Eitan Broukman hatte einen Traum: „ Ich sah einen Mann, der in einem Diamanten gefangen war. Er rief: Hol mich hier raus.“ Drei Monate später sah er den dumpfen Schatten eines Kreuzes in einem noch ungeschliffenen rohen Diamanten. Broukman fragte sich, wie er das Kreuz aus dem Diamanten „herausholen” und sichtbar machen könne. So begann für den professionellen Diamantenschleifer in der zweiten Generation eine langjährige Reise durch die inneren Strukturen von Diamanten, bis er einen Weg fand, sie so zu schleifen, dass tatsächlich ein Kreuz an ihrer Oberfläche sichtbar wurde. Er investierte viel Geld und Zeit, bis der Traum verwirklicht war und er seine einzigartige Technik sogar patentieren konnte.
Die größte Diamantenbörse der Welt steht in Ramat Gan bei Tel Aviv. Die drei Hochhäuser gelten als die „wertvollsten“ Gebäude Israels und sind besser abgesichert als die geheimste Einrichtung des Mossad. Im Erdgeschoss steht ein kleines Museum für jeden offen. Darin wird mit kurzen Filmen, Arbeitsgeräten der Diamantenschleifer und kleinen Häufchen glitzernder Steinchen in die Welt der härtesten und zugleich teuersten Steine eingeführt.
Es handelt sich um Kohlensäure, die in 240 Kilometern Tiefe zwischen dem flüssigen Magma und der festen Erdhülle in großer Hitze und unter unbeschreiblichem Druck zusammengepresst wird. An die Erdoberfläche gelangen die Steinchen nur an wenigen Stellen durch Vulkane, wenn sie mit anderem flüssigem Gestein nach oben geschleudert werden. Das vom Vulkan ausgespukte Geröll wird dann in Flüssen gerieben und zerschlagen, sodass auch entlang mancher Flüsse die Rohdiamanten im Sand ausgewaschen und gefunden werden.
Europas Diamantenindustrie fest in jüdischer Hand
Die Rohlinge müssen kunstvoll und mit viel Erfahrung geschlagen, geschnitten und geschliffen werden, um zu Schmuck verarbeitet werden zu können. Schalom Lissitzky, Vorsitzender der israelischen Diamanten-Maklervereinigung, erklärt: „Diamanten haben immer schon große Faszination auf den Menschen ausgeübt. Sie sind so kostbar, weil Menschen für einen Diamantring und anderen Schmuck mit den leuchtenden Steinen bereit sind, fast jeden Preis zu zahlen.“ Diamanten sind also vor allem ein Statussymbol für Ansehen und Reichtum. Die größten und kostbarsten Diamanten der Welt sind Kronjuwelen von Zaren und Königen.
Da sie winzig klein sind und leicht versteckt werden können, und da für ihre Verarbeitung keine großen Fabriken benötigt werden, sondern vor allem Erfahrung, befindet sich Europas Diamantenindustrie seit über hundert Jahren fest in jüdischen Händen. So konnten manche Juden bei Verfolgungen ihr kostbarstes Eigentum in der Hosentasche mitnehmen. Einst befand sich die wichtigste Diamantenbörse in Antwerpen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist sie nach Israel umgezogen. Jüdische Tradition ist in diesem Gewerbe weltweit verbreitet. Sogar in Japan und Indien werden der Kauf und Verkauf von Diamanten per Handschlag und dem hebräischen Spruch „Masal Uvracha“ (Glück und Segen) abgeschlossen. „Wer sich des Wortbruchs schuldig macht, wird ausgestoßen, das kommt fast nie vor“, sagt Lissitzky. Er hatte einen Besuch in der Diamantenbörse von Ramat Gan bei Eitan Broukman organisiert. Ohne persönliche Einladung und Begleitung ist eine Visite im „Heiligtum“ der rund 3.000 anerkannten Diamantenhändler Israels unmöglich. Am Eingang wird, nach der in Israel üblichen Durchsuchung der Taschen, der Pass eingescannt, es werden elektronisch Fingerabdrücke genommen und für die biometrische Wiedererkennung Augen und Gesicht fotografiert. Mit dem frisch ausgestellten Plastikausweis allein kann man das Gebäude nicht betreten. Immer wieder muss man seine Finger in einen schwarzen Kasten stecken und geradeaus in eine Kamera schauen, ehe sich die Stahltüren öffnen. Einen Einbruch oder einen Raubüberfall hat es nie gegeben.
Reges Treiben im Handelssaal
Das Herz der Diamantenbörse ist ein großer Saal. Auffällig viele orthodoxe Juden und Inder sitzen einander an langen Tischreihen mit einfachen Tischlampen gegenüber und diskutieren. Dazwischen wieseln Männer und Frauen. Sie ziehen kleine Rollköfferchen hinter sich her. Lissitzky sagte: „In diesem Saal werden Milliardengeschäfte abgeschlossen. Die Rollkoffer wurden erst in jüngster Zeit eingeführt, seitdem jeder Diamant mit einem Zertifikat ausgestattet sein muss, mit Angaben wie Gewicht, Herkunft, Wert und Verkaufsgeschichte.“
Durch lange Gänge geht es zum Fahrstuhl. Händler mit ihren Rollos drängen sich. Kaum vorstellbar, wie viele Diamanten im Millionenwert im Fahrstuhl zum 7. Stock mitfahren.
In einem Büroraum mit Blick auf ganz Tel Aviv wartet schon Broukman. Auf einem DIN-A 4 Blatt hat er eine Handvoll Diamanten ausgebreitet. Nach jahrelanger Forschungsarbeit und unendlichen Experimenten hat er sie so geschliffen, dass die Kristalle im Stein tatsächlich ein Kreuz erkennen lassen.
Hohes Maß an Erfahrung nötig
„Die Kreuze sind ein optisches Phänomen und kommen nur zum Vorschein, wenn die Steine exakt so geschnitten sind, dass sich das einfallende Licht gemäß meinem Wunsch korrekt bricht und an der Oberfläche eine Kreuzform erscheinen lässt“, sagt Broukman. Er wisse nie im Voraus, ob am Ende ein Johanniterkreuz, ein „eisernes Kreuz“, ein Maltheserkreuz oder ein einfaches Kreuz erscheine. Das sei eine Kombination aus Übung, Verständnis der inneren Strukturen des Steines und nicht zuletzt des richtigen Schleifens des unteren Konus, an dem sich das Licht bricht und an den Facetten spiegelt. Die fertigen Edelsteine, wegen ihres Leuchtens auch Brillanten genannt, werden am Ende in Goldschmuck eingelassen: Halsketten, Ohrringe oder Fingerringe.
Der 48 Jahre alte Broukman ist in Tel Aviv geboren. Mit seinen Eltern zog er 1978 nach Antwerpen in Belgien, wo sein Vater, ein Diamantenhersteller, ein Büro eröffnete. Nach dem Schulabschluss begann er, zusammen mit seinem Vater, rohe Diamanten zu kaufen und zu schleifen. 1988 zog er zurück nach Israel. Broukman versteht, dass seine neue Technik und die von ihm geschaffenen Diamanten eine hohe emotionale Bedeutung für Christen haben: „Das Kreuz im Diamanten wird in Israel geschnitten und poliert, dem Land wo Jesus gelebt und gewirkt hat.“