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Bis an die Hundezähne bewaffnet – Hunde und Schweine auf Patrouille

An den Grenzübergängen im Westjordanland haben die israelischen Soldaten alle Hände voll zu tun, um Palästinenser auf illegale Waffen oder Sprengstoff zu untersuchen. Doch immer noch gelingt es einzelnen Terroristen, mit einem Sprengstoffgürtel unbemerkt auf israelisches Territorium zu gelangen, um sich inmitten von jüdischen Mitbürgern in die Luft zu sprengen. Auch die jüdischen Siedlungen schützen sich, da palästinensische Terroristen auch in ihren Dörfern Massaker angerichtet haben. Sie stellen Wachen an den Eingangstoren auf und kontrollieren jeden, der sich nähert. Die „Gdud Ha´Ivri“ („Hebräische Brigade“) in der Siedlung Kfar Tapuah hat sich auf Terroristen-Abwehr geradezu spezialisiert. Sie ziehen um ihre Siedlungen, etwa 20 Kilometer nördlich von Ramalla, immer größere Kreise und treffen dabei nicht selten auf die Stützpunkte der Armee. Mit ihren bestens ausgebildeten Spürhunden stellen sich die privaten Sheriffs immer öfter an Straßenkreuzungen auf und untersuchen die vorbeifahrenden Autos, als seien sie Teil der Armee. Davon sind einige Offiziere nicht sehr begeistert, denn eine private, bewaffnete Miliz, die mit ihren Schäferhunden auf Terroristenjagd geht, untersteht keinem Kommando.

Die Anhänger der „Gdud Ha´Ivri“ sehen sich selbst als Beschützer, die „Juden in Israel gegen Terror-Attacken verteidigen“. Sie verfügen über 30 trainierte Hunde, die sofort melden, wenn sie Sprengstoff riechen. Einer der besten Hundetrainer der Welt arbeitet für sie. Gegründet wurde die Brigade von ehemaligen Anhängern der „Kach“-Partei, die 1988 vom Obersten Gerichtshof als rassistisch eingestuft und von den Knesset-Wahlen ausgeschlossen wurde. Der heutige Leiter der Siedler-Gruppe ist Jekutiel Ben-Jaakov, der ehemals gemeinsam mit Benjamin Kahane die „Kahane Chai-Bewegung“ führte. Die israelische Regierung setzte diese Gruppe 1994 auf die Liste der Terror-Organisationen. Jekutiel Ben-Jaakov, der früher Mike Rosowski hieß, setzt sich für eine selbständige Verteidigung der jüdischen Siedler ein und hat für die Regierung in Jerusalem nicht viel übrig. Als selbsternannter „Offizier“ hilft er mit seiner „Brigade“ nun, das Westjordanland vor Terroristen zu beschützen.

Meistens agiere seine Gruppe nahe der Grenzen von Tapuah, sagt er, aber manchmal verlangten die Umstände auch Operationen außerhalb der Siedlung. „Gott sei Dank haben wir eine exzellente Armee, die großartige Arbeit leistet. Dennoch gibt es Situationen, die zusätzliche Hilfe erforderlich machen. Wenn wir der Armee helfen können, ein Auto zu stoppen, das voll mit Sprengstoff und auf dem Weg nach Tel Aviv ist, warum sollten wir dann nicht helfen?“

Seine Hunde unterstützen die israelische Armee („Zahal“). Ein Hundetrainer der Gruppe informiert: „Angst und Hass lassen den Menschen einen unverwechselbaren Geruch ausströmen, den die Hunde wahrnehmen“. Schon im Talmud werden Hunde als „Beschützer der Israeliten“ erwähnt, sagt Ben-Jaakov. „Die Legende besagt, die Hunde sind gesegnet, weil sie bei ihrer Flucht der Israeliten aus Ägypten nicht bellten und die Ägypter alarmierten. Sie kümmerten sich damals um die Juden, heute kümmern sie sich um uns“.

Dabei ist das Verhältnis der Israelis zu Hunden nicht ganz unkompliziert. „Die Verwendung von Hunden ruft bei uns sofort Erinnerungen an den Holocaust wach, denn die Nazis verwendeten Hunde in den Konzentrationslagern“, sagt Hundetrainer Nir Harman. Tatsächlich ist Israel eher das Land der Katzen. Doch die „Hebräischen Brigaden“ gingen sogar noch weiter. Hatten sie bisher Schäferhunde, die je zwischen 3.000 und 10.000 Dollar kosten, zur Sprengstoffsuche ausgebildet, kam der Profi Harman eines Tages auf die Idee, es mit einem Tier zu versuchen, das im jüdischen Israel noch weniger beliebt ist als der Hund: das Schwein.

