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Das Bibelland-Museum

Völker und Kulturen des Alten Orients stehen im Mittelpunkt des Jerusalemer Bibelland-Museums. Die Ausstellung verbindet Besucher mit ihren eigenen Wurzeln.
Von Gundula Madeleine Tegtmeyer

„Das riesige Gebiet, das auf der Karte vor Ihnen dargestellt ist, ist die geografische Ausdehnung der biblischen Länder. Diese Region wird oft als Wiege der Zivilisation bezeichnet und war Zeuge der dramatischsten Revolutionen der Menschheitsgeschichte: der Aufstieg der ersten Städte, die Anfänge der Schrift und die Anfänge des Glaubens an einen Gott. Von Ägypten im Westen bis Zentralasien im Osten, von Anatolien im Norden bis Arabien im Süden – die Völker und Kulturen des Alten Orients bildeten den Hintergrund für die einflussreichste Geschichte, die je erzählt wurde.“

Mit diesen Worten begrüßt das Bibelland-Museum in Jerusalem (BLMJ) seine Besucher und Besucherinnen. Es ist weltweit einmalig in seiner Art und erzählt die Geschichte der Menschheit in einer einzigartigen Sammlung seltener Artefakte aus den Ländern des alten Nahen Ostens – den Bibelländern.

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
Der Eingang des Museums der Biblischen Länder

Zu bestaunen sind Schätze und Errungenschaften vergangener großer Zivilisationen: Sumer, das alte Ägypten, Babylon, Assyrien, Kanaan, Persien, Griechenland und das Römische Reich. Sie alle waren maßgeblich an der Weiterentwicklung der westlichen Zivilisation beteiligt. Das Bibelland-Museum lädt auf eine Zeitreise durch die größten evolutionären und kulturellen Revolutionen unserer alten Geschichte ein.

Gestaltung an archäologische Ausgrabung angelehnt

Die Schätze werden in 20 Galerien und Sonderausstellungsräumen ausgestellt. Zudem bietet das Museum regelmäßig Veranstaltungen und Vorträge über die Lebenswelten der Menschen in biblischen Zeiten.

Die räumliche Gliederung der 20 Galerien ist in Anlehnung an ein Raster einer archäologischen Ausgrabungsstätte gestaltet. Die Ausstellungsfläche befindet sich vollständig auf einer Ebene und ist durch niedrige Wände unterteilt, sodass der Blick vorwärts und rückwärts in der Zeit schweifen kann, während er dem folgt, was Ausstellungsdesigner Clifford LaFontaine als „kontinuierliche Wanderung“ bezeichnet.

Anders als in vielen anderen großen Museen der Welt, in denen er Ausstellungen gestaltet hat, soll das BLMJ laut LaFontaine nicht zeigen, wie eigenartig und einzigartig ein Artefakt sein kann. Vielmehr soll es veranschaulichen, wie das Objekt zeitlich und räumlich mit anderen Kulturen der Region und mit der Bibel verbunden ist.

Abstammung von den Söhnen Noahs

Am Eingang zur Galerie ziehen drei Vitrinen die Aufmerksamkeit auf sich. Die hier ausgestellten Artefakte veranschaulichen die gemeinsame Abstammung der Menschheit anhand der Söhne Noahs: Sem, die Semiten (nahöstlichen Völker), Ham, die Hamiten (dunkelhäutige Afrikaner) und Japhet, die Japhetiten (Völker Europas, des Nordens und des Fernen Ostens).

In Genesis 9,20–27 findet sich die Geschichte von der Trunkenheit und der Verspottung Noahs: Laut biblischer Erzählung war Noah, nachdem er Menschen und Tiere vor der Sintflut gerettet hatte und G-tt ihm zum Dank in einem heiligen Bund die Erde mit allen Pflanzen und Tieren Untertan machte, der erste Mensch, der einen Weinberg pflanzte.

