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Buchbesprechung: Party, Zwist und Klagemauer

Wochenlang hatte ich mich um das Interview bemüht, bis ich endlich im Mai 2008 auf dem israelischen Luftwaffenstützpunkt Palmachim den Kampfhubschrauber-Piloten Assaf treffen durfte. Ständig bewacht von zwei hübschen Soldatinnen von der Zensur durfte ich mit dem Mann reden, der Raketen auf palästinensische Freiheitskämpfer in Gaza schoss. Seine Identität ist streng geheim - betonten die Zensur-Mädchen -, war aber deutlich auf dem Namensschild lesbar.

Einige Wochen zuvor war ich mit Raketenschützen der Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden im Gazastreifen unterwegs gewesen und wollte jetzt "die andere Seite" kennenlernen – auch ganz privat. Deshalb war ich an einem Abend kurz nach der Begegnung in Palmachim bei Assaf und seiner Familie zuhause eingeladen. Die jemenitische Mutter des Hauses hatte sich große Mühe gegeben. Der Tisch bog sich unter den orientalischen Köstlichkeiten. Das Ganze versprach eine großartige Reportage zu werden – bis mir Assaf stolz einen Artikel präsentierte, der kurz zuvor in deutschen Zeitungen erschienen war. Der Kollege Gil Yaron war schneller gewesen. Betreten musste der junge Militärsprecher, der im "Privatbereich" von Assaf die omnipräsente Zensur vertreten hatte, zugeben, dass er es mit der Exklusivität nicht so genau genommen hatte.

Wer die Geschichte von Assaf, dem Kampfpiloten, dennoch gerne lesen möchte, hat dazu jetzt Gelegenheit in Gil Yarons Buch "Lesereise Israel. Party, Zwist und Klagemauer". Er beschreibt das "Alter Ego" des Kampfpiloten ebenso spannend, wie die Begegnung der israelischen Gesellschaft mit dem Holocaust – am persönlichen Beispiel des Eichmann-Anklägers Gabriel Bach. Yaron nimmt seinen Leser an der Hand, um ihm Tel Aviv, die "Vergnügungsmetropole und kulturelle Spielwiese Israels", zu zeigen, aber auch das fromme Jerusalem. Dort dringt er ein in die tiefsten Geheimnisse der Hut-Mode des ultraorthodoxen Viertels Mea Schearim.

Besonders lesenswert ist dieses kleine Büchlein allerdings, weil sich Gil Yaron nicht im Strom der Klischees, der das Heilige Land ständig umspült, mitreißen lässt. Er wagt es, linke Israelis auf ihre Demonstrationen gegen die israelische Besatzung zu begleiten und einen jungen Araber zu Wort kommen zu lassen, der in der "jüdischen" Siedlerstadt Ariel in der Westbank wohnt – also ein "israelischer Siedler" ist. Ein besonderer Höhepunkt ist in diesem Zusammenhang die Geschichte von Ibrahim Abu Schindi, dem Araber, der die Sicherheitskontrollen am Ben-Gurion-Flughafen revolutionierte. Yaron, der selbst als Israeli in Deutschland aufgewachsen ist, weiß seine Heimat so kontrastreich und farbig zu beschreiben, wie sie tatsächlich ist.

Gil Yaron, Lesereise Israel. Party, Zwist und Klagemauer, Picus, 132 S., 14,90 EUR, ISBN-13: 9783854529897

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