Ende 2003 machte die Siedler-Gruppe Schlagzeilen in den Feuilletons der ganzen Welt, als sie ihre ersten Such-Schweine vorstellte. Sie stellten beim Rabbinerrat von Jescha (Judäa, Samaria, Gazastreifen) den Antrag, Schweine bei der Suche nach Sprengstoff einzusetzen. Obwohl Schweine im Judentum als unrein gelten, gaben die Rabbiner ihr Einverständnis. Denn schließlich greift hier das Prinzip des „Pikuach Nefesch“: die Errettung aus Lebensgefahr. Nach diesem Prinzip dürfen Juden beispielsweise auch am Schabbat einen Patienten mit einer Ambulanz ins Krankenhaus bringen, obwohl Autofahren normalerweise verboten wäre.

Seitdem sichern Schweine neben Hunden jüdische Ortschaften in Judäa und Samaria. „Die Schweine haben einen Geruchssinn, der bedeutend besser entwickelt ist als der von Hunden“, erklärt Ben-Jaakov. Die Schweine patrouillieren um die Siedlungen und spüren versteckte Terroristen auf. „Kein Zweifel, seht Euch diese Nasen an! Gott hat sie erschaffen, damit sie Minen auf den Feldern entdecken“, scherzt der ehemalige Hunde-Trainer Geva Sin. Ganz nebenbei gelten Schweine im Islam als gefährlich, fügt Ben-Jaakov hinzu. „Nach dem islamischen Glauben ist ein Terrorist, der ein Schwein berührt, der 70 Jungfrauen im Garten Eden nicht mehr würdig.“

Die Armee freut sich dennoch nicht über die Brigade aus Freiwilligen, weil sie sich nicht immer an deren Befehle halten. Vergangene Woche berichteten Soldaten, die „Gdud Ha´Ivri“ habe eigene Straßensperren aufgestellt, um wahllos Palästinenser zu stoppen. Die Mitglieder der Gruppe hätten mehrere Male Befehle der Soldaten an der Kreuzung von Tapuah im Westjordanland missachtet.

Alles halb so schlimm, behaupten die Siedler, ihre Aktionen seien stets mit der Armee abgesprochen. Dies wiederum sieht die Armee anders: vergangene Woche kündigte der Sprecher Polizei, Schlomi Sagi, an, man werde die Aktivitäten der selbsternannten Brigade untersuchen. Die Gruppe agiere nicht mehr im Sinne der Selbstverteidigung, hieß es. Alles, was die Siedler mit ihren Waffen und Hunden außerhalb ihrer Siedlungen anstellten, sei ein Verstoß gegen das Gesetz. Zudem ignorierten sie die Anweisungen des Militärs und seien unkontrollierbar.

„Offizier“ Ben-Jaakov versteht die angedrohte Untersuchung nicht. Gegenüber der „Jerusalem Post“ beteuerte er jüngst, die „Gdud Ha´Ivri“ habe niemals gegen israelisches Recht verstoßen. Er habe Briefe voller Dankbarkeit von Soldaten erhalten, so Ben-Jaakov vergangene Woche in einem Radio-Interview. Darin habe ein Soldat geschrieben: „Einer Eurer Hunde ist viel mehr wert als 20 von uns“.

Es sei so einfach für Terroristen, die jüdischen Siedlungen zu betreten und ein Blutbad anzurichten, argumentiert Jaakov. Die Armee allein könne einen ausreichenden Schutz gar nicht leisten, daher brauche sie die Hilfe der Freiwilligen. Selbstverständlich gebe die Armee diese Tatsache nicht gern zu. „Wir wollen nicht den Terroristen hinterher putzen und Leichenteile aufsammeln. Wir wollen Massaker verhindern“, so Ben-Jaakov.

Die militante Gruppe entwaffnen, und zwar möglichst sofort, will seit längerem Ran Cohen, der für das linksgerichtete Jachad-Bündnis in der Knesset sitzt. Vor zwei Monaten rief er den damaligen Minister für Innere Sicherheit, Zachi Hanegbi, dazu auf, gegen die „Gdud“ vorzugehen. Cohen hatte die Aktivitäten der Gruppe untersucht und war zu dem Schluss gekommen: „Das ist eine bewaffnete Miliz, die in einem demokratischen Staat inakzeptabel ist“. „Diese Fanatiker würden ihre Hunde und Waffen ohne zu zögern auch gegen israelische Soldaten einsetzen, wenn sie sich dazu entschlössen“, warnte er. „Und das werden sie ohne Zweifel auch tun, wenn die Armee die illegalen Siedlungen räumen wird“.

Vor einigen Tagen wandte sich Cohen an den Oberstaatsanwalt Menachem Masus: Die Miliz wird in seinen Augen aus dem Ausland finanziert. „Diese Leute haben keinen Gott und keine Demokratie. Sie sind antisemitisch, anti-menschlich, und sie erkennen nicht die rechtliche Autorität des Staates Israel an.“

Bis zu einem Verbot werden die „Hebräischen Brigaden“ wohl weiterhin mit Hunden und Schweinen nach Terroristen suchen. „Denn“, so ihr Anführer, Ben-Jaakov, „die Armee ist allein unfähig, Israelische Bürger vor Eindringlingen und Massakern zu schützen. Nur leider gestehen sie es nicht ein.“

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