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Das „Beit HaTefutsoth“ – ein Erlebnismuseum

Keine bloße Ausstellung von alten Gegenständen, sondern ein "Erlebnismuseum" soll das "Beit HaTefutsoth" einmal werden - wenn es fertig umgebaut sein wird. Nach drei Jahrzehnten soll das "Diasporamuseum" architektonisch und konzeptionell vollkommen neu gestaltet werden. Dabei ist das Ziel des neuen Direktors, Avinoam Armoni, eine "Synthese von Inhalt und Form".

Armoni versteht sein Museum, das im Zentrum der Universität Tel Aviv steht, als Gegenstück zum Jerusalemer Museum „Yad Vashem“, das Antisemitismus, Holocaust, Leiden und Vernichtung des jüdischen Volkes zum Thema hat. Das „Beit HaTefutsoth“ will die Geschichte des jüdischen Volkes dagegen unter dem Gesichtspunkt des Lebens und der Frage, welchen Beitrag Juden in der Menschheitsgeschichte geleistet haben, erzählen.

Ein „Museum des jüdischen Volkes“ „Haus der Zerstreuung“ – so die Übersetzung von „Beit HaTefutsoth“ – zu nennen, ist nicht abwegig. „Ihr werdet herausgerissen werden aus dem Lande“ und „der Herr wird dich zerstreuen unter alle Völker von einem Ende der Erde bis ans andere“ (5.Mose 28,63-64) hatte schon Mose dem Volk Israel angedroht, bevor es in das verheißene Land eingezogen war – für den Fall, dass „du nicht darauf hältst, dass du alle Worte dieses Gesetzes tust, die in diesem Buch geschrieben sind“ (Vers 58). Die „Diaspora“, die „Zerstreuung“, gehört zu den Grunderfahrungen jüdischer Existenz und ist ein Grund dafür, warum jüdische Identität und jüdische Kultur sich heute so vielfältig darstellen.

„Was unterscheidet? Was verbindet?“, fasst Avinoam Armoni das Anliegen des Diasporamuseums kurz zusammen. Dabei geht es um die Unterschiede von jüdischen Gemeinden und Einzelpersonen aus aller Welt und natürlich um das Verbindende, das Juden aus aller Welt zu einem Volk mit einer gemeinsamen Identität macht. Wer verstehen will, was „das jüdische Volk“ ist, wo es herkommt, was es geprägt hat und auch wie es sich selbst versteht, kommt an dem hässlichen Betonbau auf dem grünen Campus der Universität Tel Aviv eigentlich nicht vorbei.

Neue Konzeption wegen finanzieller Krise

Das Diasporamuseum geriet Ende der 1990er Jahre in eine große Krise, weil Besucher und Spenden ausblieben. Die Erkenntnis, dass man ohne staatliche Hilfe vor dem Bankrott stehe, führte zum Nachdenken über eine Neukonzeption, die bis in etwa drei Jahren abgeschlossen sein soll. Wenn man Armoni, seinen Plänen und Überlegungen lauscht, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das „Beit HaTefutsoth“ nicht nur die Vielfalt der Identität des jüdischen Volkes erforscht, sondern auch auf der Suche nach einem eigenen Profil ist. „Es ist wohl einfacher, die für die Umgestaltung notwendigen 150 Millionen US-Dollar nach Weltwirtschaftskrise und Madoff-Skandal zu sammeln“, meint Armoni, „als ein jüdisches Museum inhaltlich zu gestalten.“

Eine Dauerausstellung, die einen Eindruck von der Vielfalt jüdischen Lebens und jüdischer Kultur weltweit vermittelt, und 150 wechselnde Ausstellungen führen durch das religiöse und kulturelle Leben des jüdischen Volkes. 20 Synagogen aus aller Welt sind im Modell dargestellt und vermitteln einen Eindruck von der unterschiedlichen Bauweise. „In Polen wurden auch Synagogen aus Holz gebaut“, erklärt Armoni an einem Beispiel, „weil das Holz dort so billig war…“ – „…und weil es so leicht brennt“, wirft eine israelische Journalistin ein.

Der Lebenslauf eines jüdischen Menschen, von der Beschneidung bis ins Alter, der Jahresablauf in der jüdischen Gemeinde lokal und weltweit werden gezeichnet. Bislang hatte das Diasporamuseum zu Spitzenzeiten etwa 110.000 Besucher pro Jahr. Wenn es erst „die größte interaktive Ausstellung dieser Art weltweit“ sein wird, hofft Armoni auf mehr als 200.000 Interessierte. Dafür soll allein die Ausstellungsfläche von bislang 3.100 Quadratmetern auf mehr als 4.200 Quadratmeter ausgebaut werden.

Museum bleibt geöffnet

Auch während der Umbauarbeiten wird das Diasporamuseum weiter geöffnet sein. Momentan gibt es etwa eine zeitlich begrenzte Ausstellung über die Geschichte der Juden in Finnland. Dabei wird der Gewissenskonflikt finnischer Juden nicht ausgeklammert, die im Zweiten Weltkrieg in der finnischen Armee an der Seite deutscher Soldaten gegen Russland kämpften – und dafür von der Wehrmacht mit höchsten Auszeichnungen bedacht wurden. Interessant ist auch, dass sich die Juden in Finnland zwar sehr mit ihrem „Gastland“ identifizierten, aber nie – wie etwa die deutschen Juden – eine Trennung von Religion und Nationalität zu definieren suchten. So sprach man in Finnland nie von „finnischen Staatsbürgern jüdischen Glaubens“.

Eine digitale Datenbank verwaltet Informationen über Musik, Gemeinden, Familiennamen und Genealogien des jüdischen Volkes. In Vorträgen, Seminaren und Konferenzen für Lehrer, für Angehörige der israelischen Armee, Neueinwanderer und jüdische Gruppen aus dem Ausland will das „Beit HaTefutsoth“ die Identität des jüdischen Volkes weltweit stärken. Dabei soll nicht der jüdische Staat Israel im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, sondern eine weltweite Perspektive den Ausschlag geben.

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