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Demonstration der Freundschaft – Rückblick auf den Scharon-Bush-Gipfel in Texas

Umwerfend Neues hat das Treffen des israelischen Premierministers Ariel Scharon mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush auf dessen Ranch in Crawford im US-Bundesstaat Texas nicht erbracht – abgesehen davon, dass Ariel Scharon eine derartig private Atmosphäre bei bislang keinem Staatsbesuch in Amerika zuteil wurde. Aber die beiden Regierungschefs haben die Rahmenbedingungen für einen weiteren politischen Prozess zwischen Israelis und Palästinensern unterstrichen.

Zweimal erwähnte Bush, dass es die Aufgabe der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) sei, Terrororganisationen zu zerschlagen. Scharon schob nach, dass der Abbau der terroristischen Infrastruktur und die Auslöschung des Terrors „ein für alle Mal“ auf palästinensischer Seite die Voraussetzung für jegliche Fortschritte auf der politischen Schiene sei. Bevor den Terroristen nicht die Möglichkeit genommen sei, Gewalt gegen Israel auszuüben, komme eine Umsetzung der Roadmap nicht in Frage.

Im Blick auf den israelischen Siedlungsbau meinte der amerikanische Präsident, Israel müsse seinen Verpflichtungen im Rahmen der Roadmap nachkommen, illegale Siedlungsaußenposten räumen und den Ausbau bestehender Siedlungen einfrieren – bis ein Endstatus ausgehandelt werde. Ausdrücklich betonte George Bush dabei allerdings, dass die „Realität“ „großer israelischer Bevölkerungszentren“ auf Gebiet, das vor 1967 jordanisch war, bei den Endstatusverhandlungen berücksichtigt werden müsse, ein Rückzug Israels auf die Waffenstillstandslinien von 1949 also nicht erwartet werden könne.

Mit ausdrücklicher Nennung von Ma´ale Adumim, das mit 30.000 Einwohnern die größte jüdische Siedlung in den umstrittenen Gebieten ist, versprach Scharon, dass die großen Siedlungsblöcke ein Teil Israels und territorial mit dem Staat Israel verbunden bleiben werden.

Bei aller demonstrativ freundschaftlichen Einheit meinen politische Beobachter aber einen tiefen Riss zwischen den Verbündeten erkennen zu können. Der Ha´aretz-Korrespondent Aluf Benn vermittelt in einer Analyse gar den Eindruck, als könne der Unterschied zwischen Bush und Scharon kaum größer sein. „Scharon kommt vom Mars, Bush von der Venus“, konstatiert der Berichterstatter dieser renommierten israelischen Tageszeitung.

Während Bush die Palästinenser für friedliebende Leute hält – auffallend oft betonte der US-Präsident seine Überzeugung auf der gemeinsamen Pressekonferenz –, wurde Scharon nicht müde, das Hauptproblem in der Weigerung der Araber zu sehen, das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Über Aufrufe an die Palästinenser wollte der israelische Regierungschef nicht hinausgehen, blieb vorsichtig und zurückhaltend – was aus israelischer Sicht nicht erstaunt. Kurz vor der Begegnung ging ein Bombenregen auf die jüdischen Ortschaften im Gusch Katif nieder, als palästinensische Reaktion darauf, dass israelische Sicherheitskräfte drei Palästinenser erschossen hatten. Dass die drei Waffenschmuggler waren, wird mittlerweile auch von palästinensischen Sicherheitskräften nicht mehr bestritten.

In Israel wird der Rückzug aus dem Gazastreifen noch heiß diskutiert, und Scharon ist sich dessen durchaus bewusst. Die amerikanische Regierung spricht derweil bereits über weitere Schritte, als sei der Gazarückzug schon über die Bühne gegangen. Der rote Faden durch die Aussagen des amerikanischen Präsidenten war die so genannte „Roadmap“, der Fahrplan zum Frieden, der längst jede nur denkbare Verspätungsvorstellung in den Schatten stellt. Israels Premierminister weigerte sich dagegen, konkret über das weitere Vorgehen zu reden, solange die Palästinenser die Vorbedingung für die Umsetzung der Roadmap nicht umgesetzt haben, nämlich die Zerschlagung der Terrorinfrastruktur.

Offen bleibt auch nach dem Treffen in Crawford, was Bush mit „israelischen Bevölkerungszentren“ meint. Will er damit andeuten, dass eine Räumung von Jerusalemer Stadtteilen, wie beispielsweise Gilo, Ost-Talpiot, Ramat Eschkol oder French Hill, die alle auf Gebiet liegen, das vor 1967 jordanisch war und Hunderttausende Israelis beherbergen, unrealistisch ist – was wohl auch hart gesottene PLO-Funktionäre so sehen dürften? Oder denkt er – wie Ariel Scharon und die meisten Israelis – bei den „Bevölkerungszentren“ an die großen Siedlungsblöcke um Ariel, Ma´ale Adumim und Gusch Etzion? Zweideutigkeiten dieser Art sind unweigerlich der alt bekannte Sprengstoff unterschiedlicher Erwartungen, der nur auf den zündenden Funken der Enttäuschung wartet. Der Verweis darauf, dass alles durch Verhandlungen geregelt werden müsse, hilft da nur wenig.

Palästinenser bewerten das Treffen von Bush und Scharon gemischt. Einerseits begrüßt die PA die Äußerungen des US-Präsidenten, Israel müsse illegale Siedlungsaußenposten räumen und den Siedlungsbau einfrieren. Andererseits meinte beispielsweise der palästinensische Arbeitsminister Hassan Abu Libde, die Amerikaner hätten ihre Funktion als unparteiische Vermittler verloren. Die Erwähnung von neuen Realitäten im Blick auf neue israelische Bevölkerungszentren sanktioniere den Siedlungsausbau.

Aus Amerika melden sich Kritiker aus der entgegen gesetzten Richtung zu Wort. Vielleicht fühlt sich die jüdische Lobby unzureichend beachtet. Zumindest wird in Israels Presse erwähnt, dass amerikanische Juden verärgert sind, weil Ariel Scharon sie nicht angemessen auf dem Laufenden halte. Die Zionist Organization of America (ZOA) richtet den Zeigefinger aber ausdrücklich auch auf den amerikanischen Präsidenten und kritisiert, dass George Bush zwar eine Expansion israelischer Siedlungen als illegal bezeichnet, dabei aber nichts über die illegale palästinensische Bautätigkeit in Judäa und Samaria gesagt habe. Nach Aussagen der ZOA bauen die Palästinenser „zehn Mal soviel“ wie ihre jüdischen Nachbarn.

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