Noah geriet in Versuchung und kostete zu viel vom eigenen Wein. Betrunken entblößte er sich und schlief am Rand seines Weinbergs ein. In diesem Zustand fand ihn sein Sohn Ham. Statt seinen Vater zu bedecken, ging Ham hinaus und machte sich bei seinen Brüdern Sem und Japhet über den Vater lustig. Sem und Japhet eilten zu ihrem Vater und bedeckten ihn. Noah verfluchte Hams Sohn Kanaan und dessen Nachkommen dazu, Knechte seiner Brüder zu sein.

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Im Hintergrund der Vitrinen stellt eine interaktive Landkarte die Grenzen der Länder der Bibel dar. Sie hebt auf Knopfdruck die herrschenden Reiche hervor und zeichnet Abrahams Reise von Mesopotamien nach Kanaan nach. Eine detaillierte Zeitleiste auf der Rückwand führt durch signifikante historische Ereignisse in den unterschiedlichen Regionen.

Gründer sammelte Artefakte

Das Bibelland-Museum wurde 1992 von Elie Borowski (1913–2003) gegründet, um seiner privaten Artefakte-Sammlung einen festen Ort in Israel zu geben und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zuvor hatte die Sammlung einige Standorte bereits durchlaufen.

Schon früh hatte Borowski eine Passion für das Sammeln von Artefakten. Der in Warschau geborene jüdische Gelehrte erlebte in Polen das Massaker an seiner Familie. Es folgten seine Internierung in der Schweiz, die Übersiedlung nach Toronto und der Transport seiner bemerkenswerten Sammlung nach Kanada, bevor sie nach Jerusalem überführt wurde.

Dazu ermutigt hatte ihn bei einem Besuch in Jerusalem im Jahr 1981 Batya Weiss, seine spätere Ehefrau und unermüdliche Unterstützerin. Batya war es, die Elie überzeugen konnte, seine Sammlung altorientalischer Kunst aus biblischen Zeiten nach Israel zu bringen. Sie  brachte ihn mit dem damaligen Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek zusammen in der Hoffnung, diesen für die Idee gewinnen zu können.

Trotz Widerständen und Einwänden von Bedenkenträgern verfolgte das Ehepaar hartnäckig seine Vision, eine kulturelle und pädagogische Einrichtung zu schaffen – einen Ort, der sich auf das Studium der Menschheitsgeschichte entlang der Bibel fokussiert und Besucher und Besucherinnen mit ihren eigenen Wurzeln und ihrer Kultur verbindet. „Die Zukunft der Menschheit hat ihre Wurzeln in der Vergangenheit – nur durch das Verständnis unserer Geschichte können wir eine bessere Zukunft aufbauen“, lautet das Credo von Elie Borowski.

Völker in historischen Kontext stellen

Ziel des Museums ist, die einzelnen Völker in einen historischen Kontext zu stellen. Für diese Intention hätte es keinen besseren Standort finden können. Das Bibelland-Museum liegt dem Israel-Museum Jerusalem gegenüber und in unmittelbarer Nachbarschaft des Nationalen Campus für die Archäologie Israels und des Bloomfield-Museums für Wissenschaft.

Die Hauptgalerie gliedert sich in 20 Abschnitte. Sie zeigt Hunderte von bemerkenswerten Artefakten: aufschlussreiche Dokumente, Götzenbilder, Tempel, Münzen, Statuen, Waffen, Töpferwaren und Siegel aus dem gesamten Alten Orient. Viele relevante Themen werden in Wandtexten ausführlich behandelt, so auch die Ursprünge des Alphabets und Abrahams Reise.

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
Eine Schautafel veranschaulicht die Entstehung des Aphabets

Das Museum stellt auch maßstabsgetreue Modelle antiker Stätten in Jerusalem aus, eine Zikkurat in Ur und die Pyramiden von Gizeh mit entsprechenden Erläuterungen zu den Modellen. Der Fokus liegt auf der Geschichte der Zivilisationen des alten Nahen Ostens, ergänzt von relevanten Bibelversen. So steht beispielsweise über einer Galerie antiker anatolischer Krüge: „Siehe, Rebekka kam heraus und hatte einen Krug auf ihrer Schulter. Sie stieg hinab zur Quelle und schöpfte Wasser“ (Genesis 24,45).

