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Darf man das?

Die Reaktionen auf den Film „Miss Holocaust Survivor“ sind groß. Und auch die Diskussion darüber, ob der Film oder der Schönheitswettbewerb selbst überhaupt anständig sind, wird geführt. Es gebe nur eine Instanz, die das wirklich entscheiden kann, sagt der Regisseur Radek Wegrzyn im Israelnetz-Interview.
Von Jörn Schumacher

Israelnetz: Herr Radek Wegrzyn, wie kamen Sie auf die Geschichte um den Schönheitswettbewerb für Holocaust-Überlebende?

Radek Wegrzyn: Eine Bekannte hatte mich auf einen Artikel im britischen „Guardian“ aufmerksam gemacht, in dem es um diesen Wettbewerb ging. Die erste Ausgabe fand ja bereits im Jahr 2012 statt. Mich hat es sofort interessiert, auch weil das Thema eine gewisse Kontroverse enthält. Die Frage wurde diskutiert: Darf man so etwas überhaupt? Ich machte mir ein eigenes Bild und bin nach Israel geflogen und habe die Damen in Haifa getroffen. Die haben mich und mein Anliegen sehr herzlich aufgenommen.

Kritische Stimmen haben Sie in Ihrem Film in Form von Audio-Einspielern eingebracht. Worum handelt es sich da?

Das sind neu eingesprochene Stimmen, die ich breit gesammelt habe, etwa aus Radio-Beiträgen, aus Print-Medien, Reddit-Diskussionen oder aus eigenen Unterhaltungen etwa mit den Enkeln von Holocaust-Überlebenden. Ich wollte auch die kritischen Stimmen abbilden und in den Film einbetten. Denn natürlich gab und gibt es diese Kontroverse zu dem Wettbewerb – bei den ersten Ausgaben wahrscheinlich noch etwas stärker.

Hatten Sie vor dem Film bereits irgendeine Beziehung zu Israel oder zum Thema Judentum?

Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert und für das Thema Holocaust. In Israel hatte ich vorher bereits für den Film „Violinissimo“ gedreht. Da habe ich drei hochbegabte Geiger bei ihren Wettbewerben begleitet.

Stimmt es, dass es diesen Wettbewerb „Miss Holocaust Survivor“ inzwischen nicht mehr gibt?

Uns muss klar sein, dass diese letzte Generation der Holocaust-Überlebenden immer älter wird, und dass es immer schwieriger wird, Teilnehmerinnen zu finden. Corona hat einen großen Einschnitt gebracht. Es war nicht mehr möglich, sich in Räumen zu treffen, erst recht nicht für die älteren Menschen. Nichtsdestotrotz ist Schimon, der Initiator, dafür bekannt, auch sehr kurzfristig noch einen Wettbewerb für ein Jahr anzumelden. Mir ist aber im Moment nicht bekannt, dass noch eine neue Ausgabe stattfinden soll.

Sie hatten offenbar derzeit viele Interview-Termine. Wie groß ist das Interesse an Ihrem Film?

Das Interesse ist sehr groß. Ich habe schon viele Interviews gegeben, Der Film wurde bereits mehrfach aufgeführt, etwa beim Filmfestival in Ravensburg gezeigt, wo er als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, in Biberach oder in Chengdu in China, wo er sehr erfolgreich war. Auch in mehreren Israelitischen Gemeinden in Deutschland wurde er aufgeführt sowie bei den Jüdischen Filmtagen. Die Friedrich-Naumann-Stiftung wird ihn am kommenden Sonntag in Berlin zeigen.

Gab es viele kritische Stimmen?

Ja, natürlich. Es gab Stimmen, die kritisierten, wie mit den Frauen auf der Bühne umgegangen wird, wie sie von der Organisatorin angeherrscht werden. Viele wissen aber vielleicht nicht so richtig, dass man sich in einem mediterranen Land wie Israel manchmal etwas lauter unterhält als bei uns. Kritiker legen da vielleicht Maßstäbe aus Deutschland an und beachten nicht die kulturellen Unterschiede.

Ich fühlte mich erinnert an die Diskussion im Jahr 2010, als ein Musik-Video die Runde machte, in dem ein 89-jähriger Holocaust-Überlebender vor dem Tor des KZ Auschwitz zum Lied „I Will Survive“ tanzt ….

Am Ende des Tages gibt es nur eine Instanz, die sagen kann, ob so etwas gemacht werden darf oder nicht, und das das sind die Überlebenden selbst.

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Eine Antwort

  1. Ich finde diesen „Wettbewerb“ wunderbar, v.a. wenn die Teilnehmerinnen das in dem Kontext ihrer Leidensgeschichte umwandeln können in etwas Frohes, Positives… (wir Deutschen finden leider immer ingend etwas das nicht passt, Schade) Shalom, und Gottes Segen diesen mutigen Frauen!

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