen Büro im vierten Stock eines Glaspalastes auf der Wiese bei Kfar Saba, östlich von Tel Aviv. Der 53 Jahre alte Israeli schlürft seinen Kaffee aus einem Pappbecher. Auf seinem kleinen Schreibtisch liegen unter dem LCD Bildschirm elektronische Geräte. Sein „Modu“ soll die Handy-Kultur in der Welt revolutionieren. Noch ist es nicht auf dem Markt.
„Gibt es ein israelisches Genie?“ Der unauffällige Mann mit der leisen Stimme und dem schüchternen Lächeln wusste, dass wir nicht nur technische Daten über sein Zukunftshandy hören wollten. Israelische Hightech-Kreise reden voller Bewunderung über Moran. Der USB-Stick wurde millionenfach verkauft. Seine 1989 gegründete Firma M-Systems verkaufte er vor zwei Jahren an SanDisk Corp für 1,6 Milliarden Dollar.
Im Bücherregal steht neben einem Reiseführer für „Süd-Kalifornien“ mitsamt Silicon-Valley, ein Buch über Darwin und das „Viktorianische Internet“ über die Erfindung der Telegraphie im 19. Jahrhundert.
Es gebe viele „Genies“, meint Moran. Jeder kenne den Intelligenzquotienten IQ. Es gebe EQ, den Emotionalquotienten für schnellen Zugang zu Menschen und DQ, den Durchhaltequotienten. Das sei die Fähigkeit, in schweren Situationen zu bestehen und nach Krisen auf die Beine zu kommen. „Intelligenz allein reicht nicht aus.“
„Wir Israelis haben ein hohes Potential an IQ wegen der Tradition des Talmud-Studiums“, sagt Moran. „Studieren gilt als höchster Wert.“ Doch Moran, Vater von vier Kindern, ist nicht fromm. Der Lebenstraum seiner Mutter war, dass ihr Sohn Ingenieur werde. Reichtum war zweitrangig. „Ich sollte etwas lernen, um im Leben Vernünftiges zu tun.“ Typisch für die Israelis sei DQ, die Überlebenskraft. „Die Juden waren in den letzten zweitausend Jahren Verfolgungen ausgesetzt, eine Minderheit und klug genug, Fluchtwege zu finden. Wer dazu unfähig war, überlebte nicht.“ Für Moran sind Darwins Theorien Familiengeschichte. Seine Eltern flohen von Polen nach Russland. Die Russen verschleppten sie nach Sibirien. „Nur jene überlebten, die sich mit Tricks durchschlugen.“
Moran wurde nach dem Jom Kippur Krieg 1973 eingezogen. Ein Jahr lang war er Panzerfahrer, unterbrach den Militärdienst und studierte am Technion in Haifa. „Reservisten werden von der Armee freigestellt, studieren auf eigene Kosten, verpflichten sich für drei Jahre und dienen als Profis.“ Moran wurde bei der Marine der „Aufklärung“ zugewiesen entwickelte Verschlüsselungsgeräte wie Enigma im Zweiten Weltkrieg und wurde Chef der Computerabteilung.
Die Erfindung des UBS-Stick geschah nicht aufgrund einer genialen Inspiration. „Ich bin kein Einstein, der eine neue Theorie aus dem Nichts erfand. 1998 reiste ich nach New York. Während des Fluges habe ich an meiner Präsentation gearbeitet. Ich verschloss den Laptop nicht richtig. Die Batterie entleerte sich. Danach wollte der Laptop mehr nicht anspringen.“ Jemand bot ihm seinen Laptop an. Aber die Präsentation steckte unerreichbar im kaputten Computer. „Ich kam zum Schluss, dass ich meine Präsentation an sicherem Ort haben muss, um auf jedem Computer zu laufen. Ich wusste, dass jedes Notebook einen USB Stöpsel hat. Ich wollte Speicherkarten wie in Digitalkameras mit dem USB-Stecker verknüpfen. Das war meine Idee. Keine Erleuchtung, sondern das Bedürfnis, ein akutes Problem zu lösen.“ Moran tüftelte, bis der USB-Stick geschaffen war. Nebenbei wurde er so auch Millionär.
Die Idee für das „Modu“- Handy war ebenso ein Bedürfnis. Moran liest seine Emails auf dem Weg vom Auto ins Büro. Das Handy muss immer dabei sein, „falls mal was passiert“. Doch beim Joggen zieht ihm das schwere Handy die Turnhose aus. „Ich will ein Gerät mit großem Display tagsüber und mit Federgewicht fürs Joggen.“
Moran erklärt sein „Geheimnis“ mit der Fähigkeit, ein Bedürfnis zu definieren und die Antwort auszutüfteln. Hätte er den USB-Stick nicht erfunden, wären andere auf die Idee gekommen. „Wichtig ist, sofort ein Patent anzumelden.“
Die israelische Firma Vocaltec hatte das Telefonieren per Computer erfunden. ICQ war der Vorläufer von Skype und Facebook. Moran erfand den USB-Stick. Das Modu-Handy wird vielleicht Bestseller. Wieso steht ausgerechnet Israel an der Weltspitze patentierter Erfindungen? „Mein Land ist von Feinden umgeben und wird ständig angegriffen. Du wächst mit Eltern aus Verfolgungssituationen auf. Du wirst erzogen, ans Überleben zu denken.“ Der Militärdienst spiele dabei eine entscheidende Rolle. „Mit 19 befehligst Du eine Soldatentruppe. Du führst sie in den Tod oder in den Erfolg. Die Araber kämpfen nicht um das blanke Überleben. Für 80 Millionen Einwohner Ägyptens ist Krieg gegen Israel keine Überlebensfrage.“
Menschen mit Initiativen seien Individualisten. „Als Gruppe sind wir eine Katastrophe, weil jeder in eine andere Richtung zerrt“, sagt Moran. „Wenn man alle Israelis in einen Bienenstock packen würde, käme kein Honig heraus.“