Wie eine komplexe Partitur verweben Unterthemen die Hauptthemen des Museums – Chronologie, Geographie und Bibel. Unterthemen beziehen sich auf technologische Erfindungen und ihre Entwicklung: Metallverarbeitung, Töpferei, Werkzeugbau, vorliterarische und literarische Kommunikation, die Erfindung der Schrift. Andere Unterthemen beziehen sich auf Kriegsführung, Tempelarchitektur, lokale und provinzielle Götter, Wirtschaft und Kultur.

Artefakte mit den Namen aller Götter der Pantheons von Ägypten, Sumer und Babylonien sind zu sehen. Andere tragen Namen, die die Bibel verwendet, um vom hebräischen G-tt zu sprechen, darunter El, Elohim, Adonai (die Aussprache des Tetragramms JHWH) und Zur, hebräisch für „Fels“.

Tontafel aus der Zeit Abrahams

Eine Tontafel beschreibt die täglichen Rituale eines babylonischen Tempels vom 15. bis zum 24. Des Monats Schwat, im babylonischen Kalender Schabatu genannt. Diese Tafel wird in die Zeit Abrahams datiert.

Sie stammt aus der Stadt Larsa, unter deren Herrschaft sich Ur, Abrahams Geburtsort, befand und beschreibt die Einhaltung des 15. Schabatu. Er entspricht TU BiSchwat, entspricht, dem jüdischen Neujahrsfest, an dem Bäume gepflanzt werden. Dies ist das Datum, das fast 2000 Jahre später in der Mischna erwähnt wird, der Kodifizierung des jüdischen mündlichen Gesetzes aus dem frühen 3. Jahrhundert.

Der 15. des Mondmonats ist der Tag des Vollmonds, auf den die meisten jüdischen Feiertage fallen. Das babylonische System zur Abgrenzung von Jahren und Monaten wurde von den Juden während ihres Exils übernommen. Aus der Bibel geht hervor, dass der Tag in Israel bei Sonnenuntergang begann. Die Tontafel belegt, dass der Tag in Babylon ebenfalls bei Sonnenuntergang begann und bei Sonnenuntergang des nächsten Tages endete.

Etliche Ausstellungsstücke nicht datierbar

Es muss darauf hingewiesen werden, dass bei etlichen der ausgestellten Artefakte weder Datum noch die Herkunft mit Sicherheit ermittelt werden konnten. Denn bei vielen Objekten handelt es sich um ausgegrabene Stücke, die von Laien entdeckt wurden, deren Absicht es war, sie zu verkaufen und nicht wissenschaftlich zu untersuchen. Die nachträglichen Datierungen und Lokalisierungen einiger Ausstellungs-Exponate basieren auf den Rückschlüssen von Hinweisen.

Das Bibelland-Museum lädt seine Besucher ein, die biblische Geschichte in ihrem historischen Kontext zu erkunden. Wandeln Sie auf den Pfaden großer vergangener Zivilisationen, die reiche Spuren hinterlassen haben und bis in unsere Gegenwart wirken.  

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5 Antworten

  1. Vielen Dank Frau Tegtmeyer für diesen Bericht! Sehr interessant zu lesen, macht neugierig und weckt den Wunsch, diesen Ort zu besuchen.

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  2. Seit wann gibt es die westliche Zivilisation, zu deren Weiterentwichllung (s. Bericht) Sumer, das alte Ägypten, Babylon, Assyrien, Kanaan, Persien, Griechenland und das Römische Reich beigetragen haben? Ist das heutige Lagerdenken und Handeln gottgegeben?

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