Um herauszufinden, wie es um die Erkrankung von Darm-Parasiten zur Zeit des biblischen Jerusalems gestellt war, haben Forscher Ablagerungen aus zwei Latrinen aus dem 7. Jahrhundert vor Christus in Israel untersucht. Studienleiter Piers D. Mitchell und Tianyi Wang von der Universität Cambridge sowie zwei Forscher der Universität Tel Aviv und ein Wissenschaftler des Muskegon Community College in Michigan, USA, veröffentlichten ihre Ergebnisse kürzlich in einem Fachartikel.
Schon zuvor war bei anderen Untersuchungen deutlich geworden, dass die Bewohner Judäas in jener Zeit offenbar mit dem Peitschenwurm (Trichuris trichiura), dem Spulwurm (Ascaris lumbricoides) und dem Madenwurm (Enterobius vermicularis) infiziert waren. Nun gelang den Forschern auch der Nachweis des einzelligen Parasiten „Giardia duodenalis“ in der Eisenzeit (7. bis 6. Jahrhundert vor Christus) und der damit einher gehenden Durchfallerkrankung Dysenterie, gemeinhin bekannt als „Ruhr“.
Die Spuren dieser Protozoen lassen sich mit Mikroskopen nur noch schwer nach so langer Zeit nachweisen, daher nutzen die Forscher Enzyme für den Nachweis der Parasiten-Gene. „Es ist der erste mikrobiologische Nachweis für infektiöse Durchfallkrankheiten im antiken Nahen Osten, welche die Bevölkerung maßgeblich beeinflusst haben“, schreiben die Forscher. Medizinische Beschreibungen aus Mesopotamien aus jener Zeit wiesen ebenfalls auf eine weite Verbreitung von Erkrankungen dieser Art hin.
Altertümlicher „Toiletten-Thron“ aus Stein gefunden
Infektiöse Durchfallkrankheiten können durch Viren, Bakterien und einzelligen Parasiten hervorgerufen werden. Meistens sind Verunreinigungen im Trinkwasser oder im Essen mit menschlichen Fäkalien die Ursache. Während der Eisenzeit bis 630 vor Christus war Jerusalem die Hauptstadt des Königreiches Judäa, damals ein Vasallenstaat des Assyrischen Reiches. Im 9. Jahrhundert vor Christus war Judäa dem Reich der Aramäer und der neo-assyrischen Nachbarn untergeordnet, im 8. und 7. Jahrhundert lag Jerusalem inmitten einer religiösen und politisch wichtigen Region. Im 7. vorchristlichen Jahrhundert hatte Jerusalem schätzungsweise zwischen 8.000 und 25.000 Einwohner.
Zwischen 2019 und 2020 fanden Forscher der israelischen Altertumsbehörde bei Armon HaNetziv im Südosten Jerusalems Reste von Häusern aus Kalkstein, offenbar aus dem 7. Jahrhundert. Zu jener Zeit herrschte König Manasse über Judäa, der über 50 Jahre König war (2. Könige 21). Man fand dort auch ein quaderförmiges Steingebilde mit einer ausgehöhlten Stelle zum Sitzen, in der Mitte befand sich ein Loch. Die Forscher identifizierten das Gebilde als antike Toilette, die je ein Loch für Kot und eines für Urin hatte. Und tatsächlich fanden die Forscher Hinweise auf parasitäre Würmer, die in menschlichen Fäkalien vorkommen.
Auch im „Haus des Ahiel“ in der Davidsstadt im biblischen Jerusalem, das sieben Räume umfasste, fanden Archäologen einen derartigen steinernen Toilettensitz. In beiden Latrinen konnte der einzellige Parasit Giardia duodenalis nachgewiesen werden. Es handele sich damit um den ältesten Nachweis dieses Parasiten überhaupt, schreiben die Forscher. Da der Parasit bereits für die spätere Periode der römischen Besatzung sowie in der Türkei zur Zeit des Osmanisches Reiches nachgewiesen werden konnte, schließen sie daraus, dass er über einen langen Zeitraum offenbar eine Plage für die Menschen des Nahen Ostens darstellte.
Eine Infektion mit dem Parasiten zeigt sich in Durchfall, Unterleibskrämpfen und Gewichtsverlust. Doch nicht immer müssen diese Symptome nach einer Infektion auftreten. Viele Menschen erholen sich danach, doch rund ein Drittel leidet anschließend an chronischen Erkrankungen wie Reizdarm, Augenerkrankungen, Arthritis, Allergien oder Muskelkomplikationen. Die meisten Todesopfer der Erkrankung sind Kinder.
Infektionen schnell durch Reisende verbreitet
„Da es in der Region zu jener Zeit viele Militäroperationen gab und hier viel Handel getrieben wurde, gehen wir davon aus, dass die Infektionen sehr schnell durch Reisende verbreitet wurden“, schreiben die Wissenschaftler. Auch wenn es bereits Toiletten gegeben habe, so seien diese nur den Eliten zugänglich gewesen. Auch habe es noch kein Abwassersystem gegeben. „Der eingeschränkte Zugang zu Toiletten, der Mangel an frischem Wasser während der längsten Zeit des Jahres, die hohe Bevölkerungsdichte sowie die weitverbreitete Stubenfliege trugen dazu bei, dass die Infektion sich schnell ausbreite.“
Die Erkenntnisse stimmten gut mit der Forschung an alten medizinischen Texten überein, die viele Durchfallerkrankungen beschreiben, schreiben die Forscher. Alles zusammengenommen erlaube einen „neuen faszinierenden Blick auf die Gesundheit und die Krankheiten jener frühen Periode des biblischen Jerusalems und des Nahen Ostens“.
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Interessanter Artikel.